Im Hohenlied der Heiligen Schrift gebraucht die gottliebende Braut einmal die Worte: „Schwarz bin ich, aber schön, ihr Töchter Jerusalems, gleich den Zelten Cedars, gleich den Teppichen Salomos.“ So konnte einst auch ein Heiliger des Franziskanerordens sagen, nämlich der heilige Benedikt von San Philadelpho auf der Insel Sizilien. Seine Eltern waren Schwarze und so hatte auch er von ihnen die schwarze Hautfarbe geerbt und hieß deswegen später beim Volk „der schwarze Heilige“. Freilich, den zweiten Teil jener Worte: „ . . . Aber schön gleich den Zelten Cedars, gleich den Teppichen Salomos“ hätte er nie von sich gebraucht, denn dazu war er zu demütig. Aber um so sehr konnten andere zu ihm sagen: „Schwarz bist du, dem Leibe nach, und schön an deiner Seele durch deine Reinheit und Heiligkeit!“ Von seinen Eltern, die trotz ihrer Abstammung aus dem schwarzen Erdteil katholische Christen waren, hatte Benedikt auch eine echt christliche Erziehung genossen und verlebte darum schon seine ersten Jugendjahre in Unschuld und Frömmigkeit, aber auch, dem einfachen Stand seiner Eltern gemäß, in Arbeitsamkeit und Abhärtung. Damals führten mit Genehmigung des Papstes einzelne Mitglieder des Franziskanerordens außerhalb ihrer Klöster ein strenges Einsiedlerleben und das sagte dem gottseligen Benedikt so zu, dass er sich in die Genossenschaft dieser Männer aufnehmen ließ und bis zu seinem vierzigsten Lebensjahr darin ein immer heiligeres Leben führte. Dann aber mussten diese Einsiedler wieder in ihre Klöster zurückkehren und die gewöhnliche Lebensweise des ersten Ordens des heiligen Franziskus und zwar von der Observantenrichtung aufnehmen. So wurde denn auch der heilige Benedikt Laienbruder im Kloster zu Palermo und als solcher nun erst recht ein leuchtendes Vorbild aller Tugenden. Sein Gehorsam war so vollkommen und freudig, dass er gar keinen eigenen Willen zu haben schien. Die Abtötung liebte er so, dass er wie der heilige Franziskus jährlich sieben vierzigtägige Fasten beobachtete. Seine Gottesliebe presste ihm unzählige Seufzer und Tränen hervor. Bei der Anbetung des Allerheiligsten sah man ihn oft von himmlischem Glanz umgeben. Ist es da zu verwundern, wenn die höheren Ordensobern den heiligen Mann, obwohl er nicht Priester war, dennoch zum Klostervorstand machten? Und als solcher gab er nicht bloß das vollendetste Tugendbeispiel, sondern erwies sich auch als klugen und geschäftsgewandten Hausverwalter. Diesen seinen treuen Diener zeichnete aber auch Gott der Herr durch außerordentliche Gnaden aus: er machte Blinde sehen, Taube hören, Lahme gehen und rief selbst Tote wieder ins Leben zurück. Ebenso besaß dieser ungelehrte Laienbruder die Gabe der Weissagung und himmlischen Erkenntnis, wobei letztere ihn befähigte, selbst die schwierigsten Stellen der Heiligen Schrift richtig und erbaulich zu erklären. Der Heilige starb, nachdem er seine Todesstunde vorausgesagt hatte, 63 Jahre alt, im Jahr 1589. Er wird in ganz Sizilien und weit darüber hinaus vom Volk hochverehrt und sein heiliger Leib ist heute noch unverwest. Seine feierliche Heiligsprechung erfolgte durch Papst Pius VII. im Jahr 1807. Er war der erste heiliggesprochene Schwarze.
Der heilige Benedikt von San Philadelpho, obwohl nur ein schlichter Laienbruder ohne höhere oder gar theologische Bildung, besaß doch eine tiefe Erkenntnis der Glaubenswahrheiten sowie alles dessen, was das geistliche Leben betrifft. Es war dies eine Wirkung besonderer göttlicher Gnade und Erleuchtung, wie sie demütigen und gottliebenden Seelen zuteil zu werden pflegen, nach den Worten des Heilandes: „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dieses (nämlich die Lehren der christlichen Wahrheit und Weisheit) vor Weisen und Klugen verborgen, Kleinen aber geoffenbart hast.“ (Mt 11,25)
O machen auch wir uns solch übernatürlicher Erleuchtung und Erkenntnis immer würdiger, denn beides ist mehr wert als bloß menschliche Weisheit!