Heute noch könnte einem die Galle überlaufen, wenn man daran denkt, mit welchen Verleumdungen und üblen Nachreden die ersten Christen überschüttet wurden. Abtrünnige und Ungläubige wurden sie von den Heiden genannt. Man warf ihnen vor, dass sie beim Gottesdienst Kinder töteten, ihr Fleisch aßen und das Blut tranken. Die neue Religion sei ein staatsgefährdender Aberglaube. Zauberer seien die Christen, Feinde der Götter, des Kaisers, der Gesetze und der guten Sitten. Regnete es längere Zeit einmal nicht, so waren die Christen daran schuld, und regnete es ein anderes Mal zu lange, so waren sie es wieder, die das Unheil veranlasst hatten. Kurzum, man ließ kein gutes Haar an den Christgläubigen, sie waren der Kinderschreck und das heimliche Grauen aller ängstlichen Gemüter, und dass man ihnen auch noch in die Schuhe schob, sie predigten und verbreiteten den Hass, setzt allen Gräuelmärchen herrlich die Krone auf. Trotzdem nahm die Zahl der Gläubigen von Tag zu Tag zu.
Dieser Zulauf mag den heiligen Evarist, dessen Gedächtnis wir heute begehen und der als fünfter Papst in den Jahren 100-109 die Kirche leitete, veranlasst haben, die römische Christengemeinde in sieben Bezirke oder, wie wir heute sagen, in sieben Pfarreien aufzuteilen mit eigenen Pfarrgeistlichen, die für den Gottesdienst zu sorgen hatten und die heiligen Sakramente spenden sollten. Evarist schärfte ferner den Gläubigen erneut die von den Aposteln her bestehende Vorschrift ein, dass Brautleute die Ehe vor Zeugen vor einem Priester müssen einsegnen lassen. Von solch ehrwürdigem Alter ist also auch dieser Brauch in unserer heiligen Kirche.
Während der dritten römischen Christenverfolgung unter Kaiser Trajan erlitt Papst Evarist den Martertod für den König Christus und wurde unter dem heutigen Datum auf dem Vatikanhügel in der Nähe des Petrusgrabes beigesetzt. „Selig der Mann“, so sagt die Epistel heute, „der in der Prüfung standhält.“
Es ist also leider nicht viel, was uns die Geschichte vom Tagesheiligen zu berichten weiß. Schließlich hatte man damals in den harten Zeiten der Verfolgung auch anderes zu tun, als alles genau aufzuschreiben, was geschah. Eins aber wollen wir dem Papst Evarist nicht vergessen, denn er war es, der uns jenen Namen gab, der zu allen Zeiten und vielfach heute noch als das größte Schimpfwort gilt, das man uns wie Dreck nachwirft und dabei meint, man hätte uns eine Unehre angetan, aber was man uns mit dem Wort wirklich antut, ist gerade das Gegenteil, denn nichts kann uns mehr ehren als das Wort „Katholik“, und diesen Ehrennamen hat uns als erster Papst Evarist gegeben. Dafür sei ihm wahrhaftig Dank gesagt.
Es gibt keinen anderen Namen, der besser für uns passt, als eben der Name Katholik, denn unsere Kirche ist katholisch, das heißt auf Deutsch allgemein und allumfassend, sowohl in der Zeit wie im Raum.
Allumfassend ist die katholische Kirche in der Zeit, denn seit dem Augenblick, da Christus die Kirche stiftete, war bis heute kein Tag und wird es bis ans Ende der Welt keinen geben, an dem es keine Katholiken gab oder geben wird. Nenne mir eine Kirche, die älter ist als die katholische Kirche. Du findest keine, denn alle anderen Bekenntnisse, die sich christlich nennen, datieren von gestern und vorgestern. Im Anfang war die katholische Kirche, und sie allein.
Allumfassend ist die katholische Kirche ferner dem Raum nach. Siehe da, das Senfkörnlein! Es ist das kleinste unter allen Samenkörnern. Wenn es aber erwachsen ist, wird es zu einem Baum, in dessen Zweigen die Vögel des Himmels wohnen. Das Kind in der Krippe – bald ist wieder Weihnachten – war das Senfkörnlein, das bis in unsere Zeit über die ganze Welt hinausgewachsen ist von Pol zu Pol und rund um die Erde mit vielhundert Millionen Gläubigen.
Unsere Kirche ist also katholisch, und man kann uns keine größere Ehre antun, als dass man uns Katholiken nennt. Man muss dem lieben Gott täglich auf den Knien dafür danken, dass er uns im Gegensatz zu den Irrgläubigen und Heiden den wahren katholischen Glauben als kostbarstes Gnadengeschenk bereits in die Wiege gelegt hat.