Der heilige Eucherius wurde zu Orleans von adeligen, reichen und frommen Eltern geboren. Als seine Mutter mit ihm in der Hoffnung ging, opferte sie ihn täglich dem Herrn, der ihr Gebet zu ihrem Trost erhörte. Denn Eucherius folgte von Kindheit an mehr den Eindrücken und Bewegungen der göttlichen Gnade, als den natürlichen Neigungen zum Bösen, und machte als aufblühender Jüngling in der Tugend und in den Wissenschaften große Fortschritte. Sein inniges Bestreben nach wahrer Weisheit und Erkenntnis Gottes können wir schon daraus abnehmen, dass er täglich zum Trost seines Herzens in der Heiligen Schrift, besonders in den Briefen des heiligen Apostels Paulus, las.
Als er in den Briefen einmal die Stelle beherzigte: „Die Zeit ist kurz; daher bleibt nichts übrig, als dass die, die Frauen haben, sind, als hätten sie keine, und die da weinen, als weinten sie nicht, und die da kaufen, als besäßen sie nichts, und die diese Welt genießen, als würden sie sie nicht genießen; denn die Gestalt dieser Welt vergeht“, 1. Korinther 7,29-31; so machten diese letzten Worte einen so tiefen Eindruck auf sein Herz, dass sie für seine Standeswahl entschieden. Er sah im Licht der Gnade in ihrer Riesengröße die Ewigkeit, und in ihrer ganzen Nichtigkeit die Torheit der Welt, und begab sich daher in das Kloster zu Jumieges in der Normandie.
Hier gelangte er bald zu so großer Vollkommenheit, dass er nach dem Tod des Bischofs zu Orleans, der seines Vaters Bruder war, im Jahr 721 gegen seinen Willen einstimmig zu dessen Nachfolger erwählt wurde. Er empfing die bischöfliche Weihe unter vielen Tränen, als man die Bestätigung dieser Wahl von dem damaligen Reichsverwalter, Karl Martel, erhalten hatte.
Als Bischof war er die Zuflucht der Betrübten, ein Vater der Armen, für die er den größten Teil seiner bischöflichen Einkünfte verwendete, und ein ermunterndes Vorbild für alle. Die Geistlichen hielt er zu einem geistlichen Leben an, und den Weltlichen predigte er das Evangelium, ohne auf das Ansehen der Person Rücksicht zu nehmen. Als Karl Martel, um die Kriegskosten bestreiten zu können, die geistlichen Güter angriff, verwies er ihm mit Ehrfurcht und Würde dieses Benehmen. Durch diese Freimütigkeit zog er sich aber den Hass dieses Fürsten so sehr zu, dass er auf Betreiben seiner Feinde mit seinen Verwandten zuerst nach Köln, und hierauf, weil man ihm die Liebe der dortigen Einwohner missgönnte, nach Lüttich verbannt wurde. Eucherius, der schon lange das Himmelreich als sein eigentliches Vaterland angesehen hatte, ertrug freudig diese Schmach um Jesu willen.
Der Herzog Robert, dessen Verwahrung er anvertraut wurde, schätzte ihn aber sehr hoch, machte ihn zu seinem Almosenpfleger, und erlaubte ihm, sich in das Kloster von St. Tron zu begeben. Hier lebte er unter frommen Übungen allein für Gott, und starb mit freudigem Angesicht den 20. Februar im Jahr 743, 6 Jahre nach seiner Ausweisung. Während dieser Zeit hörte man niemals von ihm die geringste Klage weder über Karl Martel, noch über seine übrigen Feinde, so sehr sie ihn auch verleumdeten und lästerten.