Das Evangelium berichtet uns, wie einst ein Jüngling zum göttlichen Meister kam und nach dem Weg der Vollkommenheit fragte. Als aber der Heiland ihm sagte: „Gehe hin, verkaufe, was du hast, und komm und folge mir nach!“ da ließ der junge Mann den Kopf hängen und ging enttäuscht von dannen, denn er besaß viele Güter. Seitdem haben Unzählige den vom Heiland gezeigten Weg eingeschlagen, haben alles verlassen und sind dem Herrn nachgefolgt. So auch der selige Ayrald.
Von seiner Jugendzeit wissen wir nur eins: Seine Eltern waren mit Glücksgütern gesegnet und unserem Seligen lachte einmal ein reiches Erbe. Aber seine Eltern müssen ihn wohl schon frühzeitig mit einem noch besseren Erbe ausgestattet haben: mit Weisheit und Frömmigkeit. Denn er verließ die Welt, bevor er sie noch kennengelernt hatte, bevor sie ihm gefährlich werden konnte, und vertauschte – wie sein Lebensbeschreiber sagt – die seidenen Gewänder mit dem härenen Bußkleid der Kartäuser. Jedoch nicht lange sollte sich Ayrald der Einsamkeit erfreuen. Wenige Jahre, nachdem er seine Gelübde abgelegt hatte, wurde er zum Bischof von Maurienne ernannt. Wie sehr sein Herz aber an der Klosterzelle hing, zeigen am besten seine vielen Besuche im Kloster Portes. War er einmal da, dann konnte er sich kaum trennen von seiner lieben Zelle. Mehr als einmal bedurfte es einer liebevollen Mahnung von Seiten des Priors, der ihn an seine Herde erinnerte. Diese verehrte ihn wie einen vom Himmel gesandten Engel. Seine Reinheit, Güte und nicht zuletzt die zahlreichen Wunder, die Gott durch ihn wirkte, machten, dass alle mit Ehrfurcht zu ihm aufblickten.
Wie lange Ayrald den Hirtenstab geführt hat, ist mit Sicherheit nicht festgestellt. Er starb in den Armen seines ehemaligen Obern, des Priors von Portes, den er zu sich hatte rufen lassen, im Januar des Jahres 1146. Gott verherrlichte seinen Diener gleich nach seinem Tod durch zahlreiche Wunder, die an seinem Grab geschahen. Dies veranlasste seinen Nachfolger, die sterbliche Hülle zu erheben und ihr einen ehrenvolleren Platz anzuweisen. Ein kostbarer Marmorsarg sollte fortan die noch kostbareren Überbleibsel bergen. Von allen Seiten strömte das fromme Volk herbei, um den Seligen in seinen Nöten anzurufen. Gott belohnte das Vertrauen durch neue Wunder: Er ließ aus dem Sarg ein kostbar duftendes Öl ausschwitzen, durch dessen Salbung alle Arten von Krankheiten, besonders Fieberkranke, geheilt wurden.
Papst Pius IX. billigte die Verehrung des Seligen, die seit unvordenklichen Zeiten in Blüte stand, am 23. Dezember 1862. – Die Kartäuser feiern sein Fest am 2. Januar, in Grenoble am 11. März; sonst 21. Oktober.
Der Heiland hat für seine Apostel seinen himmlischen Vater gebeten: „Ich bitte nicht, dass du sie von der Welt wegnimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst. Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin (Johannes 17,15-16).“ Können wir auch nicht aus der Welt flüchten, so dürfen wir doch „nicht von der Welt“ sein. Nie darf der Weltgeist das Herz einnehmen. Weltgeist hindert den Fortschritt im geistlichen Leben. Der Weltgeist löscht den Geist Gottes aus.