Der heilige Alexander folgte dem heiligen Achillas auf dem bischöflichen Stuhl von Alexandrien im Jahr 313 nach. Er war ein Mann von untadeligem Ruf, erfüllt mit wahrhaft apostolischer Lehrweisheit, voll des Eifers, der Leutseligkeit und tätigen Liebe gegenüber den Armen. Er weihte dem Herrn nur heilige Diener und nahm sie gewöhnlich aus den frommen Genossenschaften, die sich den Übungen des Einsiedlerlebens in stiller Zurückgezogenheit gewidmet hatten. In der Wahl der Bischöfe, die er mehreren Städten Ägyptens vorsetzte, war er sehr glücklich. Als der Geist der Finsternis aber sehen musste, dass sein Reich durch das fromme Beispiel des heiligen Alexander und besonders durch die allgemeine Verachtung, in die der Götzendienst fiel, mit jedem Tag mehr geschwächt wurde, geriet er in Wut, und suchte seinen Verlust dadurch zu ersetzen, dass er eine Ketzerei erweckte, die die unterste Grundfeste des Christentums erschüttern und zertrümmern sollte. Arius, ein Priester von Alexandrien, war das Werkzeug, dessen er sich zur Ausführung seiner Absichten bediente.
Dieser Irrlehrer war sehr bewandert in den weltlichen Kenntnissen und in den Spitzfindigkeiten der Philosophie. Seine Lebensweise trug das Gepräge eines frommen Wandels, seine Gestalt war einnehmend, seine Sitten streng. Im Grunde aber war er ein Heuchler, der durch Stolz, eitle Ruhmsucht und verderblichen Neid beherrscht wurde; der, gewandt in der gefährlichen Kunst, zu scheinen, was er nicht war, unter dem Anstrich von Bescheidenheit ein boshaftes und aller Laster fähiges Herz verbarg. Kurz, er vereinigte in seiner Person alle Eigenschaften, die die Ausführung schändlicher Absichten auf alle Weise erleichtern konnten. Im Jahr 300 nach Christi Geburt hatte er sich mit der Partei des Schismatikers Meletius, des Bischofs von Lykopolis, gegen den heiligen Petrus, den Patriarchen von Alexandrien, vereinigt. In der Folge entsagte er der Spaltung wieder und schien so aufrichtige Merkmale der Reue zu geben, dass der heilige Petrus selbst ihn zum Diakon weihte. Aber nicht lange, so wagte er es, sich zum Ankläger seines eigenen Bischofs aufzuwerfen; und die Verwirrungen, die er bei Gelegenheit der Meletianischen Irrungen erregte, waren so groß, dass er für immer aus der Kirche ausgestoßen wurde. Er schien jedoch wieder in sich zu gehen, unter dem heiligen Achillas, der durch den eitlen Schein geheuchelter Besserung betrogen, ihn wieder in die Gemeinschaft aufnahm, zum Priester weihte, und ihn über einen Teil Alexandriens, Baukalus genannt, als Seelsorger aufstellte. Nach dem Tod des heiligen Achillas strebte er nach der bischöflichen Würde, und da er sehen musste, dass man ihm Alexander vorgezogen hatte, wurde er von diesem Augenblick an auch dessen Todfeind. Da er in den Sitten des neuen Bischofs keinen Stoff zum Tadel finden konnte, suchte er seine Lehre zu verdächtigen, und eine ganz entgegengesetzte vorzutragen, eine Lehre, die die Gottheit Jesu zernichtete. Anfangs verbreitete er seine Ketzerei nur durch besondere Unterredungen; da er sich aber endlich von einer großen Anzahl schwärmerischer Anhänger unterstützt sah, predigte er im Jahr 319 seinen Irrtum öffentlich.
