Gregor X. stammte aus einem angesehenen Haus von Piacenza und empfing in der Taufe den Namen Theobald. Man bemerkte an ihm von früher Jugend an eine nicht gewöhnliche Tugend und einen außerordentlichen Fleiß bei Erlernung der Wissenschaften. Von allem erwarb er sich eine vollkommene Kenntnis des kanonischen Rechts, das er anfangs in Italien, dann zu Paris und Lüttich studierte. Er war Archidiakon der Kirche von Lüttich, als ihn der Papst, der seine großen Verdienste kannte, den Auftrag erteilte, einen Kreuzzug zur Befreiung des Heiligen Landes zu predigen. Er erfüllte dieses Amt nach dem Wunsch des Oberhirten, aber es kostete ihn unendliche Anstrengung, weil er das Feuer der Zwietracht zuerst ersticken musste, das die christlichen Fürsten selbst trennte.
Der Tod des heiligen Ludwig, der sich 1270 ereignete, hatte für die Christen des Orients sehr verderbliche Folgen. Ihr Mut erlosch und die Vorteile, die der Prinz von Wallis und Eduard I., der König von England, erfochten hatten, vermochten nicht, ihre Lage zu ändern. Gregor, gerührt über ihre Leiden, entschloss sich, eine Reise in das Heilige Land zu machen, um sie zu trösten und zugleich sein heiliges Verlangen durch besuchen der Orte, die durch die Erfüllung unserer Religionsgeheimnisse geheiligt sind, zu befriedigen. In Palästina erfuhr er aber, dass er zum Nachfolger des Papstes Clemens IV. erwählt worden sei. Schon beinahe drei Jahre war der Heilige Stuhl unbesetzt, weil die zu Viterbo versammelten Kardinäle sich über die Wahl eines Papstes nicht einigen konnten. Da sie schließlich sahen, dass auf diese Weise die Sache nicht zu Ende gehen würde, übertrugen sie das ganze Geschäft sechs Kardinälen, die sich einmütig am 1. September 1271 in der Wahl unseres Heiligen vereinigten. Der neue Papst reiste nach Italien zurück, nachdem er auf die rührendste Weise von den Christen in Palästina Abschied genommen und ihnen versprochen hatte, dass er sich ihrer erinnern werde. Er langte im März zu Rom an, nahm am 27. desselben Monats 1272 feierlich Besitz vom Apostolischen Stuhl und legte sich den Namen Gregor X. zu. (Er war der erste, der Verordnete, dass nach dem Tod eines Papstes, die Kardinäle in ein Konklave – ein geheimes Wahlzimmer – sollten eingeschlossen werden, und nicht eher herauskommen dürften, bis sie einen Oberhirten gewählt hätten, damit der Apostolische Stuhl nicht mehr so lange, wie nach dem Tod seines Vorgängers, unbesetzt bliebe.)
Das erste, woran er nun dachte, war, ein Allgemeines Konzil zusammen zu berufen. Drei Hauptgründe bewogen ihn hierzu. Die Spaltung der Griechen, die schlimme Lage der Christenheit im Morgenland und die Laster und Irrtümer, die die Kirche verunstalten. Das Konzil wurde zu Lyon im Mai des Jahres 1274 eröffnet. 500 Bischöfe und 70 Äbte fanden sich dabei ein. Bei der vierten Sitzung ließ man die Abgeordneten des Hofes von Konstantinopel eintreten. Und einer von ihnen schwur öffentlich, im Namen des Kaisers Michael Paläologus, der Spaltung ab. Es wurde dann noch eine fünfte Sitzung gehalten, mit der dieses Konzil, das zweite allgemeine von Lyon, am 17. Juli endete.
Obgleich dieser heilige Papst mit Geschäften überhäuft war, unterließ er doch nicht, die verschiedenen Pflichten der christlichen Frömmigkeit genau zu erfüllen. Er sprach wenig und unterhielt sich allzeit in seinem Herzen mit Gott, führte ein strenges Leben, ein Leben der Buße, und nährte seine Seele durch die Betrachtung des göttlichen Wortes worin er seine höchste Wonne fand. Von Arbeiten erschöpft, wurde er bei seiner Rückreise über die Alpen krank und starb zu Arezzo am 10. Januar 1276, drei Jahre und zehn Monate nach seiner Erhöhung.
Schwarzer Rauch beim Konklave