Der heilige Gilbertus wurde im Jahr 1083 aus der berühmten Familie von Gent in der Grafschaft Lincoln in England geboren und erhielt seine wissenschaftliche Bildung in Frankreich, wo er sich durch seinen Fleiß und seine Frömmigkeit unter allen jungen Männern so vorzüglich auszeichnete, dass er nach seiner Rückkehr nach England zum Priester geweiht und von Bischof Alexander in Lincoln als Beichtvater gewählt wurde. Er legte den Grund zu seinem Orden dadurch, dass er arme Jungen und Mädchen in der Gottseligkeit des christlichen Lebens unterrichtete und zur strengsten Enthaltsamkeit von allen irdischen Freuden und Lebensgenüssen anhielt. Im Jahr 1135 erbaute er 2 Männer- und 8 Frauenklöster, in denen er ca. 2000 Personen beiderlei Geschlecht unter seiner Aufsicht hatte und ihnen die strengsten Regeln aus allen damals bekannten Orden vorschrieb. Sie wurden die weißen Canonici des Gilbertus oder der Orden von Sempringham genannt, weil die Klöster auf dem Landgut dieses Namens errichtet waren. Die Ordensmänner und Nonnen führten ein sehr strenges, abgetötetes Leben, das in ununterbrochenem Gebet, Betrachtungen und Handarbeiten bestand. Sie enthielten sich von allen Fleisch- und Fischspeisen, genossen nur Früchte, Kräuter, Wurzeln und Wasser aus hölzernen Gefäßen, hatten Sommer und Winter nur eine Kleidung und schliefen auf dem bloßen Boden oder gewöhnlich sitzend mit dem Rücken an eine hölzerne Wand gelehnt.
Wegen seiner Strenge und Armut wurde dieser Orden und dessen Stifter von Geistlichen und Weltlichen verfolgt und verleumdet, und zwar so, dass Papst Eugenius gezwungen war, dessen Einrichtungen genau prüfen zu lassen, wobei alle Klagen und Beschuldigungen als falsch und erdichtet gefunden wurden und der Orden, als zum Seelenheil dienlich, im Jahr 1136 die kirchliche Bestätigung erhielt. Während eines verheerenden Krieges wurde der Bischof Alexander von seinem Bistum vertrieben, und der heilige Gilbertus und seine Mönche predigten unter den größten Gefahren und Verfolgungen den Gläubigen so unerschrocken das Wort Gottes und linderten die Drangsale des Krieges so unermüdet, dass bei seiner Rückkehr der Bischof aus Dankbarkeit dem heiligen Gilbert das Kloster zur heiligen Maria in Haverholm als Eigentum schenkte und den Orden durch den Papst neuerdings bestätigen ließ. Damals wurde der heilige Thomas, Erzbischof von Canterbury, grausam verfolgt und sogar vom König Heinrich II. aus England verbannt. Lange Zeit hindurch fand dieser unschuldige und fromme Oberhirt in den Klöstern des Gilbert Schutz gegen seine Feinde und als er seines Lebens nicht mehr sicher war und nach Frankreich überschiffte, unterstützte den Verfolgten nur dieser Orden in seiner Armut, weswegen er von dem gottlosen König hart misshandelt wurde.
Der heilige Gilbert starb im hohen Ruf der Heiligkeit am 4. Februar des Jahres 1189 und wurde schon nach dreizehn Jahren wegen der vielen Wunder, die sich bei seinem Grab ereigneten, unter die Zahl der Heiligen gesetzt.