Er sagte mit Ebion, Artemas und Theodot, Jesus Christus sei nicht wahrhaft Gott. Mit dieser Lästerung verband er noch andere Sätze seiner eigenen Erfindung, z.B. der Sohn Gottes sei ein aus dem Nichts hervorgezogenes Geschöpf; es sei eine Zeit gewesen, wo er nicht war; er sei der Sünde fähig. Er nahm ferner noch alle anderen gottlose Lehren an, die notwendiger Weise aus diesen verabscheuungswürdigen Grundsätzen fließen. Der heilige Athanasius klagt ihn an, er habe auch gelehrt, Jesus Christus habe keine andere Seele, als jene erschaffene Göttlichkeit oder geistige Substanz, die vor der Welt erschaffen worden: - woraus er folgert, das Wort habe am Kreuz gelitten, sei in die Hölle hinabgestiegen und wieder von den Toten auferweckt worden. Arius verwickelte noch zwei andere Seelsorger von Alexandrien, eine große Anzahl Jungfrauen, zwölf Diakonen, sieben Priester und zwei Bischöfe, in seine Irrtümer.
Kolluthus, ein Pfarrer in Alexandrien, predigte mit mehreren seiner Mitbrüder gegen die neue Irrlehre. Das Volk teilte sich. Die Anhänger des Arius wurden Arianer genannt. Diese gaben dagegen den Katholiken den Namen Kolluthianer. Der heilige Alexander, dem die Fortschritte einer so schrecklichen Ketzerei tief zu Herzen gingen, setzte ihr anfangs nur eine ihm so ganz eigene Milde entgegen. Er glaubte, dass seine Worte, mit liebevoller Schonung gesprochen, den Irrenden wieder zurückführen würden. Mehrere Katholiken aber missbilligten ein solches Benehmen, weil sie dessen Beweggründe nicht einsahen. Kolluthus selbst nahm daher aus übel verstandenem Eifer Anlass, sich von seinem Bischof zu trennen, und besondere Versammlungen zu halten. Glücklicher Weise dauerte diese Spaltung nicht lange, und ihr Urheber kehrte wieder zur Einheit zurück. Unterdessen wuchs des Arius Anhang mit jedem Tag. Da der Patriarch schließlich sah, dass die bisher angewandten Mittel nichts fruchteten, rief er ihn vor die versammelte Geistlichkeit Alexandriens: er erschien auch. Weil er sich aber weigerte, seiner gottlosen Lehre zu entsagen, wurde er mit seinen Anhängern aus der Kirchengemeinschaft gestoßen. Der Ausspruch des heiligen Bischofs wurde bestätigt durch ein im Jahr 320 zu Alexandrien gehaltenes Konzil, das aus hundert und einem Bischof bestand. Die versammelten Väter erschauderten ob der Gotteslästerungen, die Arius in ihrer Gegenwart wiederholte, und mit noch schrecklicheren vermehrte, und sprachen über ihn und seinen ganzen Anhang den Bannfluch aus.
Arius hielt sich einige Zeit zu Alexandrien verborgen. Als er aber schließlich entdeckt wurde, ergriff er die Flucht und zog sich nach Palästina zurück, wo er den Eusebius von Cäsarea, den Theognis von Nicäa, und den Eusebius von Nikomedien für seine Partei gewann. Der Letztere leistete ihm große Dienste durch den Einfluss, den er auf Constantin, oder vielmehr auf Constantia, des Kaisers Schwester, hatte. (Constantin hatte oft seine Residenz zu Nikomedien. Dadurch hatte Eusebius leichter Gelegenheit, dem Arius Beistand zu leisten.) Constantin selbst nennt den Bischof von Nikomedien einen ränkevollen, stolzen, ehrgeizigen Mann, und ein solcher war ganz zum Ketzerhaupt gemacht. Und bei dem Ansehen, das er am Hof genoss, war es ihm nicht schwer, Anhänger sogar unter redlichen Menschen zu finden, die sich oft durch Schmeicheleien blenden lassen. Eusebius und Arius unterhielten einen Briefwechsel miteinander, und man kam beiderseits dahin überein, dass Arius sich nach Nikomedien zurückziehen solle. – Da schrieb er seine Thalia, ein Gedicht, das nichts anderes war, als ein Gewebe von Gottlosigkeiten und läppischen Lobeserhebungen, die er sich selbst erteilte.
