Was man oft gewohnt ist, am Anfang der Heiligenleben zu finden, zeigt sich auch bei diesem Heiligen. Geboren wurde er 1101 in Bugey in Savoyen aus dem edlen Geschlecht von Sothnode. Der heilige Arthold (Artaldus, Arthaud) hatte eine sehr fromme Mutter, die frühzeitig in seine Seele den Samen aller Tugenden legte, die man an ihm später leuchten sah. Sie lehrte ihn besonders die Armen unterstützen, die in großer Zahl ins Schloss kamen, wo sie immer gut aufgenommen wurden. – Welch stete Mahnung für unsere oft so hartherzige Zeit, mit innigstem Flehen das schöne Ablassgebet oft zu verrichten: „Heiligstes Herz Jesu, beschütze unsere Familien“ und, soweit es jedem möglich ist, dementsprechend zu handeln!
Artholds Vater hoffte in ihm den Glanz seines Geschlechtes aufs Neue aufblühen zu sehen und ließ ihm deshalb eine sorgfältige Erziehung zuteilwerden. Diesen Absichten entsprach der strebsame Jüngling in bester Weise, da er das Studium und das Gebet sehr liebte. Im Alter von siebzehn Jahren kam er zur höfischen Ausbildung an den Hof Amadeus III. von Savoyen. Doch schon hatte er die Eitelkeit aller Erdendinge und das Glück, das Gott denen aufbewahrt hat, die sich ganz ihm ergeben, durchschaut. Darum fasste er den energischen Vorsatz, den Hof mit dem Kloster zu vertauschen. Nachdem er den Widerstand des Hofes wie seines Vaters überwunden hatte, trat er, neunzehn Jahre alt, bei den Kartäusern ein. Hier fand Arthold wahre Muster der Vollkommenheit, denen er nachzuahmen sich bemühte. Man bemerkte besonders an ihm Liebe zum Gebet, Demut und große Bußfertigkeit. Seine Obern fanden ihn oft in seiner Zelle unbeweglich und wie versenkt in Beschauung der Schönheiten und Erbarmungen des Herrn. Strahlen übernatürlichen Lichtes verklärten bisweilen sein Gesicht am Altar und bei sonstigen heiligen Handlungen. Ein Lebensbeschreiber von ihm sagt, dass seine Seele ein Heiligtum war, wo das Kreuz Jesu Christi auf den Ruinen all der Neigungen der Natur errichtet war.
Von seinen Obern wurde Arthold bestimmt, im Jahr 1132 eine neue Kartause zu bauen, nahe bei dem Gut seiner Eltern, wo er zehn Jahre lang ein dem Leib nach sehr hartes, aber in Gott reiches Leben mit seinen Brüdern führte. Als dieses Kloster abbrannte, wurde er auf Verlangen des Bischofs von Genf nun auf seinen Familiengrundstücken aufgebaut und bestand als Kartause von Arvières bis zur französischen Revolution. Sankt Arthaud zeigte sich da als Oberer, was er immer gewesen war, als ein genauer Beobachter der Regel und als ein sicherer Führer seiner Brüder auf den Wegen Gottes. Er verglich die Religiosen, die die Sammlung lieben, in ihrer Zelle der Zurückgezogenheit leben, mit Bäumen in eingezäuntem Grundstück, die all ihre Früchte dem Besitzer zu bringen, während die am Weg zerstreuten Bäume von den Vorübergehenden geschüttelt werden und für den unfruchtbar bleiben, dem sie allein hätten Früchte bringen sollen. Solche Religiosen werden mit leeren Händen einstens vor dem Richterstuhl Gottes erscheinen.
Die Sorgfalt des Heiligen erstreckte sich über die Mauern des Klosters hinaus. Er nahm sich der Armen an, so dass sie ihn in ihrer Dankbarkeit ihren Vater nannten. Doch mit der Sorge für das leibliche Wohl des Volkes verband er auch einen großen Eifer, zur katholischen Einheit zu ermahnen. In dem Kampf nämlich, den Friedrich Barbarossa gegen die Päpste, hauptsächlich gegen Papst Alexander III. (1159-1181) führte, ließ sich der Kaiser hinreißen, nacheinander drei Gegenpäpste aufzustellen. Da schrieb der heilige Prior in dieser Sache an den Papst, was Alexander III. in einem noch vorliegenden Schreiben huldvoll erwiderte.
