Heiliger Bernward, Bischof von Hildesheim, + 20.11.1022 - Fest: 20. November

       

Der heilige Bernward bildet mit seinem Nachfolger, dem heiligen Godehard, ein Doppelgestirn, das bis in die spätesten Zeiten dem Bischofsstuhl zu Hildesheim zur höchsten Zierde gereichen wird. Die Zeit seiner Geburt fällt in die Mitte des zehnten Jahrhunderts, wo die mächtigen Ottonen aus dem edlen Volk der Sachsen die Kaiserkrone trugen und ihre ritterlichen Züge nach Italien unternahmen und eine enge Verbindung mit der Hauptstadt der Christenheit und dem Land tausendjähriger Bildung unterhielten.

 

Bernwards Großvater mütterlicherseits war der Pfalzgraf Athelbero von Sachsen, sein Oheim Volkmar, Bischof von Utrecht, sein Vater (Graf Dietrich?) wird, vielleicht seines frühen Todes wegen, nicht genannt, seine Geschwister waren Graf Tammo, Thietburg und Judith, später Äbtissin von Ringelheim. Seine ersten Kinderjahre verlebte Bernward auf dem Schloss Sommerschenburg im Herzen des Sachsenlandes, wo er um das Jahr 952 das Licht der Welt erblickte. Da seine Mutter früh Witwe geworden war, so schickte ihn sein Oheim Volkmar an den Bischof Osdag von Hildesheim, der den Jungen der Leitung des Priesters Thangmar, des Vorstehers der blühenden Domschule, übergab. Unter diesem ausgezeichneten Lehrer entfalteten sich Kunst und Wissenschaft so herrlich, dass die Söhne der ersten Familien des Landes, z.B. der spätere Kaiser Heinrich II., der große Bischof Meinwerk von Paderborn, dort erzogen wurden. Dieser Thangmar begleitete von nun an als Lehrer, Freund und Ratgeber Bernward auf allen seinen Wegen, schloss ihm die Augen und schrieb auch die Geschichte seines ehemaligen Schülers und Bischofs.

 

Wie Thangmar seinen talentvollen Schüler unterrichtete, drückt er in den Worten aus: „Ich nahm ihn auch zuweilen mit mir, wenn ich in Geschäften des Herrn Bischofs das Domkloster verließ. Häufig brachten wir den ganzen Tag, während wir ritten, mit wissenschaftlichen Übungen zu, indem wir bald eine nicht weniger umfangreiche Lektion lasen, als wenn wir in der Schule dazu Muße hätten, bald dichtend uns unterwegs am Versmaß vergnügten, dann wieder unsere Übung in die Palästra der Prosa versetzten, zuweilen einfach den Inhalt des Gelesenen erörterten und häufig mit künstlichen Vernunftschlüssen uns abmühten. – Fast keine Stunde, nicht einmal die der Erholung, konnte ihn der Untätigkeit beschuldigen, und obgleich sein Geist von lebhaftem Feuer für jede höhere Wissenschaft entzündet war, verwandte er nichtsdestoweniger doch auch viel Fleiß auf die leichteren Künste, die wir die mechanischen nennen. Im Schreiben tat er sich besonders hervor, die Malerei übte er mit Feinheit; er war ausgezeichnet in der Kunst, Metalle zu bearbeiten, edle Steine zu fassen und in jeglicher Herrichtung, wie es auch später durch viele prächtige Gebäude, die er erbaute, zu Tage trat.“

 

Die Kunst und Wissenschaft stand damals noch im Dienst und im Gottesfrieden der Kirche und hatte keine andere Bestimmung, als Verherrlichung des christlichen Gottesdienstes. Deshalb lag Bernward alles daran, Kunst und Wissenschaft mit Liebe und Beharrlichkeit zu pflegen. Außerdem entwickelte der aufstrebende junge Mann eine außerordentliche Tüchtigkeit und Gewandtheit in allen Staatsgeschäften, so dass sein Großvater, der Pfalzgraf Athelbero, ihn bis zu seinem Lebensende nicht mehr von sich ließ und ihn als seine rechte Hand gebrauchte.

