Selige Beatrix de Ornacieux, Nonne, Kartäuserin in Frankreich, + 25.11.1309 – Gedenktag: 25. November

 

Die Wiege der seligen Beatrix stand in Ornacieux in der Dauphiné, Südostfrankreich. Von dem ehemaligen Herrschaftssitz, den ihre Ahnen im 13. Jahrhundert daselbst besaßen, ist heute nichts mehr übriggeblieben als der Name und kaum weiß man noch, dass sie existiert haben. Der Ruhm der Seligen allein hat für ewige Zeiten ihr Geschlecht überlebt.

 

Aus der Zeit ihrer Kindheit sind uns keine Einzelheiten bekannt. In einem Alter, wo andere sich der Welt ergeben, entschloss sie sich derselben zu entsagen und alles für Kot zu erachten, um Christus zu gewinnen. Mit 13 Jahren trat sie bei den Kartäuserinnen in der Kartause zu Parmenie ein, um daselbst in strenger Abgeschiedenheit von der Welt unter beständiger Entsagung und Opfern und Ausübung aller Tugenden ein Leben in Gott, mit Gott und für Gott zu leben. Bekanntlich gilt der Orden der Kartäuser, von dessen Regel die Regel der Kartäuserinnen nur in wenigen unwesentlichen Punkten abweicht, als der strengste Orden der Kirche. Die Nonnen wie die Mönche erheben sich mitternächtlich und unterbrechen für mehrere Stunden ihren Schlaf, um Gott das Opfer des Lobes im Chorgebet darzubringen, für die Welt zu sühnen und zu beten. Von Kreuzerhöhung bis Ostern beobachten sie ein beständiges Fasten, enthalten sich für immer aller Fleischspeisen und während der Advent- und Fastenzeit und jeden Freitag des Jahres aller Eier- und Milchspeisen. Überdies halten sie, wenn es ihre Gesundheit gestattet, einmal wöchentlich Abstinenz bei Wasser und Brot. Und an Tagen, wo sie kein Fasten beobachten, halten sie doch immer nur zwei Mahlzeiten, so dass man sagen kann, ihr Leben ist ein immerwährendes Fasten. Im Gegensatz zu den Mönchen, welche, ausgenommen an Sonn- und Festtagen, immer allein in ihrer Zelle essen, speisen die Nonnen gemeinschaftlich im Refektorium, wie sie auch zweimal täglich gemeinschaftlich Erholung nehmen, wogegen die Mönche einmal in der Woche Spaziergang und nur an Sonn- und Festtagen gemeinschaftliche Erholung haben. Außer den genannten beiden gemeinschaftlichen Übungen ist auch das Leben der Nonnen ein strenges Einsiedlerleben. Jede Nonne hat ihre Zelle. Die Zeit ist geteilt zwischen Gebet und Handarbeit. Zur Zeit der seligen Beatrix beschäftigten sich die Nonnen viel mit Abschreiben von Büchern, da zu jener Zeit die Buchdruckerkunst noch nicht erfunden war, mit Spinnen und Anfertigen von Paramenten und Kleidern für Arme. Von der Außenwelt sind die Nonnen durch strenge Klausur geschieden und führen ein der Welt abgestorbenes, aber mit Gott geeintes Leben in stiller Einsamkeit.

 

