Heiliger Apostel Bartholomäus, Märtyrer, + um 51 – Fest: 24. August

 

Nathanael, der spätere Apostel Bartholomäus, stammte aus Kana in Galiläa, wo Jesus später sein erstes Wunder wirkte. Er dürfte wohl der Sohn eines Bauern gewesen sein. Aus irgendeinem Grund litt es ihn nicht auf der heimatlichen Scholle, und deshalb wanderte er an den See Genesareth, baute sich am Strand ein Häuschen und betrieb das Fischerhandwerk. Von den einheimischen Fischern Petrus, Andreas, Jakobus und Johannes hielt er sich, wie es scheint, ein wenig fern, weil ihm die Leute vielleicht etwas zu unruhig waren, während er selbst wegen des schweren Bauernblutes, das in seinen Adern floss, mehr die Stille und die Einsamkeit liebte. Er war ein ruhiger, bedächtiger und überlegender Mann, der nichts überstürzte und der sich, bevor er ein Urteil fällte, die Sache gründlich von allen Seiten ansah, wie es Bauernart ist.

 

Nathanael hatte unter den Standesgenossen nur einen Freund, den Fischer Philippus aus Bethsaida. Es ist geradezu auffällig, dass die beiden Männer Freunde wurden, denn so versonnen und versponnen Nathanael war, so quecksilbrig und stürmisch war Philippus. Was Nathanael zu Philippus hinzog, war wohl nicht nur das offene und treue Wesen des Freundes, sondern auch die gleiche Sehnsucht nach dem verheißenen Erlöser, über den sie sich oft unterhielten. Bevor sie den Heiland überhaupt kannten, hatten sie in ihm Freundschaft geschlossen, und das ist die herrlichste Freundschaft zwischen zwei Menschen, jene Freundschaft, die um Christus und in Christus geschlossen wird.

 

Dann kam die große Stunde, in welcher der Heiland die beiden Freunde in seine nächste Gefolgschaft berief. Am Tag vorher hatte Johannes der Täufer seine Jünger Johannes, den späteren Evangelisten, und Andreas dem Heiland, der am Jordan vorüberging, nachgeschickt, und die beiden waren die ersten Jünger Jesu. Noch am gleichen Tag führte Andreas seinen Bruder Simon Petrus zum Herrn. Das war der dritte Jünger. Am folgenden Morgen stieß Jesus auf Philippus und sprach zu ihm: „Komm mit!“ Philippus sagte auf der Stelle zu und wurde so der vierte Jünger Jesu.

 

Philippus wäre aber nicht Philippus gewesen, wenn er nicht sofort in seiner raschen Art zu seinem Freund Nathanael gelaufen wäre, um auch ihn dem Meister zuzuführen. Nathanael saß gerade unter dem Feigenbaum bei seinem Haus und flickte die Netze, als Philippus wie der Wind daherbrauste und schon von weitem in heller Begeisterung rief: „Du, Nathanael, wir haben den gefunden, von dem Mose und die Propheten geschrieben haben. Es ist Jesus, der Sohn Josephs von Nazareth.“ So sprach Philippus, aber der bedächtige Nathanael schaute bei dieser Nachricht nicht einmal von der Arbeit auf, kräuselte nur die Lippen und sagte obenhin mit leichtem Spott: „Kann denn aus Nazareth etwas Gutes kommen?“ Dieses Gehaben des Freundes war dem Philippus, der seiner Sache sicher war, nun doch zu dumm, er packte Nathanael energisch am Ärmel und sagte: „Los, sofort gehst du mit, und dann wirst du ja selbst sehen, dass es wahr ist, was ich dir berichte.“

 

Was wollte Nathanael machen? Er musste einfach mitgehen, und als er zu Jesus kam, sagte dieser: „Seht da, ein echter Israelit, an dem nichts Falsches ist!“ Das war ein hohes Lob aus hohem Mund und Freundschaft auf den ersten Blick. Nathanael blieb sich jedoch in seiner bedächtigen Art getreu und forschte: „Woher kennst du mich denn?“ Da gab ihm der Heiland einen Beweis seiner göttlichen Allwissenheit, indem er sprach: „Noch ehe dich Philippus rief, habe ich dich unter dem Feigenbaum gesehen.“ Da war Nathanael, der Mann ohne Falsch, besiegt, und er legte das herrliche Bekenntnis ab: „Rabbi, du bist der Sohn Gottes, du bist der König Israels.“ So wurde Nathanael der fünfte Jünger Jesu, und dieser würdigte ihn seiner Freundschaft, der sich der aufrechte Mann dadurch auch wert erwies, dass er dem göttlichen Freund die Treue bis in den Martertod hielt.

 

Kann es Schöneres geben, als ein Freund des lieben Heilandes zu sein und seinem Herzen nahezustehen?