 

Nach Beendigung seiner wissenschaftlichen Studien ging Bernward nach Mainz, wo er im Haus des Erzkanzlers des Deutschen Reiches freundschaftliche Aufnahme fand. Willigis erteilte ihm die höheren Weihen, nachdem er sich „durch die Strenge seiner Sitten und die Rechtschaffenheit seines Lebens von seinen Fortschritten im geistlichen Leben überzeugt hatte.“ In Mainz hatte der Dombau im Jahr 978 begonnen und bot Bernward erwünschte Gelegenheit seine Kenntnisse in der Baukunst zu erweitern.

 

Um 987 starb Pfalzgraf Athelbero. Bernward, der schon einen ehrenvollen Ruf seines Oheims Volkmar aus kindlicher Liebe zu seinem Großvater ausgeschlagen hatte, erhielt von der Kaiserin Theophanu einen glänzenden Ruf zur alten karolingischen Pfalz in Nymwegen, um die Erziehung ihres minderjährigen Sohnes, des Kaisers Otto III., zu übernehmen. Bernward den kaiserlichen Jungen dergestalt, dass er wunderbare Fortschritte im Lernen machte und zur Übernahme der Regierungsgeschäfte befähigt wurde. Am kaiserlichen Hof fand der Kunstsinn Bernwards die reichlichste Nahrung, denn was die Kunst Italiens und des Morgenlandes Schönes geschaffen hatte, bot sich im Kaiserpalast den Augen des Beschauers dar. Hier wirkten mit Bernward zusammen als Freunde, Ratgeber und Lehrer des jungen Kaisers der kunstgebildete und staatskluge Willigis von Mainz, und Gerbert, der spätere Papst Sylvester II., in griechischer Sprache und Kunst erfahren, in Philosophie und Naturkunde seine Zeit weit überragend.

 

Nach dem Tod des Bischofs Gerdags erwählte die Geistlichkeit Hildesheims Bernward zum Bischof. Erzbischof Willigis weihte ihn 993. Jetzt konnte der neue Kirchenfürst ungehindert seine Wirksamkeit für sein Bistum, für Kunst und Wissenschaft und Tugend entfalten. Zunächst war es seine Sorge, sein Bistum gegen die räuberischen Einfälle der heidnischen Normannen zu schützen. Deshalb legte er an den Marken seines Sprengels die festen Burgen Wirinholt und Mundsburg an, bevölkerte die wüsten Orte mit Ansiedlungen und legte den Grund zu Städten. Seinen Bischofssitz umzog er mit Mauern und Türmen, dass „seinesgleichen an Schönheit und Sicherheit im ganzen Sachsenland nicht zu finden war.“ Hildesheim verehrt in ihm seinen zweiten Gründer.

 

Wie Bernward sein Land gegen feindliche Einfälle schützte, so eifersüchtig wahrte er auch seine bischöflichen Rechte. Sieben Jahre lang widerstand er den Eingriffen des Erzbischofs Willigis in betreff des Klosters Gandersheim, und der mächtige Kurfürst sowohl, wie die stolze Äbtissin des Klosters, die Königstochter Sophia, mussten sich endlich dem unerschütterlichen Vertreter seines Rechts beugen. In dieser Angelegenheit ging Bernward selbst nach Rom zum Kaiser und zum Papst Sylvester II. und dämpfte durch sein Ansehen und heroisches Handeln einen Aufstand der rebellischen Tiburtiner und Römer. Mit seiner Entschiedenheit setzte er auch die Wahl Heinrich II. durch, den er und Willigis zum König salbten.

