(Symbolbild Allerheiligen)
Der Serviten-Orden, OSM, (12. Februar) zählt so viele heilige und heiligmäßige Diener Mariä, dass es passend scheint, hier die Lebensskizze von einigen anzureihen. Deodata Rigoli, in dem Flecken Idro geboren (Idro, deutsch: Ider, ist eine Gemeinde im Val Sabbia in den oberitalienischen Alpen, westlich des Gardasees. Der Ort liegt am Idrosee.), hatte frühzeitig das Gelübde ewiger Keuschheit abgelegt, und genoss innige Freundschaft mit einer anderen Jungfrau in dem nahe gelegenen Bagolino, Lucca mit Namen, die in den Orden der „Dienerinnen Mariä“ getreten war. Dem schönen Beispiel der frommen Freundin zu folgen, war der sehnlichste Wunsch Deodatas. Sie wendete darum alles an, das heilige Ordenskleid der schmerzhaften Mutter zu erlangen, und noch andere Jungfrauen wusste sie in ihrer Liebe zur heiligen Gottesmutter zu gleichem Entschluss zu begeistern. Den 15. August, den Freitag der glorreichen Aufnahme Mariä in den Himmel, wählte die kleine Schar, ihr Vorhaben der heiligen Jungfrau besonders zu empfehlen und sich zu seiner Ausführung vorzubereiten. Nachdem sie den Tag selbst in gottseligster Weise zugebracht hatten, zogen sie sich zur Abendzeit in die Kirche zum heiligen Rochus zurück und verharrten dort in Gebet und Betrachtung bis zum Morgen des nächsten Tages, wo dann der Probst dieser Kirche, Bernardin Ferandi, die heilige Messe feierte, der Deodata mit ihren Freundinnen beiwohnte. Als der Priester zur Wandlung gekommen war und die heilige Hostie erhob, wurde Deodata im Geist verzückt und hatte ein wunderbares Gesicht. Sie sah nämlich auf dem Altar Jesus Christus in Lebensgröße, mit Wunden an Händen und Füßen und an der Seite, mit der Dornenkrone auf dem Haupt, und mit ausgespannten Armen, als hinge er am Kreuz. Der Leib, die Wunden und das Angesicht ausgenommen, war mit drei weißen golddurchwirkten Tüchern bedeckt. Die Erscheinung währte so lange, bis der Priester die Hostie genossen hatte. Die fromme Jungfrau wurde durch dieses Gesicht belehrt, dass sie im Begriff stehe, jenes Ordenskleid anzuziehen, das sie stets an die Schmerzen erinnern sollte, die Maria unter dem Kreuz ihres göttlichen Sohnes empfunden hat, und ihr zu erkennen gegeben, die wahre Vorbereitung, ein „Diener Mariens zu werden, bestehe darin, dass man Jesus Christus, den Gekreuzigten, anziehe, nach den Worten des Apostels: Ziehet an den Herrn Jesus Christus.“
Deodata trat in das Kloster der Servitinnen zu Bagolino und zeichnete sich vor allen durch ihre Tugenden aus. (Gegenüber dem Kirchplatz von Bagolino steht das ehemalige Kloster Madonna delle Grazie, in dem heute ein Altenheim untergebracht ist - casa di riposo. Das Kloster wurde 1517 von der Seligen Lucia Versaa da Lumi aus Bagolino gegründet.) Bald stand sie auch außer dem Kloster im Ruf der Heiligkeit, und wenn sie, was gewöhnlich ihr Geschäft war, in der Umgegend Almosen für die Gemeinde sammelte, entstand oft ein heiliger Wettstreit unter den vornehmsten Frauen. Unter diesen Frauen zeichnete sich besonders Tisma von Lodron aus, eine vornehme und reiche Witwe, die, zu Ansi wohnend aus Dankbarkeit gegenüber der heiligen Mutter Gottes, von der sie viele Gnaden erhalten hatte, eine große Liebe zum marianischen Orden trug, insbesondere auch der frommen Schwester Deodata zugetan war, und sie gerne bei sich sah. In ihrer letzten Krankheit sagte diese fromme Witwe der Schwester Deodata, die sie besuchte, sie habe dem Kloster zu Bagolino jährlich eine halbe Mut Öl von ihren Gütern zu Gargnano in ihrem Testament ausgesetzt. Die Schwestern sollten mithin bei den Erben zu gehöriger Zeit es abfordern. Als nun nach Tismas Ableben die Schwestern um das vermachte Öl bittelich anlangten, wurde es ihnen von den Erben nicht nur nicht ausgefolgt, sondern gänzlich abgesprochen, bis sie eine Handschrift Tismas vorweisen würden. Die Schwestern konnten nichts anderes tun, als die Angelegenheit Gott und der heiligen Jungfrau empfehlen und das Weitere der frommen Deodata überlassen.
Drei Jahre waren bereits verflossen, da machte sich Deodata mit noch einer Schwester, Cäcilia von Benigni, auf den Weg nach Salo, wo die Güter der Verstorbenen gelegen waren, aus denen dem Kloster das Öl zukommen sollte. Als sie auf ihrer Reise dahin von der Nacht überfallen wurden, lud sie der Burgpfleger von Ansi, das schon zu jenen Gütern gehörte, ein, im Schloss ihre Nachtherberge zu nehmen, und ließ ihnen ein eigenes Zimmer anweisen. Zwei fromme Dienstmägde des Schlosses, die mit Deodata schon bekannt waren, baten um die Erlaubnis, bei den Schwestern übernachten zu dürfen. Nachdem sie die Tür verschlossen und viel Zeit im Gebet zugebracht hatten, begaben sich alle zur Ruhe, nur Deodata wachte noch und setzte ihr Gebet fort. Auf einmal fühlte sie sich von jemanden am Arm ergriffen. Sie erschrak nicht darüber, sondern rief vertrauensvoll die allerheiligsten Namen Jesus und Maria an, und sprach mutig: „Wer immer du seiest, ein böser Geist oder von Gott geschickt, ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, mich nicht zu belästigen, denn ich bin dem Dienst Gottes und seiner heiligen Mutter ergeben.“ Darauf vernahm sie deutlich die Worte: „Fürchte dich nicht, Deodata, ich bin von Gott zu dir geschickt, damit ich dir Nachricht gebe von der Handschrift, die du suchst: sie befindet sich verschlossen in einem Trühlein bei Lorenz Pralboini, Hauptmann der hiesigen Miliz.“ Während dieses Gesprächs erwachten die beiden Mägde und die Schwester Cäcilia, erschraken heftig und konnten nur durch die Trostworte Deodatas beruhigt werden. Tags darauf erfuhr der Hausherr von den Dienstmägden die nächtliche Erscheinung und ihren Zweck. Alsbald ließ er bei Pralboini nachforschen, fand die erwünschte Handschrift und übergab sie den Schwestern. Von nun an hatte es keine Mühe mehr, die Ölstiftung für das Kloster zu Bagolino von den Erben zu beziehen. Die auf so wunderbare Weise gefundene Schrift wurde sorgfältig im Kloster aufbewahrt, nicht nur als notwendiges Berechtigungszeugnis, sondern auch zum dankbaren Gedächtnis der Fürsorge der heiligen Gottesmutter für Deodata und ihre übrigen frommen Dienerinnen.