Der selige Heinrich wurde in Bozen in Tirol geboren. Weil seine Eltern sehr arm waren, erhielt er keine wissenschaftliche Bildung; er lernte aber von seiner Kindheit an Gott täglich mehr lieben, und das ist die nützlichste unter allen Künsten, ist die Wissenschaft der Heiligen. In seiner Vaterstadt konnte er sich seinen Lebensunterhalt nicht verdienen. Er kam also nach Treviso und lebte da als Taglöhner. Er versuchte in diesem harten Stand sich durch Bußübungen, Gebet und geistliche Betrachtungen zu heiligen. Weil er nicht lesen konnte, versuchte er so oft wie möglich den Christenlehren und den Predigten beizuwohnen. Alle Sonn- und Feiertage ging er in die Kirche zu den pfarrlichen Gottesdiensten und besuchte voller Andacht täglich die heilige Messe. Während seiner Arbeit vereinigte er sein Herz mit den glücklichen Menschen, die in einem ganz Gott geheiligten Stand dem Herrn beständig Lob singen konnten.
Seine Lebensweise war sehr bußfertig und streng. Was er von seinem kargen Verdienst noch sparen konnte, verteilte er heimlich unter die Armen. Seine guten Werke verbarg er aber aus Demut sorgfältig vor den Augen der Menschen. Allein der Glanz seiner Tugenden leuchtete ganz vielen Menschen, selbst Reichen und Vornehmen zur Erbauung, nur desto mehr aus der stillen Verborgenheit hervor. Seine Sanftmut erregte allgemeines Erstaunen, Bedrängnisse und Beleidigungen schienen auf ihn nicht den mindesten Eindruck zu machen. Wenn Kinder oder andere Menschen über ihn spotteten oder ihn beschimpften, antwortete er ihnen mit Worten des Segens und betete für sie. Niemals hörte man ihn murren oder klagen, auch wenn er mit schweren Krankheiten und Schmerzen zu kämpfen hatte. Seine stille und heitere Ruhe erwarb ihm die Liebe aller Menschen. Recht oft vereinigte er sich mit Jesus in der heiligen Kommunion, dem Sakrament der Liebe. Er beichtete alle Tage, nicht aus Ängstlichkeit, sondern um sein Herz immer rein zu bewahren, sich desto mehr auch vor der kleinsten Sünde zu hüten und seinen Heiland umso mehr zu lieben, der die Heiligkeit selbst ist und in dessen Augen auch die Engel nicht fleckenlos sind. Bei allem, was er tat, hatte er Gott vor Augen. Er klagte sich schon des Mangels an Abtötung oder einer eitlen Neugierde an, wenn irgendein Blick auf einen äußeren Gegenstand seine Aufmerksam und seine geistige Sammlung nur im mindesten störte.
Als er seines hohen Alters wegen die harten Arbeiten nicht mehr verrichten konnte, nahm ihn ein Herr in sein Haus auf. Da lebte der Diener Gottes von dem Almosen, das ihm täglich mitgeteilt wurde, ohne etwas für den folgenden Tag aufzuheben, und alles, was er dabei entbehren konnte, gab er den Bedürftigen. Er starb am 10. Juni 1315. Seine Gebeine lagen in einem marmornen Sarg in der Domkirche zu Treviso. Die Reliquien des seligen Heinrich wurden 1759 nach Bozen überführt und in einer heute nicht mehr vorhandenen Seitenkapelle der Bozner Pfarrkirche hinterlegt. 1868-69 erbaute man am Heinrichshof in Bozen-Dorf ein eigenes Kirchlein zu seinen Ehren. Wann er zum Patron der Stadt Bozen ernannt wurde, ist nicht bekannt. Auf einem Gemälde aus dem Jahr 1802 ist er aber deutlich als solcher dargestellt. Er gilt auch als Patron der Holzfäller.