Als der heilige Arthold trotz seines hohen Alters nach dem Tod des Bischofs Reynald 1188 zum Bischof von Belley gewählt wurde, verbarg er sich drei Tage lang in einer Höhle. Aber ein übernatürliches Licht verriet ihn und führte die Sucher zum Ort seiner Zurückgezogenheit. Diesem Zeichen des göttlichen Willens sich beugend, nahm Arthold Besitz von seiner Diözese, 87 Jahre alt. Jeden Tag versammelte er in seinem Haus zahlreiche Arme, denen er Nahrung und Kleidung austeilte. Er besuchte die Kranken und gab ihnen zur Heilung der Seele auch die Gesundheit des Leibes. Nach zwei Jahren aber verlangte er wegen seiner Kränklichkeit wieder als einfacher Kartäuser leben zu dürfen. Der neunzigjährige Greis und gewesene Bischof zeigte in der Kartause von Arvières den Eifer, die Einfalt und die Unterwürfigkeit eines Novizen noch durch fast sechzehn Jahre hindurch.
Als Arthold aus Schwäche nicht mehr Messe lesen konnte, kommunizierte er meistens jeden Tag. Hierbei wurde ihm einmal der Todestag geoffenbart. In seinen letzten Worten ermahnte er seine Mitbrüder, zum Heiligen Geist, als dem Licht in den Zweifeln und dem Tröster in allen Nöten, und zur Mutter Gottes, als der Beschützerin, ihre stete Zuflucht zu nehmen, sowie zum heiligen Bruno, als dem Modell. Hierauf überließ er sich ganz der Freude beim Gedanken, bald Gott zu sehen und sang das immerschöne Psalmwort: „Ich freue mich, da mir gesagt wurde: wir werden eingehen in das Haus des Herrn.“
Der hundertfünfjährige Bischof und Ordensmann empfing nun die letzten Sakramente mit dem Überschwang der rührendsten Dankbarkeit und antwortete auf alle Gebete. Nach der heiligen Kommunion fiel er in eine Art Ekstase. Wieder zu sich gekommen, ließ er sich auf Asche legen. Als man ihm das Kruzifix vorhielt, richtete er sich zitternd auf seine Knie und mit ausgespannten Armen hauchte er in diesem Aufschwung der Liebe seine Seele aus, nach einhundertfünf Jahren der Unschuld und sechsundachtzig Jahren Kartäuserlebens, im Jahr 1206.
Artholds Leib wurde in dem kleinen Klostergang beerdigt. Dort verblieb er bis zum Jahr 1640, wo seine Reliquien durch den Bischof von Belley in einen Reliquienschrein verbracht wurden. Als die Kartäuser in der französischen Revolution vertrieben wurden, brachten sie zuvor diesen ehrwürdigen Schatz am Sonntag, den 17. Juli 1791, in die Pfarrkirche von Lochieu, wo er sich noch befindet.
Zahlreiche und auffallende Wunder geschahen zu jeder Zeit am Grab des heiligen Arthold und die Volksstimme sprach ihn alsbald heilig. Indes dehnte erst Papst Gregor XVI. seine Verehrung auf die ganze Diözese aus und bestimmte als seinen Festtag den 7. Oktober, da am 6. Der heilige Ordensstifter selbst gefeiert wird. Heute wird sein Fest am 6. Oktober, an seinem Sterbetag gefeiert.
Bemerkenswert ist die auffallende Beziehung unseres Heiligen zum heiligen Bruno. Im selben Jahr, 1101, starb der heilige Bruno, in dem sein großer Schüler geboren wurde. Und am selben Tag, am 6. Oktober, starb auch sein heiliger Nachfolger in allen Tugenden, der gewissermaßen nur so alt wurde, um der Kartäuserfamilie ein wunderbarer Wiederschein ihres heiligen Ordensstifters zu sein.
Aus dem reichen Tugendleben unseres heiligen Bischofs sei nur noch auf eins aufmerksam gemacht. Wie der Kartäuserorden geradezu vom päpstlichen Hof aus seinen Ursprung nahm und unter den Augen des Papstes Urban II. heranwuchs, so bildete auch die Treue zu Papst und Kirche wie ein stetes Merkmal des Ordens so ein hervorragendes Ruhmeszeichen unseres Heiligen. Und durch diese Tugend verdiente er im höchsten Greisenalter von Gott selbst zur höchsten priesterlichen Würde, der bischöflichen, geführt zu werden, die ein reiches Maß vervollkommnender sakramentaler Gnaden mitteilt und zugleich aufs Neue verpflichtet in dem Sinnbild des Bischofsringes nur eine Leidenschaft zu haben, nur eine Liebe zu kennen: Treue und Liebe zum Papst, zur Einheit der Kirche. Welche Passende und dringendste Mahnung für unsere Zeit. Sentire cum Ecclesia (Fühlen mit der Kirche), unerschütterliche Treue zum Papst, als dem Einheitspunkt der Kirche!