Isidor wurde immer als der berühmteste Lehrer der Kirche von Spanien angesehen. Gott erweckte ihn, sagt der heilige Braulio, Bischof von Saragossa, auf dass er dem Strom der Barbarei und Grausamkeit, die allenthalben die Waffen der Gothen begleiteten (Die Gothen hatten sich im Jahr 412 in Spanien niedergelassen), einen mächtigen Damm entgegenstelle. Das achte Concilium von Toledo, vierzehn Jahre nach seinem Tod, nennt ihn den vortrefflichen Lehrer, die neueste Zierde der katholischen Kirche, den gelehrtesten Mann in den letzten Jahrhunderten, dessen Namen nur mit Ehrfurcht ausgesprochen werden darf. Nostri saeculi doctor egregius, Ecclesiae Catholicae novissimum decus, praecedentibus aetate postremus, doctrinae comparatione non infimus, et quod majus est, in saeculorum fine doctissimus, atque cum reverentia nominandus Isidorus.
Die Stadt Carthagena war sein Geburtsland. Sein Vater hieß Severian und seine Mutter Theodora: sie waren beide von sehr hoher Abkunft und höchst verehrungswert durch ihre Tugend. Isidor war Bruder des heiligen Leanders und des heiligen Fulgentius, beide Bischöfe, und der Florentina, die die Kirche ebenfalls unter ihre Heiligen zählt.
Von seiner ersten Jugend an widmete sich unser Heiliger dem Dienst der Kirche, und bereitete sich zum Priesteramt vor durch außerordentlichen Fleiß in Erlernung der Wissenschaften und in Übung der Frömmigkeit. Er vereinigte sich mit seinem Bruder, dem heiligen Leander, Erzbischof von Sevilla, um an der Bekehrung der Westgothen, die mit der arianischen Ketzerei angesteckt waren, gemeinschaftlich zu arbeiten, und er förderte nicht wenig den Sieg, den bei dieser Gelegenheit die Wahrheit über dem Irrtum errungen hat. Sein Eifer, wovon er schon so viele Beweise abgelegt hatte, dauerte glücklich fort unter den Regierungen der Könige Reccaredus, Liuba, Witerich, Gundemar, Sisebut und Sisemund.
Als der heilige Leander, Erzbischof von Sevilla, im Jahr 600 oder 601 gestorben war, wurde der heilige Isidor, sein Bruder, zu seinem Nachfolger erwählt. Er verwandte seine ganze Tätigkeit auf die Wiederherstellung der Kirchenzucht in Spanien, und war die Seele der Concilien, die in diesem Betreff gehalten wurden. Wir müssen daher alle jene wichtigen Beschlüsse, die damals gemacht wurden, vorzüglich als sein Werk ansehen. Und diese allein wären schon hinreichend, um uns einen hohen Begriff von seinem Wissen und Eifer zu geben. Als die zu Toledi im Jahr 610 versammelten Prälaten den Erzbischof dieser Stadt zum Primas von Spanien ausgerufen hatten, bestätigte König Gundemar diesen Beschluss durch ein Decret, und der heilige Isidor unterschrieb es aus Liebe zum Frieden, und heißem Verlangen, die Einigkeit zwischen allen Kirchen des Reiches wieder hergestellt zu sehen.
Er stand im Jahr 619 dem Concilium von Sevilla vor. In dieser Versammlung disputierte er öffentlich mit einem Bischof der Akephalensecte, namens Gregor, der aus Spanien gekommen war. Er widerlegte so gründlich die Ketzerei der Eutychianer, die jene der Akephalen erzeugt hatte, dass Gregor den Irrtum auf der Stelle abschwur, und sich zur katholischen Lehre bekannte. Er hatte ebenfalls 633 den Vorsitz in der vierten Synode von Toledo, die die berühmteste von allen ist, die in Spanien gehalten worden sind. Diese Ehre gehörte zwar Justus, Erzbischof von Toledo, als Primas, zu, allein aus Ehrfurcht gegenüber dem heiligen Isidor begab er sich selbst dieses Rechtes.
Die Ungemächlichkeiten des Alters minderten in nichts den Eifer unseres Heiligen. Während der sechs letzten Monate seines Lebens, verdoppelte er seine Almosen in solcher Fülle, dass die Armen von Morgen bis Abend in seinen Palast strömten. Als er sein Ende herannahen sah, ersuchte er zwei Bischöfe zu ihm zu kommen: er ging mit ihnen in die Kirche, wo ihn der eine mit einem Bußkleid bedeckte, und der andere sein Haupt mit Asche bestreute. Hierauf hub er die Hände gen Himmel, betete mit Inbrunst, und begehrte mit lauter Stimme Verzeihung seiner Sünden. Alsdann empfing er von der Hand der Bischöfe den Leib und das Blut unseres Herrn Jesus Christus, empfahl sich den Gebeten der Umstehenden, gab seinen Gläubigern, was er ihnen schuldig war, vermahnte das Volk zur werktätigen Liebe, und verteilte das ihm noch übrige Geld unter die Armen. Hierauf ging er wieder nach Haus und starb in Frieden am 4. April 636, nachdem er 36 oder 37 Jahre das bischöfliche Amt bekleidet hatte. Sein Leichnam wurde im Dom von Sevilla zwischen jenen des heiligen Leanders und der heiligen Florentina beigesetzt. Ferdinand I., König von Castillien, und Leo ließen ihn 1063 in die Kirche des heiligen Johannes des Täufers in die Stadt Leon, wo er heute noch zu sehen ist, übertragen.
Der heilige Isidor war der griechischen, lateinischen und hebräischen Sprache mächtig. Er besaß eine sehr ausgebreitete Gelehrsamkeit und tiefe Kunde der alten sowohl kirchlichen, als Profanschriftsteller, wie man aus seinen Werken ersieht.
Diejenigen, die zu den Amtsverrichtungen eines tätigen Lebens berufen sind, müssen ohne Zweifel denselben mit Treue obliegen. Anders handeln, hieße die von der göttlichen Vorsehung festgesetzte Ordnung umstoßen: sie sollen sich aber vor jeglicher Täuschung hüten, in die sie gewiss fallen werden, wofern sie nicht, nach dem Beispiel des heiligen Isidors, bestimmte Augenblicke haben, wo sie der Beschauung obliegen. Je mehr man durch seine Berufsgeschäfte der Zerstreuung ausgesetzt ist, desto mehr muss man sich beeifern, durch Geistesversammlung sich näher an Gott anzuschließen, auf dass man niemals aufhöre, mit ihm durch das Gebet vereinigt zu sein. Wissenschaftliche Männer werden aus dem Beispiel des heiligen Isidors auch lernen, wie sie als Christen studieren, und selbst die Wissenschaften, die beim ersten Anblick nur das Vergnügen des menschlichen Geistes zu bezwecken scheinen, auf Gott beziehen sollen.