 

Bernward hat sich unsterbliche Verdienste für die politische Größe Deutschlands erworben, aber noch herrlicher sind die Lorbeeren, die er sich durch sein frommes, gotterfülltes Walten als geistlicher und mildtätiger Vater der Seinen, durch seine Pflege der kirchlichen Künste und Wissenschaften und durch seinen Eifer für die Zierde der Gotteshäuser erworben hat. Er gründete Schulen und förderte die geistige Entwicklung des Volkes, in der Domschule entfaltete sich eine außerordentliche wissenschaftliche Tätigkeit. Die Heilige Schrift und andere wertvolle Bücher ließ er abschreiben. Er selbst schrieb ein mathematisches Werk und ein wertvolles Buch über Alchemie. Er selbst übte das Geheimnis, Metalle zu scheiden und zu mischen, praktisch aus, er war Künstler und Förderer der Kunst im ausgedehntesten Sinne des Wortes. Was an Metallarbeiten aus Bernwards Zeit noch erhalten ist, erregt die Bewunderung aller Kunstkenner. Seine Christussäule mit Darstellungen des Lebens Jesu, die bronzenen Flügeltüren am Dom, sein goldenes Kreuz, seine beiden reichverzierten Leuchter aus einer eigentümlichen Mischung von Gold, Silber und Eisen und andere Kunstgegenstände sichern Bernward für alle Zeiten einen ehrenvollen Namen in der Kunstgeschichte. Von den Malereien und Mosaiken, womit er den Dom zierte, ist leider nichts geblieben, weil sie im Brand vernichtet wurden.

 

Der fast siebzigjährige Bischof erlebte noch die große Freude, dass er sein Lieblingswerk, die Abteikirche des heiligen Michael, so weit vollendet sah, dass er die Weihe am 29. September 1022 zugleich mit der Weihe der Christussäule vornehmen konnte. Bernwards Freund, Bischof Benno von Oldenburg, geriet bei dieser Einweihung so sehr ins Gedränge, dass er nach wenigen Tagen starb. Der Tod, der die beiden Freunde getrennt hatte, sollte sie nur zu bald wieder vereinigen.

 

Am 1. November verfügte Bernward testamentarisch über sein bedeutendes Privatvermögen zu Gunsten der Michaelsabtei, 10 Tage später erkrankte er und empfing in der Martinuskapelle aus der Hand des Abtes Goderamm das Benediktinerkleid und legte die Ordensgelübde ab und ging am 20. November zum besseren Jenseits hinüber. Sein Leib wurde in der Krypta jener Kirche in demselben Steinsarg beigesetzt, den er schon zu Lebzeiten für sich bereitet hatte. Leuchtende Wunder verherrlichten das Grab des allgeliebten Oberhirten. Deshalb versetzte ihn der Papst am Sonntag vor Weihnachten 1192 feierlich unter die Zahl der Heiligen.

 

In seiner Demut hatte Bernward sich selbst die Grabschrift verfasst:

 

„Bernward war ich voreinst, ein gebrechlicher Mensch. Es umschließet

Jetzt mich der grausige Sarg, Asche nur bin ich und Staub.

Weh! nicht war ich gewachsen der Pflicht des erhabensten Amtes,

Aber der Seele sei Ruh, singet ihr Amen dazu!“

Benno, Bischof von Meißen, verfasste ihm folgendes Lobgedicht:

„Siehe die Gruft sie umschließt das Gebein Bernwardus, des Bischofs,

Jenes erhabenen Mannes, der uns ein Wunder erschien,

Der wie ein leuchtender Stern in der Heimat Krone geglänzt hat,

Würdig erfunden von Gott, hoch von den Menschen geliebt;

Denn stets ist er der Kirche der trefflichste Bischof gewesen.

Lohn es Emmanuel ihm, lohn es ihm Michaels Huld!

Endlich am zwanzigsten Tag in dem elften der Monate tauscht er

Für dies irdische Sein glücklich den Himmel sich ein.“