Seine hohe Geburt gab Benedict eine ansehnliche Stelle unter den Beamten Oswis, des Köngs von Northumberland. Dieser Fürst liebte ihn, überhäufte ihn mit Gütern und Ehrenstellen. Es kostet gewiss keine geringe Überwindung, wenn ein Mann, der in der Blüte seines Lebens nur Freude und lockende Reize in der Welt rings um sich erblickt, sein Herz nicht an sie heften soll. Allein Benedict kannte zu gut das Leere und Vergängliche aller sinnlichen Güter, als dass er sie seiner Liebe hätte würdig halten sollen: sein Herz hegte vielmehr tiefe Verachtung gegen sie. Das Verlangen, Gott allein zu leben, wurde so stark in ihm, dass er schon in einem Alter von fünfundzwanzig Jahren den Hof verließ, und sich dem Umgang der Menschen entzog. Zuerst bewog ihn seine Andacht zu einer Pilgerreise nach Rom. Nach seiner Rückkehr in sein Vaterland beschäftigte er sich ganz mit eifrigem Lesen und Betrachten der Heiligen Schrift und den anderen Übungen der christlichen Frömmigkeit. Einige Zeit später wünschte Alcfrid, der Sohn des Königs Oswi, die Gräber der Apostel Petrus und Paulus zu besuchen und bat den Heiligen, ihn zu begleiten. Da ihm aber sein Vater diese Wallfahrt untersagte, reiste Benedict allein nach Rom, in der Absicht, sich da immer mehr in der Wissenschaft des Heils zu vervollkommnen.
Auf seiner Rückreise aus Italien, besuchte er das berühmte Kloster von Lérins (Zwei Inseln im Mittelmeer, an den Küsten der Provence. Auf der kleineren stand ein vom heiligen Honoratus, dem späteren Erzbischof von Arles, gestiftetes Kloster. Es war eine reiche Pflanzschule von gelehrten und frommen Geistlichen.), wo er das Ordenskleid annahm, und zwei Jahre in der strengsten Zucht lebte. Dann kehrte er wieder nach Rom zurück, von wo ihn Papst Vitalian mit dem heiligen Theodor, dem erwählten Erzbischof von Canterbury, nach England sandte. Da wurde ihm die Leitung des Klosters zu den heiligen Petrus und Paulus, das nicht weit von dieser Stadt entfernt lag, übergeben. Er gab aber bald die Leitung dieses Klosters wegen seiner Verehrung des heiligen Adrian, der ebenfalls den heiligen Theodor begleitet hatte, wieder ab. Sein Aufenthalt im Königreich Kent dauerte ungefähr zwei Jahre. Die heiligen Theodor und Adrian verehrte er mit tiefer Demut und ergab sich ihrer Leitung beim Forschen in der Heiligen Schrift und bei den verschiedenen Pflichten des klösterlichen Lebens.
Benedict glaubte noch eine vierte Reise nach Rom machen zu müssen, um sich tiefere Kenntnis der Kirchenzucht und der verschiedenen Klostereinrichtungen zu erwerben. Dieser Ursache wegen hielt er sich auch geraume Zeit an verschiedenen Orten Italiens auf. Ehe er wieder in sein Vaterland zurückreiste, suchte er sich mehrere gut gewählte Bücher, Reliquien und Gemälde unseres Heilandes und der allerseligsten Jungfrau, und verschiedener anderen Heiligen zu sammeln. Als er darauf wieder in Northumberland zurückgekehrt war, stiftete er das Kloster von Weremouth (So genannt, weil es am Ufer der Were erbaut war. Es wurde im Jahr 674 unter der Anrufung des heiligen Petrus gegründet.), wozu ihm die Freigebigkeit des frommen Königs Egfrid, Oswis Sohn und Nachfolger, eine hilfreiche Hand reichte. (Egfrid schenkte dem Heiligen siebzig Hyden Land. Ein Hyde fasste so viel Feld in sich, als ein Pflug das Jahr hindurch bebauen konnte.) Nachdem das zum Gebrauch der Mönche bestimmte Gebäude vollendet war, reiste der Heilige nach Frankreich, um von dort Bauleute zu holen, die eine steinerne Kirche, im Stil derjenigen, die er zu Rom gesehen hatte, aufzuführen imstande wären. (Die steinernen Gebäude waren bis dahin noch sehr selten in England; selbst die Kirche von Lindisfarn war aus Holz gebaut und mit Stroh gedeckt; in diesem Zustand blieb sie bis unter dem Bischof Eadbert, der das Dach und die Mauern mit Bleiplatten bekleidete.) Er brachte auch Glaser mit sich, weil der Gebrauch des Glases in England noch unbekannt war. Eine fünfte Reise, die er nach Rom unternahm, gab ihm Gelegenheit, eine neue Sammlung nützlicher Bücher, und besonders der Schriften heiliger Kirchenväter zu machen. Er brachte auch neue Reliquien und mehrere fromme Gemälde mit sich.
