Im Jahr 295 wurde Athanasius in der ägyptischen Millionenstadt Alexandrien geboren. Über seiner Wiege tobten noch die Stürme der letzten römischen Verfolgung, und unter den Zeitgenossen befanden sich manche Männer und Frauen, von deren christlichen Bekennermut vernarbte Wunden und verstümmelte Glieder ehrenvoll Kunde gaben. Die erste dreihundertjährige Heldenzeit der Kirche war vorüber. Das Heidentum im Römerreich war überwunden, aber gleich hernach brach die arianische Irrlehre wie ein Orkan über die Christenheit herein. Man kann sich heute kaum noch vorstellen, welche Verwirrung diese Irrlehre, dass nämlich Christus von Natur aus nicht Gott sei, unter den Gläubigen der damaligen Zeit anrichtete. Die ganze Christenheit war in zwei Teile zerrissen, in einen katholischen und in einen arianischen Teil. Der arianische Teil wurde, von den Kaisern kräftig unterstützt, von Tag zu Tag stärker, während der katholische Teil nach und nach zu einer unbedeutenden Minderheit zusammenschmolz.
Da war es der erst dreißigjährige Erzbischof Athanasius von Alexandrien, der den Stier frischweg bei den Hörnern packte und den Kampf mit den Arianern aufnahm. Als man ihm bedeutete, er habe den Irrlehrer Arius, der auf dem Konzil von Nicäa in den Bann gekommen und der trotzdem im Irrtum geblieben war, wieder in die Kirchengemeinschaft aufzunehmen, wies er pflichtgemäß das Ansinnen zurück und beharrte bei der Weigerung auch dann, als ihn der Kaiser von Ägypten nach Trier in die Verbannung schickte. Weit und beschwerlich war der Weg vom Nil zur Mosel, und bitter schmeckte das Brot der Fremde, aber Athanasius nahm die Unannehmlichkeiten gern in Kauf, um Christus die Treue zu halten.
Zwei Jahre weilte der Bekenner in Trier; dann starb der Irrlehrer Arius eines elenden Todes, und Athanasius konnte unter dem Jubel der Bevölkerung nach Alexandrien heimkehren. Sogleich nahm er auch den Kampf gegen die Arianer kraftvoll wieder auf, und da musste er zum zweiten Mal in die Verbannung ziehen. Diesmal führte ihn der Weg nach Rom.
Sechs Jahre später war der hochgemute Christusjünger wieder in Alexandrien, ungebeugt und ungebrochen. In herrlicher Treue stand er zu Christus und ließ es nicht zu, dass ihm frevelhafte Hände die Krone der Gottheit vom Haupt rissen. Es kam so weit, dass man mit fünftausend Soldaten gegen den einen Mann anrückte, um ihn zu verhaften. Zum Glück gelang es dem Verfolgten, auf dessen Kopf zudem ein hoher Verräterpreis ausgesetzt war, im Volksgedränge zu entweichen und in die ägyptische Wüste zu entfliehen, wo er bei Einsiedlern Unterschlupf fand, sechs Jahre lang. Das war die dritte Verbannung. All diese Aufregungen und Mühsale hätte sich Athanasius ersparen können, wenn er nachgegeben hätte, aber seine Treue zu Christus kannte kein Nachgeben.
Im Jahr 362 erlaubten es die Verhältnisse, dass sich der Bekenner erneut in seiner Bischofsstadt einfinden konnte, und vier Monate später musste er schon wieder flüchten. Auf einer elenden Barke segelte er verkleidet den Nil hinauf. Ein Polizeischiff jagte hinter ihm her, und schnell verringerte sich der Abstand zwischen dem Verfolgten und den Verfolgern. Höchste Gefahr drohte. Da fasste Athanasius einen gewagten Entschluss. Eben entzog ihn eine Krümmung des Stromes den Augen der Häscher, und diese Gelegenheit benutzte der tollkühne Mann, um das Boot zu wenden und mit vollen Segeln den Verfolgern entgegenzufahren. Die Polizisten, die den Verkleideten nicht erkannten, riefen ihm im Vorbeifahren zu, ob er den Athanasius nicht gesehen habe. „Doch“, entgegnete der Gefragte, „er ist gar nicht weit von euch.“ Um so schneller ruderten da die Häscher voran, Athanasius aber hatte sich durch eine List in Sicherheit gebracht.
Nach einer vierten Rückkehr musste Athanasius auch noch ein fünftes Mal fliehen. Vier Monate dauerte die fünfte und letzte Verbannung, die der Verfolgte im Grabgewölbe seines Vaters zubrachte. Dann endlich hatte er Ruhe und konnte noch sieben Jahre lang das Bischofsamt in Frieden verwalten. Im Ganzen weilte Athanasius siebzehn Jahre lang in der Verbannung.