Heilige Gorgonia, Schwester des heiligen Gregor von Nazianz, Kappadocien, + 9.12.372 - Fest: 9. Dezember

       

Gorgonia, eine Schwester des heiligen Gregor von Nazianz, wurde wahrscheinlich im Jahr 326 geboren und von ihren heiligen Eltern zur Liebe Gottes erzogen.

 

Schon in der aufblühenden Jugend bewährte sich der Spruch: „Wie der Baum, so die Frucht.“ Obgleich sie eine große Schönheit, einen hellen Verstand und viele weltliche Kenntnisse besaß, so war sie doch nur bedacht, ihre Seele mit Tugenden zu zieren. Den Putz, das Schminken und andere Erfindungen der Eitelkeit, schreibt ihr Bruder Gregor, überließ sie den Schauspielerinnen und anderen leichtfertigen Personen. Sie fürchtete das Ebenbild Gottes zu entehren, wenn sie die Haare gekräuselt oder in Locken gelegt, kostbare fliegende Kleider getragen und sich mit Diamanten und Edelsteinen geschmückt hätte. Sie sah die Kleider nur als Mittel an, unsere Blöße zu bedecken, und als Ursache der Demütigung, weil sie ein Beweis sind vom Fall unserer Stammeltern.

 

Beseelt von der lebendigen Erkenntnis Jesu Christi, gab sie ihre Einsicht und Geschicklichkeit nur daran zu erkennen, wenn es die Liebe forderte, anderen mit Rat, Hilfe und Trost beizustehen. Obwohl sie gleich in der alten und neuen Geschichte wohl bewandert war, so suchte sie doch niemals ein gelehrtes Gespräch zu führen. Auch eitle und unnütze Reden verabscheute sie. Sie sprach nur das Notwendige, oder wollte nur reden und hören, was zu Gott führt. Man konnte es ihrem stillen Sinn ansehen, dass sie in ihrem Herzen unablässig mit Gott sich unterhalte. Sie wachte stets über ihre Blicke, aus Furcht, etwas Gefährliches zu sehen; betrachtete sich als einen Fremdling auf der Erde, sehnte sich nur nach dem Himmel, wo der Geliebte ihrer Seele, ihr Trost und ihre Freude war, und suchte allein Jesus Christus und den Heiligen im Himmel zu gefallen. Das Leben auf Erden sah sie an als eine Vorbereitung und Sichfähigmachung zum Genuss und Umgang der Himmelsbürger. Wer hier keine Freude am Himmlischen hat, wird sie dort schwer erhalten. Es war daher ihre ganze Beschäftigung auf die immer größere Erkenntnis Gottes und die Erfüllung seines Willens gerichtet.

 

Solche Jungfrauen, wie Gorgonia eine war, besitzen allein die erforderlichen Eigenschaften, den heiligen Ehestand auf eine würdige Weise anzutreten, und eine wahrhaft christliche Gattin und Mutter zu werden. Unsere Heilige ist daher auch hierin ein nachahmungswürdiges Beispiel. Sie wurde, nach dem Willen ihrer Eltern, mit einem vornehmen und reichen heidnischen Jüngling, Vitalianus, aus Pisidien vermählt, und gebar ihm drei Töchter. Durch ihren willigen Gehorsam und ihre sanfte Nachgiebigkeit in allem, was ihr Gewissen nicht verletzte, lebte sie mit ihm in stätem Frieden, und gewann ihn auch bald für Jesus Christus. Ihre Kinder erzog sie von dem zartesten Alter an zur Liebe Gottes, mehr durch ihr Beispiel als durch Worte. Ihr Haus war stets, mit Einwilligung ihres Mannes, ein Zufluchtsort der Armen, Witwen und Waisen. Fromme Christen empfing sie mit besonderer Freude und verschaffte ihnen jede Bequemlichkeit. Übrigens übte sie gegenüber jedem Fremden Gastfreundschaft und zeigte Mitleid zu allen Leidenden. Ihr Gemüt war aber so fest mit Gott vereinigt, dass weder fremde, noch eigene Leiden ihre ruhige Gleichmütigkeit zu stören vermochten.

 

Bei all diesen Werken der Liebe sah sie nur auf das Wohlgefallen Gottes. Sie wollte keinen anderen Lohn, als den Jesus denen verheißen hat, die sich mit ihren zeitlichen Gütern Schätze für den Himmel sammeln. Ihre linke Hand durfte nicht wissen, was ihre rechte gab. Für ihre Kinder glaubte sie besser zu sorgen, wenn sie einen großen Teil des vergänglichen Reichtums mit dem ewigen vertauschen würde. – Bei ihrer großen Wohltätigkeit führte sie ein strenges Leben. Sie ließ sich, setzt der heilige Gregor hinzu, von dem unseligen Wahn nicht täuschen, als könne man durch Mitleid gegenüber den Armen die Schuld eines sinnlichen Lebens auslöschen. Sie fastete streng, brachte ganze Nächte im Gebet, auf der Erde liegend, zu, sang die Psalmen und las die Heilige Schrift auf den Knien. Nichts vermochte sie in diesen heiligen Übungen zu stören, so fest war dabei ihr Herz durch die Liebe mit Gott vereinigt. Sie liebte einsame dunkle Zimmer, die der Gemütssammlung und der Andacht förderlicher sind, und vermied möglichst weltliche Gesellschaften, die ihr beschwerlich fielen. Ihr Verlangen nach der Gesellschaft der Auserwählten im Himmel wuchs mit jedem Jahr, bis sie endlich in dieselbe aufgenommen wurde.

 

Sie bereitete sich zum Tod, wie zu einem Fest vor, und gab, im Beisein ihrer Mutter, der heiligen Nonna, ihres Gemahls, ihrer Kinder und ihres Beichtvaters, der ein Bischof war, ihren Geist auf, mit den Worten: „Ich will im Frieden einschlafen und ruhen“, um das Jahr 371.