Der gottselige Bernardin, geboren zu Feltre, einer Stadt in den vormaligen Staaten von Venedig, stammte von einer ehrbaren Familie ab. Er machte mit gutem Erfolg seine Studien, und schien zu einer ehrenvollen Stelle in der Welt bestimmt zu sein, als ihn eine Predigt, die der heilige Jakobus von der Mark zu Padua hielt, wo er damals die Rechte studierte, gänzlich von der Welt losriss, und ihm den Entschluss einflößte, in den Orten des heiligen Franziskus zu treten. Sein Beispiel zog auch einen seiner Brüder und drei seiner Schwestern zu derselben Lebensweise hin. Bernardin konnte sich in seiner tiefen Demut nicht entschließen, öffentlich das Wort Gottes zu verkündigen. Seinem Gewissensrat gelang es endlich doch, ihn auf andere Gesinnungen zu bringen. Und bald wirkte der gottselige Ordensmann Wunderdinge durch seine Predigten. Er trat vor Papst Innocenz VIII. und vor den Kardinälen auf, die größten Städte Italiens wollten ihn hören, und überall bewunderte man seine fromme Beredsamkeit. Von heiliger Nächstenliebe und glühendem Eifer entflammt, scheute er keine Mühe, um seine Mitbürger aus den Händen der Wucherer zu befreien, die damals ganze Familien ins Verderben zogen. Seine Klugheit und Unterscheidungsgabe bewährte er als Guardian und Provinzial, Stellen, die er nach einander bekleidete. Endlich starb er, nachdem er sein Leben gänzlich der Ehre Gottes und dem Heil des Nächsten gewidmet hatte, zu Pavia am 28. September 1494, in seinem 56. Lebensjahr. Der Heilige Stuhl hat dem Orden erlaubt, an eben diesem Tag sein Andenken zu ehren.
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Aus dem Marianischen Festkalender:
Ein besonders eifriger Verteidiger Mariens war Bernardin, seinem Taufnamen gemäß Martin geheißen und zu Venedig von vornehmen Eltern geboren.
Als er während seiner Studienzeit in Padua den Kanzelredner und Franziskaner Pater Jakobus von Piceno hörte, entschloss er sich, die Welt zu verlassen und das Ordenskleid zu nehmen.
In Demut und Bescheidenheit wirkte er hier, nachdem er Priester geworden war. Am meisten tat er sich durch seine Beredsamkeit auf der Kanzel hervor, und hier leistete er wirklich der Kirche große Dienste.
In seinen Predigten wendete er allen seinen Eifer auf die Ausbreitung der Verehrung der Unbefleckten Empfängnis. In seinem Vortrag, den er vor Ludwig Maria Sforza, dem Herzog von Mailand, hielt, überredete er ihn, den Namen Mariens, der in seinen Staaten wenig Hochachtung genoss, zu verteidigen, indem er ihn daran erinnerte, dass er selbst den Namen der Gottesmutter trage, und dass sich die Mailänder durch dieses Gelübde verpflichtet haben, das Fest ihrer Unbefleckten Empfängnis zu feiern. Seine Worte brachten auf den Herzog von Mailand eine solche Wirkung hervor, dass er strenge Gesetze gegen diejenigen bekannt machen ließ, die die heilige Jungfrau verhöhnen würden. Bernardin erhielt auch den Auftrag, das Volk von Lodi zu beruhigen, das sich aufgelehnt hatte, und durch seinen Eifer brachte er es dahin, dass sich alle Bewohner in Prozession, drei Fahnen mit den Wahrzeichen der Gnade, die ihnen eben gewährt worden war, zur Kirche begaben. Er vermochte sie, sich selbst der heiligen Jungfrau zu weihen und sie zu ihrer Fürsprecherin und Beschützerin zu nehmen, und die Schlüssel der Stadt in ihre Hände zu übergeben. Er übernahm daher auf dem Altar Mariens die Schlüssel der Stadt, und übergab sie dem Gouverneur mit der Erinnerung, er möge die Stelle der heiligen Jungfrau vertreten und den Frieden unter dem Volk erhalten. Man ließ in der Folge für diese Weihe eine öffentliche Urkunde ausstellen, um das Vertrauen dieses Volkes zu seiner Beschützerin Maria zu befestigen.
Ein Opfer seines Berufes rief ihn der Herr, den Lohn für seine Mühen zu nehmen, im Alter von sechsundfünfzig Jahren am 28. September 1494 zu sich in die ewigen Gezelte.