Unterdessen schrieb Alexander an den heiligen Papst Sylvester, um ihn über die Lehre und die Verdammung des Arius zu benachrichtigen. Er ließ auch ein Kreisschreiben mit gleichem Inhalt an alle katholischen Bischöfe ergehen. Zu gleicher Zeit schrieben ihm Arius, Eusebius und mehrere andere Personen, und baten ihn das ausgesprochene Verdammungsurteil zurückzunehmen. Kaiser Constantin mischte sich auch in diese Streitsache. Er ermahnte unseren Heiligen auf das Nachdrücklichste, sich mit Arius auszusöhnen. Und da der große Hosius sein ganzes Vertrauen besaß, erteilte er ihm den Auftrag, nach Alexandrien zu gehen, um die Christen zu beruhigen, und den Spaltungen ein Ende zu machen. Das Ergebnis der von dem Bischof von Cordova angestellten Untersuchungen war, dass Arius hartnäckig die Gottheit Jesu leugnete, und das Alexander jenen Eifer und jene Klugheit bewiesen hatte, die man von einem würdigen Hirten erwarten muss.
Nachdem sich Hosius seines Auftrags entledigt hatte, reiste er von Alexandrien ab, um dem Kaiser Rechenschaft abzulegen. Er setzte ihn über den wahren Bestand der Dinge in Kenntnis, und riet ihm, ein allgemeines Konzil zu versammeln, das bei den großen Unheilen, die der Kirche drohten, allein den Frieden wieder herstellen könnte. Auch unser Heiliger hatte mehrere Briefe an den Kaiser über die Notwendigkeit eines Konzils geschrieben. (Rufin sagt in seinem ersten Buch seiner Geschichte, das Konzil sei auf Verlangen der Priester, ex sacerdotum sententia versammelt worden. Allein das Konzil von Konstantinopel schreibt dessen Einberufung dem heiligen Papst Sylvester und dem Kaiser Konstantin zu.)
Der Kaiser, überzeugt von der Wichtigkeit der Gründe, die Hosius und Alexander ihm vorgelegt hatten, wandte alles an, das begehrte Konzil zu versammeln. Zu Nicäa, in Bythinien, sollte es gehalten werden. An die Bischöfe sandte er ehrfurchtsvolle Einladungsbriefe, in denen er sie ersuchte, ohne Verzug dahin zu kommen. Auch verschaffte er ihnen Fuhrwerke und sorgte für alle ihre Reisebedürfnisse. Das Konzil wurde dann am 19. Juni 325 im kaiserlichen Palast eröffnet und 318 Bischöfe nahmen daran teil. Mehrere von ihnen hatten während der Verfolgung unerschrocken den Glauben bekannt. Die berühmtesten waren: der heilige Patriarch Alexander, der heilige Eustathius von Antiochien, der heilige Makarius von Jerusalem, Cäcilian, der Erzbischof von Karthago, der heilige Paphnutius, aus der oberen Thebais, der heilige Potamon von Heraklea am Nil, der heilige Paulus von Neocäsarea, der heilige Jakob von Nisibis u.a.m. Der heilige Papst Sylvester, der seines hohen Alters wegen nicht kommen konnte, sandte seine Legaten, die in seinem Namen im Konzil den Vorsitz hatten. (Dieses Konzil wird von den zu Konstantinopel 552 versammelten orientalischen Bischöfen anerkannt.) Der Kaiser begab sich ohne Wache in die Versammlung und setzte sich, nach der Erzählung des Eusebius, nicht eher nieder, als bis ihn die Bischöfe darum gebeten hatten. Theodoret setzt noch hinzu, dass er zuerst von den Bischöfen die Erlaubnis begehrt habe, ehe er in die Versammlung getreten sei.
