Einer der heiligsten und seeleneifrigsten Bischöfe seiner Zeit war der selige Hartmann, Bischof von Brixen in Tirol. Zu Polling bei Weilheim von armen, aber frommen Eltern geboren, genoss er im St. Nikolauskloster eine vortreffliche Erziehung und nahm von Tag zu Tag an Gottesfurcht und Weisheit zu. Sein sehnlichster Wunsch, Gott ungeteilt im Orden dienen zu dürfen, wurde erfüllt und er zeichnete sich vor allen seinen Ordensbrüdern durch Abtötung, Selbstverleugnung, religiösen Eifer und Heiligkeit so vorteilhaft aus, dass ihm Erzbischof Konrad von Salzburg die Leitung seines neuerrichteten Klosters der regulären Chorherrn übertrug und ihn später unter den größten Lobeserhebungen als Propst nach Herren-Chiemsee sandte. Auf das dringende Begehren des heiligen Markgrafen Leopold von Österreich begab er sich eine Zeit lang nach Kloster-Neuburg bei Wien und erweckte überall durch seine Demut und Frömmigkeit unter seinen Mitbrüdern das Streben nach Vollkommenheit. Gott begnadigte seinen treuen Diener mit der Wundergabe, die nicht wenig zu seinem Ansehen beitrug. Nach dem Tod des heiligen Markgrafen Leopold empfahl ihn Papst Innocenz II. in einem eigenhändigen Sendschreiben der Markgräfin und ihren Söhnen, „sie sollte ihn in allem ehren und ihm allwärts an die Hand gehen.“
Einst sprang er bei einer geistlichen Lesung plötzlich auf und rief schleunigst seine Leute aus dem Nebengebäude. Kaum waren sie alle herausgekommen, so stürzte das Gebäude zusammen und hätte sie unfehlbar verschüttet, wenn nicht der Mann Gottes rechtzeitig gewarnt hätte. Ein anderes Mal rettete er gefährdete Schiffsleute auf der Donau vom sicheren Tod.
Nach dem Tod des Bischofs von Brixen wurde der seeleneifrige Mönch Hartmann von der Geistlichkeit und dem Volk einstimmig zu seinem Nachfolger erwählt (1142). Die Demut des heiligen Mannes sträubte sich gegen eine solche Würde und Bürde des bischöflichen Amtes an und wurde unter dem Jubel des Volkes feierlich konsekriert. Die Erwartungen der christlichen Herde wurden weit überboten. Es ist kaum zu sagen, wieviel Gutes er getan, welche Wunder er gewirkt, wie streng er gefastet, wie heilig er gelebt, wie freimütig und entschieden er die Rechte der Kirche verteidigt hat. Unter Beihilfe eines kinderlosen Edelmannes, namens Reinbert, errichtete er ein Chorherrnstift bei Brixen. Auf der Reichsversammlung zu Regensburg im Jahr 1156 half er dem Kaiser den langwierigen Streit zwischen Herzog Heinrich Jasomirgott und Heinrich dem Löwen über das Herzogtum Bayern schlichten.
Das einfache, abgetötete Leben Hartmanns erregte allgemeine Bewunderung. Nur einmal am Tag genoss er eine kärgliche Nahrung, trug auf dem Leib ein härenes Kleid, geißelte sich oft bis aufs Blut, hielt strenges Stillschweigen und verwendete den größten Teil der Nacht zum Beten und Betrachten. Täglich beichtete er mit inniger Reue und unter vielen Tränen nicht allein seine eigenen kleinen Sünden, sondern er nahm auch die Sünden anderer auf sich und ließ sich für sie von seinem Kaplan blutig geißeln. Er pflegte zu sagen: „Je höher wir gestellt sind, desto bußfertiger und demütiger müssen wir uns betragen.“
Als Kaiser Friedrich Barbarossa den rechtmäßigen Papst anfeindete, sich mit dem Gedanken einer deutschen Nationalkirche beschäftigte und Zwiespalt unter den Kirchenfürsten stiftete, schloss sich Hartmann mit dem Erzbischof von Salzburg umso inniger dem päpstlichen Stuhl an und verteidigte entschieden die Rechte der Kirche, unbekümmert um den Zorn des Kaisers. Musste er für seine Pflichttreue manche Bitterkeiten verkosten, so lohnte ihm Gott mit inniger Zufriedenheit, mit der Gabe, in den Herzen der Menschen zu lesen und mit vielen und großen Wundern. Eine mit Geschwüren bedeckte Frau trank ein wenig von dem Wasser, mit dem der Bischof die Hände wusch, und sogleich wurde sie von allen Geschwüren geheilt. In allen Nöten kamen die Bedrängten von nah und fern und erhielten durch das Gebet und den Segensspruch des heiligen Bischofs Hilfe. Sein Ruhm stieg von Tag zu Tag mit seiner Demut und Heiligkeit.
Bei Gelegenheit eines Leichenbegängnisses sagte er seinen Tod voraus: „In acht Tagen ist die Reihe an mir.“ Mit tiefster Zerknirschung beichtete er zwei Tage vor Weihnachten noch einmal alle seine kleinen Vergehen und feierte das heilige Messopfer. Danach nahm er auf den Rat der Ärzte wegen eines Ausschlages am ganzen Körper ein Bad. Schon nach wenigen Augenblicken wurde er darin tot aufgefunden, das Haupt über dem Wasser auf die Hand gestützt, in himmlischer Verklärung, mit freundlichem Aussehen.
Mitten im Dom zu Brixen ruhen seine sterblichen Überreste. Wie im Leben bezeugte der heilige Hartmann auch nach seinem Tod seine Heiligkeit durch zahlreiche Wunder, und wird deshalb in Tirol, in Österreich und Bayern gern verehrt und angerufen.