Die Mönche von St. Peter zu Weremouth erbauten das ganze Königreich durch den Glanz ihrer Tugenden, und verbreiteten überall den guten Geruch Jesu Christi. Egfrid, der keinen anderen Wunsch hatte, als die Zahl der wahren Diener Gottes zu vervielfältigen, gab dem Heiligen noch einen anderen Strich Landes, auf dem er das Kloster von Jarrow unter Anrufung des heiligen Paulus erbaute. (Sechs Meilen von Weremouth. Es wurde erbaut im Jahr 677. Einst führte es den Namen Girwy.) Diese zwei Klöster bildeten sozusagen nur eins, und der heilige Benedict stand ihrer Leitung vor. Jedoch hatte jede Klostergemeinde ihren besonderen Abt, der über die Beobachtung der Regeln wachte. Die Einführung dieser untergeordneten Vorsteher war darum notwendig, weil die Reisen und verschiedenen Geschäfte des Heiligen, ihm nicht gestatteten, alles durch sich selbst zu tun. (Die Abteien Weremouth und Jarrow sind von den Dänen zerstört worden. Man stellte sie aber zum Teil wieder her, und sie bestanden noch bis zum siebenunddreißigsten Jahr der Regierung Heinrichs VIII. unter dem Namen Priorate. Beide waren der Abtei Durham seit dem Jahr 1083 untergeben.)
Benedict hatte einen besonderen Eifer für den Schmuck des Hauses Gottes. Er zierte die Kirchen beider Klöster mit schönen Gemälden aus. Diejenigen, die er zu Weremouth aufhängen ließ, stellten die allerseligsten Jungfrau, die zwölf Apostel, die Geschichte des Evangeliums, und die geheimnisvollen Gesichte der geheimen Offenbarung, dar. In denen von Jarrow sah man mehrere Vorstellungen aus der Heiligen Schrift, die so geordnet waren, dass sie die Beziehungen beider Testamente und die Vorbilder in Wirklichkeit darstellten. So erblickte man zum Beispiel Jesus Christus, der mit dem Kreuz, auf dem er sein Opfer vollenden sollte, belastet war, gegenüber Isaak, der das Holz trug, auf dem er als Opfer sollte verbrannt werden. Wir haben gesagt, unser Heiliger hat diese Gemälde von Rom mitgebracht. Allein, zu was hätte der schönste Schmuck der Tempel gedient, wenn er die Zierde und die Erhabenheit des äußeren Gottesdienstes nicht gleichfalls befördert hätte? Er bat daher Papst Agatho ihm zu erlauben, dass er Johann, den Abt von St. Martin, und Erzsänger (Praecentor) der Kirche zum heiligen Petrus, mit sich nehmen kann. Diesem übertrug er in der Abtei Weremouth den Unterricht im gregorianischen Gesang und in den Zeremonien der römischen Kirche bei der Feier des Gottesdienstes.
Der Heilige zählte unter seiner Ordensgenossenschaft einen seiner Verwandten, namens Easterwin, der gleich ihm ehemals am Hof von Northumberland gelebt hatte. Diesen ernannte er, bevor er seine letzte Reise nach Rom antrat, zum Abt. Seine Wahl hätte nicht besser ausfallen können. Easterwin war ein Mann, der alle Eigenschaften eines Vorstehers besaß. Unter anderem die zärtlichste Frömmigkeit, die tiefste Demut, und eine unwandelbare Sanftmut. Da er während der Abwesenheit des Heiligen starb (Am 6. März, in einem Alter von sechsunddreißig Jahren. Er war vier Jahre Abt.), wählten die Mönche an seine Stelle den heiligen Diakon Sigfrid, der seine Wahl aber nicht lange überlebte, denn nach einiger Zeit entriss ihn eine Entkräftungskrankheit, nachdem er die heftigsten Schmerzen erduldet hatte. Auf seinen Rat erwählte der heilige Benedict, zwei Monate vor seinem Tod, den heiligen Ceolfrild, zum Abt der beiden Klöster.
Die drei letzten Lebensjahre unseres Heiligen waren eine Reihe von Krankheiten und Leiden. Eine schmerzvolle Gicht hatte ihn des Gebrauchs seiner Glieder beraubt und an das Bett gekettet. Da er dem Chor nicht beiwohnen konnte, sangen täglich einige Mönche wechselweise die Tagzeiten zur geeigneten Stunde an seiner Seite. Da vereinigte er sich mit ihnen, soviel es ihm seine Schwachheit erlaubte, und stimmte mit kraftloser Stimme noch ein in den Lobgesang des Allerhöchsten. Sein Geist beschäftigte sich allein mit Gott und der Vervollkommnung seiner Schüler, die er öfters ermahnte, ihre Regel mit der größten Pünktlichkeit zu beobachten. „Meine Kinder“, sagte er ihnen, „wollet die Einrichtungen, die ich für euch getroffen habe, nicht als die Erfindung meines Geistes ansehen. Nachdem ich siebzehn Klöster, in denen gute Zucht herrscht, besucht, und mich bemüht habe, mir von den Satzungen und Gebräuchen derselben eine vollkommene Kunde zu verschaffen, habe ich eine Sammlung aller Regeln, die mir die besten schienen, veranstaltet und diese Sammlung habe ich euch gegeben.“ Benedict, der die Abnahme seiner Kräfte immer mehr spürte, begehrte die heilige Wegzehrung, und starb kurze Zeit nach deren Empfang am 12. Januar 690. Seine Reliquien brachte man 970 in die Abtei Thorney. Die Mönche von Glastenbury behaupteten, sie wären im Besitz eines Teils von ihnen. Das römische Martyrologium erwähnt den heiligen Benedict Biscop an diesem Tag. Die englischen Benediktiner verehren ihn als einen ihrer Patrone.