Mehrere Tage brachte man mit der Untersuchung der Lehre des Arius und seinem Verhör zu. Marcellus von Ancyra und der heilige Athanasius deckten die ganze Gottlosigkeit seiner Sätze auf. Der heilige Athanasius schätzte den heiligen Alexander sehr hoch, und hatte ihn mit sich in die Kirchenversammlung gebracht, obgleich er erst Diakon war. Er war der furchtbarste Bekämpfer der Arianer und widerlegte sie vor der ganzen Versammlung mit einer solchen Kraft und Geistesüberlegenheit, dass sie mit Schmach bedeckt zum Schweigen gebracht wurden. Die Ketzer nahmen demnach, um sich dem öffentlichen Unwillen zu entziehen, ihre Zuflucht zur Verstellung, und bedienten sich scheinbar katholischer Ausdrücke, um ihre Irrtümer zu verhüllen. Die Väter der Versammlung aber durchschauten ihre List und erklärten, um der Ketzerei keine Ausflucht übrig zu lassen, dass der Sohn mit dem Vater consubstantiell, (gleichen Wesens) sei. Sie rückten dieses Wort in das Glaubensbekenntnis ein, das Hosius aufgesetzt hatte und das von allen Bischöfen unterschrieben worden ist, mit Ausnahme einiger Wenigen, die die Partei des Arius begünstigten. Dieses Glaubensbekenntnis nennt man das Nicänische. Anfangs weigerten sich 17 Bischöfe, ihre Unterschrift zu geben, in der Folge aber minderte sich die Zahl auf 5, nämlich Eusebius von Nikomedien, Theognis von Nicäa, Maris von Chalcedon, Theonas und Secundus, aus Lybien. Eusebius von Cäsarea, der das Wort: gleichen Wesens, verworfen hatte, billigte es einen Tag nach dem Konzil. Von den 5 Gegnern traten noch Eusebius, Maris und Theognis auf die Seite der Mehrzahl, weniger zwar aus Pflichtgefühl und um der Wahrheit willen, als aus Furcht vor Absetzung und Verbannung. Es blieben demnach nur noch zwei der Partei des Arius hartnäckig ergeben. Das Konzil nahm die Meletianer in die Kirchengemeinschaft auf, weil sie Reue zu haben schienen, allein sie trennten sich bald wieder von der Gemeinschaft und mehrere von ihnen reihten sich unter die Arianer. Man verfasste auch noch zwanzig Kanones die Kirchenzucht betreffend, dann ging das Konzil am 25. August auseinander. Vor der Abreise der Bischöfe gab ihnen Konstantin ein glänzendes Mahl und machte ihnen reiche Geschenke.
Der heilige Alexander trat nun wieder die Rückreise nach Alexandrien an, wo ihn die Katholiken mit der größten Freude empfingen. Allein er überlebte nicht lange den Sieg, den die Kirche über den Arianismus davongetragen hatte. Er starb am 26. Februar 326, nachdem er den heiligen Athanasius zu seinem Nachfolger gewählt hatte. Das römische Martyrologium erwähnt ihn an diesem Tag.
Die Demut und das Misstrauen auf eigene Kräfte und eigene Einsicht sind die sichersten Merkmale des wahren Schülers Jesu Christi. Dahin fühlte er sich schon so ganz natürlich zur Unterwerfung gegen jede von Gott aufgestellte Macht hingezogen, und dies begründet seinen Frieden, seine Sicherheit und seine Freude. In dieser heiligen Gemütsstimmung findet er ein Verwahrungsmittel gegen Vermessenheit und Stolz, die zu allen Zeiten die größten Irrtümer und Unheile verursacht haben. Man weiß, wessen der Stolz fähig ist. Er atmet nur Aufruhr und Unabhängigkeit. Ein Mensch, der unglücklich genug ist, sich von dieser Leidenschaft beherrschen zu lassen, betet seine eigenen Meinungen an und lässt durch nichts seine Hartnäckigkeit brechen. Vergeblich lässt das Licht seine Strahlen schimmern, er verschließt seine Augen, oder öffnet sie nicht genug, um zu sehen. Rechthaberischer Dünkel und der Geist des Widerspruchs unterhalten die Unordnung und machen sie unheilbar. Im Bild des Arius finden wir das Bild aller Ketzer. Lernen wir aber auch hieraus den Stolz und die Eifersucht verabscheuen, deren Folgen so verderblich sind. Ach! Sollten wir unseliger Weise diese Ungeheuer in unserer Brust nähren, so lasst uns unverzüglich Hand anlegen, ihre letzten Wurzeln auszurotten, und dafür die entgegengesetzten Tugenden in unsere Herzen pflanzen und fest begründen. Nur dann können wir wahrhaft Jünger Jesu werden, und der Vorteile genießen, die mit dieser hohen Würde verbunden sind.