Diese Regel hatte für die selige Beatrix nicht nur nichts Abschreckendes, im Gegenteil warf sie sich mit dem ganzen Eifer, dessen sie fähig war, darauf, sie in ihrer ganzen Strenge zu beobachten. Wie eine Olive war sie in dem Haus des Herrn, die bald ihre Zweige ausbreitete und reife Früchte zeitigte. Ihr Augenmerk wandte sie vor allem auf die Beherrschung und Abtötung der inneren und äußeren Sinne und gestattete denselben nie eine Befriedigung. Eingedenk der Worte, dass niemand an der Herrlichkeit Christi Anteil haben kann, der nicht auch an seinen Leiden teilgenommen hat und wen Gott auserwählt hat, den macht er auch dem Bild seines Sohnes gleichförmig, ging ihr ganzes Streben dahin, Christus dem Gekreuzigten durch Leiden ähnlich zu werden. Das Bild des Gekreuzigten war derart ihrem Geist eingeprägt, dass all ihr Denken und Sinnen darin sich konzentrierte. Von Mitleid und Liebe zu ihm hingerissen, unterwarf sie ihren Leib den größten Kasteiungen und Bußwerken. Sie kreuzigte ihn durch Tragen von Bußgürtel und beständige blutige Disziplinen, legte sich zahlreiche und große Fasten und Abstinenzen auf, so weit es ihr geschwächter Körper ertrug, ging mit nackten Füßen über Schnee und Eis, trug glühende Kohlen in den Händen, ohne deren Glut zu fühlen, so groß war die Glut der Liebe in ihr. Ja, ihre Verehrung zum bitteren Leiden, besonders der fünf Wunden ging so weit, dass sie in ihrer Liebesglut mit einem Hammer einen stumpfen Nagel durch ihre beiden Hände trieb, um durch dieses freiwillige Martyrium ihrem Geliebten auch nach außen ähnlich zu sein. Wie weit geht doch die Torheit des Kreuzes! Predigte diese freiwillig Stigmatisierte uns nicht Christus den Gekreuzigten auf eine Weise, dass wir erröten müssen, wenn wir betrachten, wie wenig wir Christus lieben und wie wenig wir für ihn zu leiden fähig sind? Dieser Andacht zum Leiden Christi war sie so ergeben, dass sie beständig Tränen vergoss, so dass man fürchtete, sie werde das Augenlicht verlieren. Auch trieb der Opfergeist sie dahin, Gott zu bitten ihr jeglichen Trost zu nehmen.

 

Solche heroischen Akte von Selbstverleugnung, verbunden mit völliger Abkehr vom Irdischen, ziehen gewöhnlich große Gnaden nach sich; denn Gott lässt sich in Großmut nicht übertreffen und erweist den Seelen, die ihn unter den größten Opfern suchen, im höchsten Grad sich erkenntlich. Dies war auch bei der seligen Beatrix der Fall. Ihre Treue belohnte Gott dadurch, dass er sie zu der höchsten Stufe der Beschauung erhob, jener erhabenen Gebetsweise, die wir durch unsere eigenen Kräfte nie erreichen können, in der Gott die Seele so innig mit sich vereinigt, dass sie Gottes Gegenwart in sich fühlt und, von einem lebhaften Licht erleuchtet, in heftiger Liebe zu ihm entbrennt. Diese Vereinigung, in der sich Gott der Seele mitteilt, wird nach und nach immer enger, bis sie in der Ekstase und zuletzt in der mystischen Vermählung ihre Vollkommenheit erreicht, obwohl nicht alle so begnadeten Seelen und nicht immer zu diesem Grad gelangen. Es hängt dies zum Teil von der Treue ab, mit der die Seele den empfangenen Gnaden entspricht und andererseits vom freien Wohlgefallen Gottes. Dieser mystische Zustand, wie man ihn nennt, der die Seele ungemein fördert im Fortschritt der Tugend, besonders in der Liebe, ist oft noch mit anderen Gnaden verbunden, wie innere Ansprachen, Visionen, Offenbarungen usw.

 

Die selige Beatrix wurde zum höchsten Grad der Vereinigung mit Gott erhoben und wurde all der erwähnten mystischen Gnaden teilhaftig. Oft redete der Heiland zu ihr durch innere Ansprachen, noch öfters aus dem Tabernakel, wenn sie in Liebe u ihm zerflossen, im Gebet vor ihm kniete. Sie wurde gewürdigt, den Heiland in sichtbarer Gestalt zu ihrer Rechten zu schauen; oft zeigte er sich ihr unter dem Bild des Gekreuzigten. Bei der heiligen Messe schaute sie ihn als Kind in der heiligen Hostie. Dabei überhäufte sie ihr göttlicher Bräutigam mit den größten Beweisen seiner Liebe. Er ließ sie in der Verzückung die Geheimnisse seines Lebens und Leidens schauen, ließ sie einen Blick in die ewigen Freuden des Himmels tun wie nicht minder in den Abgrund der Hölle, wodurch sie einerseits mit dem größten Abscheu vor der Sünde und andererseits mit der glühendsten Liebe zu Gott entflammt wurde. Unser göttlicher Meister verlieh ihr überdies die Gabe der Tränen und der Prophezeiung.

