Symbolbild Allerheiligen
Der ehrwürdige Bruder Franz Camacho, Profess vom Orden der Barmherzigen Brüder des heiligen Johannes von Gott, wurde im Jahr 1629 zu Xeres in Spanien geboren als Sohn der frommen Bauerneheleute Lazarus Rodriguez Camacho und Maria de Vives. Am 21. Mai erhielt er die heilige Taufe in der Pfarrkirche des heiligen Dionysius. Es ist das die Kirche, in der der Leib des seligen Johannes Grande aus Carmona von 1841 bis 1. Juli 1928 ruhte, der als Barmherziger Bruder am 3. Juni 1630 als letztes Opfer der Pest in Xeres eines heiligen Todes starb. Am genannten Tag erfolgte dessen feierliche Übertragung in die Kirche des Sanatoriums der Barmherzigen Brüder.
Als Knabe sehen wir Franz auf dem Gut seiner Eltern mit landwirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt. In seinem sechzehnten und siebzehnten Jahr aber ist er schon beim Militär und erwirbt sich beim Einsatz der von den Franzosen eingeschlossenen Festung Lerida den Ruhm eines tapferen Soldaten. Von Wanderlust erfasst, zieht Franz von da nach Cartagena, Gibraltar und Cadix und besteigt als Sergeant ein Schiff, um nach Amerika zu fahren.
In Neu-Cartagena krank angekommen, fand er Heilung im Spital der Barmherzigen Brüder. Zunächst ging dann die Wanderung nach Neu-Granada, ins heutige Colombia, in die Provinz Quito und dann nach Lima, das damals die Hauptstadt des großen spanischen Reiches in Südamerika war. Er wurde Gutsverwalter in Capacobona bei Lima. Zunächst hielt er sich nur drei Jahre in dieser Stellung, da er sich bei seinem geraden, offenen Charakter nicht recht in die Leitung von Schwarzen hineinfinden konnte. Aber nach einer mehrjährigen Wanderung durch verschiedene Provinzen Südamerikas kehrte er schließlich doch wieder in die Hauptstadt Lima und seine frühere Stelle als Verwalter nach Capacobona zurück.
In Lima predigte damals jeden Sonntag abends der ehrwürdige Pater Franz Castillo, der Apostel Limas, eine Zierde und Leuchte der Gesellschaft Jesu. Als Franz Camacho den seeleneifrigen Prediger und heiligmäßigen Religiosen einige Male gehört hatte, war er auch schon von der Macht der göttlichen Gnade berührt, so dass er unter einem Strom von Tränen seine Sünden beweinte. Sein Entschluss stand fest, jetzt sein Leben zu ändern. Bisher hatte er ja, von der Freiheit des Soldatenlebens verleitet, sein Seelenheil arg vernachlässigt. Damit er sein Gewissen in rechter Ruhe ordnen könne, empfahl ihm Pater Castillo, geistliche Exerzitien zu machen. Diese gab ihm Pater Josef Ortiz, ein berühmter Geistesmann aus der Gesellschaft Jesu. Pater Castillo aber besuchte während der Tage seiner Zurückgezogenheit fleißig seinen durch seine Predigten bekehrten Sohn. Er hörte auch seine Generalbeichte und bestärkte ihn im Dienst und in der Liebe Jesu Christi.
Entschlossen, sich ganz dem Dienst Gottes zu weihen, legte Franz seine Verwalterstelle, seinen Degen und alle anderen Zeichen weltlicher Eitelkeit nieder und trat im Jahr 1663 unter ganz auffallenden, ja wunderbaren Zeichen einer besonders gnädigen Führung Gottes im Orden der Barmherzigen Brüder zu Lima als Novize ein. Im folgenden Jahr, am Fest des heiligen Franziskus, legte er die heiligen Ordensgelübde ab.
Wie im Noviziat, beobachtete Franz Camacho durch sein ganzes Ordensleben die heilige Ordensregel mit größter Gewissenhaftigkeit und leuchtete durch seine bewunderungswürdige Übung aller Tugenden der ganzen Klostergemeinde als Beispiel vor. Mit glühender Andacht empfing er täglich die Sakramente der Buße und des Altars. Auf den Knien liegend vollbrachte er fast die ganze Nacht mit der Betrachtung himmlischer Dinge und schlief, auf die Erde hingestreckt, nur ganz kurze Zeit. Das Fasten übte er nahezu bis zur gänzlichen Enthaltung von Speisen und Getränken. Durch zwanzig Jahre nahm er täglich nur ein Stück Brot zu sich, das er mit Essig und Öl begossen hatte. Öfter als einmal täglich geißelte er sich bis aufs Blut. Aus Liebe zur Demut unterzog er sich fünfunddreißig Jahre lang bis zu seinem Tod dem schweren Amt, von Ort zu Ort Almosen zu sammeln, um durch diesen Akt reicher Bruderliebe recht vielen Armen und Kranken helfen zu können.
