Diese Heilige war aus der Diözese Teronane. Ihre Eltern besaßen neben hoher Abkunft ein bedeutendes Vermögen. Sie wurde ganz religiös und nach Erfordernis ihres Standes erzogen und gebildet, und diese Mühe wurde durch die schönsten Tugenden belohnt. Ihr Vater vermählte sie an einen flamändischen Edelmann, namens Bertulf. Es scheint, diese Wahl sei zu übereilt getroffen, und das gutmütige Herz des Vaters, das nichts vom bösen Geschehen wusste, und andere Menschen ebenso gut beurteilte, wie sich, durch die Verstellung des Brautwerbers betrogen worden.
Bertulf war ein grober und barscher Mensch, ohne Ehrgefühl und Religion. Gegen seine Gemahlin hatte er die größte Abneigung, und übertrug sogar diese Gesinnung auf seine Mutter. Nicht nur wollte er nicht mit ihr unter einem Dach wohnen, sondern ließ sie auch noch gänzlich ohne Hilfe und ohne Trost. Godoleva nützte ihre Einsamkeit zur Übung aller verborgenen Tugenden, ohne jedoch die Pflichten ihres Standes zu vernachlässigen.
Ihr kluges und bescheidenes Benehmen brachte aber nicht die mindeste Sinnesänderung in ihrem Gemahl hervor. Von der Abneigung kam es zum Hass, und dann suchte er alle Mittel auf, die Bande, die ihm unerträglich schienen, zu zerreißen. Er überhäufte seine Gattin mit allen erdenklichen Gemeinheiten, und schämte sich nicht, sie einem Knecht zu übergeben, mit dem Auftrag, ihr alle mögliche Schmach anzutun. Kaum ließ er noch zu, dass man ihr den nötigen Lebensbedarf reichte.
Die Heilige ertrug mit Geduld eine so harte Prüfung und begnügte sich damit, dass sie für die betete, die sie verfolgten. Zuletzt aber kam es so weit, dass ihr Leben gefährdet war. Sie nahm daher heimlich die Flucht und begab sich zu ihrem Vater. Die Sache kam vor den geistlichen Richter, der zugunsten der heiligen Godoleva das Urteil sprach. Bertulf unterwarf sich dem Urteil, weil er den Grafen von Flandern fürchtete. Er nahm daher seine Gemahlin wieder zu sich und versprach, sie in Zukunft besser zu behandeln.
Allein Godoleva wurde nur zu bald gewahr, dass die Versöhnung nicht vom Herzen gegangen war. Die Misshandlungen fingen wieder an. Bertulf fasste sogar den Entschluss, seiner Gemahlin das Leben zu rauben. Zum Vorwand machte er eine Reise, um abwesend zu sein an dem Tag, an dem zwei Frevler seinen schauderhaften Plan in Vollzug zu bringen den Auftrag hatten. Godoleva wurde in der Nacht erdrosselt, worauf man sie wieder in ihr Bett legte und mitteilte, sie sei eines plötzlichen Todes gestorben. Man entdeckte aber ohne Mühe, wer die Hauptursache dieses Frevels war. Dieser Vorfall ereignete sich nach dem gemeinsten Dafürhalten am 6. Juli im Jahr 1070. Die Heiligkeit der Dienerin Gottes wurde durch viele Wunder bestätigt. Man versichert, dass in Folge eines solchen Wunders Bertulf und seine Mutter sich bekehrten, und ihre Missetaten durch aufrichtige Buße sühnten.