 

Diese außergewöhnlichen Gunstbezeigungen müssen aber auch wieder erkauft werden unter den schwersten Opfern und Leiden aller Art. Bis die Seele der höchsten Vereinigung mit Gott gewürdigt wird, muss sie hindurchgehen durch eine lange Reihe der größten Prüfungen und Peinen, die man mystische Leiden nennt. Die Seele wird dadurch gleichsam zermalmt, damit sie ganz aus sich herausgehe, das eigene Ich, den eigenen Willen aufgebe und aller Eigenliebe bar, sich ganz dem Willen Gottes unterordne und sich ihm gleichförmig mache. Gott nimmt ihr alles, bis sie ganz von sich entblößt, vergeistigt und gottförmig geworden ist.

 

Die selige Beatrix musste auch ihrerseits durch alle diese Leiden hindurchgehen, da Gott sie ganz an sich ziehen und als Braut mit sich vereinigen wollte. Das süße Andenken an Gott, das Gefühl der Gegenwart Gottes verschwand, Finsternisse umlagerten ihren Geist, ihr Gebet war trocken und ihr zur Qual, Gewissensängste und Versuchungen nahmen ihr alle Ruhe, Überdruss und Ekel erfüllte sie. Zudem suchte der Teufel ihre Treue und ihre Tugend zu erschüttern, indem er ihr in den verschiedensten Schreckgestalten erschien und sie beängstigte. Eben war sie eines Tages wiederum vom Teufel furchtbar geängstigt, als sie in einem innigen Gebet zu Maria sie um Hilfe anflehte. Die allerseligste Jungfrau erschien ihr mit Glanz umflossen und tröstete sie mit den Worten: „Ich bin die Mutter des allmächtigen Königs, dessen Braut du bist. Ich bin die Mutter der Barmherzigkeit und nehme deine Seele und deinen Leib unter meinen Schutz.“ Aus all diesen Leiden ging Beatrix als Siegerin hervor, gekräftigt in der Tugend, reich an Gnade und Verdienst und des göttlichen Wohlgefallens um so würdiger. Die Flammen der Liebe schlugen in ihr dann um so höher, so dass das Leben für sie zur wahren Qual wurde und sie begehrte aufgelöst zu werden, um mit Christus zu sein. Als sie eines Tages vor dem Tabernakel, ganz verzehrt von dieser Sehnsucht den Heiland bat, er möge sie doch zu sich nehmen, vernahm sie die Worte: „Deine Stunde ist noch nicht gekommen, begnüge dich mit meinem Willen“, worauf sie getröstet in den Willen Gottes sich ergab. Durch Leiden und Entbehrung entkräftet, wurde sie endlich auf das Krankenlager geworfen und ihrem Ziel entgegengeführt. Wie die kluge Jungfrau harrte sie mit brennender Lampe ihrem Bräutigam entgegen, bis er kam und sie mit sich führte in die ewigen Freuden. Sie starb als Priorin des von ihr gegründeten Klosters Eymieux am 25. November 1309 oder 1310. Ihr Fest wurde früher am 13. Februar begangen, an dem Tag, der nach anderer Quelle als Sterbetag genannt wird.

 

Gott verherrlichte seine Dienerin durch verschiedene Wunder und das Volk begann sie gleich nach ihrem Tod als Heilige zu verehren, aber erst Papst Pius IX. sprach sie 1869 selig und gestattete ihre öffentliche Verehrung.

 

Lernen wir jetzt unser Fleisch mit seinen Begierden und gelüsten in kluger, vernünftiger Weise abzutöten und mit Christus ans Kreuz zu schlagen, auf dass wir verdienen mögen, von der Gnade vergeistigt und in Christus umgewandelt zu werden und dereinst an der ewigen Glorie teilzuhaben. Die außerordentlichen Peinigungen aber, die eine selige Beatrix, die Kartäuserin, sich auferlegte, sind nicht nachzuahmen und ordnungsgemäß auch nicht erlaubt. Sie sind nur als Ausfluss einer heroischen, ganz übernatürlichen, mystischen Gottesliebe zu erklären.