Durch ein so herrliches Beispiel christlicher Vollkommenheit und durch viele Wunder und andere himmlische Gaben erwarb sich der ehrwürdige Bruder bald den öffentlichen Ruf der Heiligkeit. Darm waren seine Almosensammlungen auch so gesegnet, dass er sehr große Summen zusammenbrachte, mit denen er mit Zustimmung seiner Obern ein großes Spital mit Kirche erbaute, letztere sogar zweimal, da sie infolge Erdbebens wiederholt schweren Schaden gelitten hatte. Nach mehr als hundertjährigem Bestand wetteiferte das vom ehrwürdigen Bruder Franz Camacho erbaute Hospital noch durch seine herrliche Symmetrie und Pracht mit den berühmtesten Spitälern Europas. Es wurde nur „das immerwährende Wunder“ genannt. Obwohl dessen Bau und Einrichtung viel Geld verschlang, so konnte Bruder Franz im Einverständnis mit seinen Obern bisweilen noch größere Spenden für andere fromme Zwecke machen. So erhielt z.B. die Pflegeanstalt der Nazarenerinnen durch ihn allein 12.000 Goldstücke und die infolge des Erdbebens verarmten Dominikaner erhielten zwei Jahre lang so reiche Unterstützung durch den Ehrwürdigen, dass sie ihre Besitzungen wieder aufrichten und ihre Einkünfte wieder verbessern konnten.
Noch viel höher anzuschlagen als der materielle Nutzen, den dieser ehrwürdige Bruder seiner Klostergemeinde brachte, ist der geistige Nutzen, den er ihr durch sein Tugendbeispiel und seine erbaulichen Reden verschaffte. Er spornte seine Mitbrüder an, die angeborenen Leidenschaften zu besiegen und sagte gewöhnlich: „Wer immer in den Orden eingetreten ist, um zu dienen, um zu leiden, um zu schweigen, denn die Religiosen haben keinen eigenen Willen und müssen sich wie Lasttiere unterwerfen und das Joch und die Last der Arbeit tragen.“
Dem Arbeitsjoch eines einfachen Bruders wollte Bruder Franz auch selber bis zu seinem Tod unterworfen bleiben. Als die Klostergemeinde ihn einstimmig zum Prior erkoren hatte, wusste er durch demütiges Bitten Würde und Bürde dieses Amtes von sich abzuwenden und seine Stellung als Untergebener sich fernerhin zu sichern durch Erlangung eines Patentes vom hochwürdigsten Pater General und später auch vom apostolischen Stuhl mit dem Privileg der Enthebung von jeder obrigkeitlichen Würde und jeder aktiven und passiven Stimme.
Infolge der aufreibenden Liebestätigkeit im Dienst der Kranken und der dauernd strengen Lebensweise ganz abgezehrt, legte sich Bruder Franz, von der Wassersucht befallen, krank nieder, empfing mit glühender Andacht die heiligen Sterbesakramente und übergab am Tag vor der Weihnachtsvigil im Jahr 1698 ganz ruhig Gott seinen Geist mit einem innigen Kuss auf das Bild des Gekreuzigten.
Gleich nach seinem Hinscheiden lief eine solche Menge Volkes zusammen, dass viele stundenlang warten mussten, um durch das Gedränge zur Bahre zu gelangen. Wegen dieses allzu großen Andranges entschlossen sich die Obern, seine Beerdigung schon am folgenden Morgen zu begehen. Die Exequien wurden feierlich gehalten vom Dekan und Kapitel der Kathedralkirche von Lima und ließen es sich diese Herren nicht nehmen, sich selbst an die Totenbahre zu stellen und den Toten auf ihren Schultern zu tragen. Sofort nach seinem Tod begann auch schon der ordnungsmäßige Prozess über seine Tugenden und Wunder. Von der Landeshauptstadt aus verbreitete sich der Ruhm des verstorbenen Bruders über das ganze Reich. Überall sprach man von dem heiligen Mann und verlangte von ihm Reliquien. Er wurde gleich allgemein als Patron von Lima angesehen und in allen Nöten als mächtiger Fürsprecher angerufen, denn immer mehr verbreitete sich auch der Ruf über die vielen auf seine Anrufung hin von Gott gewirkte Wunder.
Das von ihm erbaute herrliche Spital steht nicht mehr. Über den ehrwürdigen Ort, wo Bruder Franz mitten unter seinen lieben Kranken sich heiligte und an dem er auch unter dem Kreuzaltar des Krankensaales bis zum 1. Februar 1830 ruhen durfte, rast jetzt die Eisenbahn hinweg.
Seine verehrungswürdigen Reliquien ruhen im Oratorium der Dominikaner-Rekollektinnen unter dem Schutzengel-Altar. Sein Name aber steht seit 1. Januar 1881 im Verzeichnis jener Heldenchristen, die die göttlichen und sittlichen Tugenden in heroischem Grad geübt haben. Möge dem ehrwürdigen Bruder mit der Ehre des Altares auch bald die Ehre zuteilwerden, neben der heiligen Rosa von Lima, in deren Vaterstadt er sich geheiligt und in deren Nähe er ruht, ein neuer Schutzheiliger der amerikanischen katholischen Christenheit und seines Ordens zu werden!
„Es schickt sich nicht, dass man nur einen Augenblick im Müßiggang zubringt. Wenn ich Ihnen sagen würde: „Morgen müssen Sie sterben,“ welchen Fleiß würden Sie anwenden, um Gott zu gefallen und Verzeihung Ihrer Sünden zu erlangen? Geben Sie sich also Rechenschaft und zwar so, als ob sie diese Ankündigung schon wirklich erhalten hätten, und behalten Sie stets den Grundsatz im Auge, dass wir heute noch sind, aber morgen nicht mehr.“ (Franz Camacho)
Basilika San Pedro in Lima