Seliger Friedrich Ozanam, Gründer der Vinzenzkonferenzen, + 8.9.1853 – Gedenktag: 8. September

 

Friedrich Ozanam, dessen Name heute noch wie ein glänzender Stern in die Nacht menschlicher Not hineinleuchtet und der dazu ein Mann der Neuzeit ist, starb an Mariä Geburt des Jahres 1853 vierzigjährig und wurde am 22. August 1997 in der Kathedrale Notre Dame in Paris beim Weltjugendtag seliggesprochen durch Papst Johannes Paul II.

 

Bei Friedrich Ozanam trifft das Sprichwort zu, dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt. Welch prächtige Menschen waren doch Ozanams Eltern! Der Vater, ein vielseitiger und wendiger Mann, Offizier im Heer Napoleons, wurde, als des Korsen Stern unterging, Kaufmann, machte Pleite und betätigte sich dann in Lyon als Arzt, der hinter den Armen herlief und anstatt Rechnungen Nahrungsmittel, Wäsche, Bettzeug und Möbel ins Haus trug. Von gleichem Schlag war Ozanams Mutter, die den Notleidenden Bett und Zimmer besorgte, für sie kochte, wusch und flickte und nächtelang an den Krankenbetten wachte, und als beide, Vater und Mutter, schon betagt und brüchig waren und untereinander abgemacht hatten, bei den Krankenbesuchen wegen ihrer Atemnot nie mehr höher als ins vierte Stockwerk eines Hauses zu steigen, trafen sie sich genau am folgenden Tag in einem sechsten Stockwerk, wo sie unabhängig voneinander in einer Familie Gutes tun wollten. Solch prächtige Menschen waren Ozanams Eltern. Der Lohn ihres Wohltuns aber war ein Sohn, der durch seine Nächstenliebe ihren Namen unsterblich gemacht hat.

 

In der Jugendzeit hatte Friedrich Ozanam für den Dienst an den Armen allerdings wenig Verständnis und noch viel weniger Zeit, denn mit Leib und Seele zog es ihn zu den Büchern hin. Er studierte stets sieben Sachen zugleich. Mit vierzehn Jahren verfasste er ein langes Gedicht über die Zerstörung Jerusalems nicht in der Muttersprache, sondern lateinisch. Mit sechzehn Jahren schrieb er in Zeitungen und mit siebzehn gab er das erste Büchlein heraus, und katholisch war er in allem, im Denken, Reden und Tun.

 

Das schließt jedoch keineswegs aus, dass auch dieser glaubensstarke katholische junge Mann als Achtzehnjähriger zu der Zeit, da er in Paris die Hochschule besuchte, unter Glaubenszweifeln zu leiden hatte. Da tat er das, was in einer solchen Lage einzig richtig ist, er studierte die Glaubenswahrheiten von Grund auf und ließ sich von geschulten Priestern belehren, und als er eines Tages in der Dämmerung zu einem Gebet eine Kirche betrat, bemerkte er vor sich in einem Winkel nahe dem Allerheiligsten einen ehrwürdigen Greis, der mit tiefer Andacht den Rosenkranz betete. Es war aber der stille Beter Ozanams Hochschullehrer Ampère, ein großer Denker und Forscher, und im gleichen Augenblick war auch der junge Zweifler von allen Zweifeln befreit; er nahm ebenfalls den Rosenkranz zur Hand, und nie mehr hatte er Zweifel gespürt.

 

Wenn einer der gefeierten und gefürchteten Hochschullehrer Friedrich Ozanams es sich einfallen ließ, im Unterricht die Religion anzugreifen oder lächerlich zu machen, musste er damit rechnen, dass Ozanam und nach seinem Vorbild bald auch andere Studenten Stellung gegen ihn nahmen, ihn widerlegten und ihn zwangen, die abträglichen Äußerungen gegen die Religion zu widerrufen. Solch ein prächtiger Katholik war der junge Ozanam. Vieles andere wäre hier noch zu berichten, aber es wird Zeit, den Caritasjünger Ozanam ins Licht zu rücken.

 

Eines Tages fiel wie ein Blitz in Ozanams Herz das Heilandswort von den zwei Röcken. Da ging dem jungen Mann ein neues Licht auf. Was nützten alle klugen Reden, was nützten alle Gelehrsamkeit und alle Überzeugung, wenn zum christlichen Denken nicht auch christliches Tun hinzutritt? In jener Stunde, da solche Gedanken den edlen Mann, der es mittlerweile zum Hochschullehrer gebracht hatte, bestürmten, kam der Geist der edlen Eltern über den Sohn, der nun nach ihrem Vorbild die Armen aufsuchte und ihnen Brot und Brennholz und Lebensmittel und auch Tabak und Kaffee ins Haus schleppte.

 

Bald hatte Ozanam mit seinem praktischen Sinn einen Verein von Gleichgesinnten gegründet, die es wie er machten, und aus diesem Erstlingsverein, Vinzenzkonferenzen genannt, sind heute an die zehntausend andere entstanden in allen Weltteilen, deren Mitglieder als Armenapostel und Caritasjünger unter dem Ehrennamen Vinzenzbrüder Gutes tun so viel, dass man mit der Beschreibung dieser Werke der Wohltätigkeit tausend Bücher und noch viel mehr füllen könnte.