In der Einsamkeit erhebt sich das menschliche Gemüt leichter über die Armseligkeiten dieser Erde zu himmlischen Gesinnungen und höheren Bestrebungen, als im Geräusch und im Vollgenuss des Weltlebens. Die weltentsagende Seele empfindet in der kleinen Zelle im innigsten Verkehr mit Gott einen Frieden, den die Welt nicht kennt, und dieser Friede entquillt aus der gänzlichen Hingabe seiner selbst an Gott, den Urquell des Friedens und der Liebe. Deshalb treffen wir so viele edle Seelen an, die sich von den Freuden und Ehren der Welt losschälen, um in der stillen Zelle nur Gott und dem Heil der Seele zu leben. Zu diesen Gottesmännern zählt der heilige Deocar.
In seinen jüngeren Jahren lebte Deocar am Hof Karls des Großen, der die gelehrtesten und frömmsten Männer seiner Zeit gern in seiner nächsten Umgebung sah, um sich ihres weisen Rates in schwierigen Verhältnissen zu bedienen. Nach der Überlieferung soll Deocar der Beichtvater des Kaisers gewesen sein. Den frommen Diener Gottes zog aber eine glühende Sehnsucht nach der Einsamkeit. Gern willfahrte der Kaiser dem frommen Begehren und ließ ihm in der Gegend, wo jetzt Herrenried steht, eine Kapelle zu Ehren der Mutter Gottes bauen. Deocar begann mit allem Eifer den Boden zu bebauen, Sümpfe auszutrocknen und nützliche Getreidearten und Obstbaumzucht einzuführen. Gleichgesinnte Freunde schlossen sich ihm an und halfen ihm bei seinem schwierigen Werk. Sie lebten alle nach der Regel des heiligen Benedikt und waren ein Herz und eine Seele. Das vorzüglichste Bestreben des heiligen Abtes Deocar war es, die vielfach noch sehr rohen und heidnisch gesinnten Bewohner der Umgegend zu frommen und eifrigen Christen und fleißigen Landleuten und Künstlern heranzubilden. So entstand alsbald ein Kloster mit blühender Umgebung, das man Hasenried nannte. Seitdem aber statt der Benediktiner die Chorherrn in dieses Kloster einzogen, nannte man es Herrenried.
Deocar stand als erster Abt seinem Kloster vor bis zu seinem Tod um das Jahr 850, und wurde in der dortigen Kirche beigesetzt. Gott verherrlichte sein Grab mit vielen Wundern. Als Kaiser Ludwig der Bayer im Jahr 1316 den heiligen Leib erheben ließ, verbreitete sich ein lieblicher Wohlgeruch in der Kirche. Ein Teil der Reliquien kam nach München, ein anderer nach Nürnberg, von wo wie 1845 in die Domkirche zu Eichstätt zurückgebracht wurden.