Einzelne Züge aus seinem Leben:
Der heilige Laienbruder Johann Massias aus dem Dominikanerorden, liebte die Armen außerordentlich. In seiner Eigenschaft als Pförtner war er mit der Verteilung der Kloster-Almosen betraut. An jedem Morgen bereitete er vor, was für seine lieben Armen nötig war. Das Magdalenenkloster war nicht reich, und konnte seiner Mildtätigkeit nicht immer Genüge leisten. Dann wendete er sich an seine Freunde, besonders aber an Gott. Wie oft hat nicht unser Herr das Brot und die Speisen vermehrt, damit es für alle Arme ausreichen sollte? Die heilige Jungfrau bezeichnete ihm oft die Personen, die ihm unter die Arme greifen konnten. Er hatte in seiner Zelle ein Muttergottesbild, und wenn ihm etwas mangelte, sagte er zu ihm mit bewunderungswürdiger Zuversicht: „Meine Mutter, du weißt, dass meine Armen Hunger sterben, und dass ich ihnen nichts geben kann: an wen soll ich mich wenden?“
„Verlange von dem und dem“, antwortete die heilige Jungfrau. Er ging dahin und man gab ihm. Einmal jedoch verweigerte ihm ein Kaufmann ein wenig Leinwand für einen Armen, der ganz bloß war. Der Diener Gottes kam betrübt ins Kloster zurück. Aber die göttliche Rache blieb nicht aus, denn von jenem Augenblick an blieb der Laden des Kaufmanns wie verödet. Dieser Mann fiel in eine tiefe Schwermut, indem er sich zugrunde gerichtet sah. Seine Nachbarn fragten ihn um die Ursache. Er sagte sie ihnen, und sie gaben ihm zu verstehen, sein Ruin komme von seiner Härte gegenüber dem Diener Gottes. Sogleich lief er zu ihm, um seinen Fehler gut zu machen. Und bei seiner Rückkehr fand er seinen Laden voller Leute, die, wie früher, bei ihm einkauften.
Der Heilige war oft in Not, und beinahe jede Nacht sagte er zu der allerseligsten Jungfrau: „Liebe Mutter Gottes, morgen werden meine Armen fast nichts zu essen haben: ich will zu dem und dem schicken?“
„Schicke nur hin,“ antwortete ihm unsere gute Mutter, „mein Sohn wird ihr Herz erweichen, und sie geneigt machen, dir zu geben, was du brauchst.“
Wenn er des Nachts vor der Bildsäule Unserer Lieben Frau den Rosenkranz betete, so kamen die Armen Seelen aus dem Fegfeuer scharenweise zu ihm, und baten ihn, Mitleid zu haben mit ihren Leiden: O Diener Gottes,“ sagten sie zu ihm, „denke an uns. Ach! Vergiss uns nicht vor Gott, befreie uns von den Peinen, die wir auszustehen haben.“
„Was kann ich denn tun, ihr Armen Seelen?“ antwortete er ihnen zuweilen, „was vermag ein elender Sünder, wie ich bin?“
Sie baten ihn daraufhin seine Gebete, sein Fasten, seine Kasteiungen, seine Strengheiten Gott für sie aufzuopfern, da sie wohl wussten, dass der Herr sie zum Ersatz für ihre Sünden annehmen würde. Der Heilige verdoppelte seine Kasteiungen, machte sie länger und blutiger. Jede Nacht betete er drei Psalter, den ersten für die Armen Seelen im Fegfeuer, den zweiten für die Ordensleute, den dritten für seine Verwandten, Wohltäter und Freunde. Wenn er zur heiligen Kommunion ging oder wenn er einen Ablass gewann, so wendete er ihnen das Verdienst davon zu. Zwanzigmal des Tages rannte er in die Kirche, wenn er einen Augenblick frei hatte, um für sie um Barmherzigkeit zu bitten. Er mergelte sich ab, um anstatt ihrer zu leiden. Die Armen Seelen erwiesen sich dankbar gegen ihn für das, was er für sie tat. Wenn er von Gott ihre Befreiung erwirkt hatte, so kamen sie, bevor sie in die ewige Herrlichkeit eingingen, zu ihm, um ihm zu danken und ihm ihre Erlösung mitzuteilen. Ihre Freude war seine schönste Belohnung, an solchen Tagen war er überglücklich. Aber es kamen wieder andere, die um seine Fürbitte baten, und er fing für sie mit einem bewunderungswürdigen Mut wieder von vorne an. Weiß man, wie viel Gutes ein Mensch tun kann, wenn er will? Eines Tages wurde der Heilige von seinem Beichtvater gefragt, wie viele solcher Armer Seelen er befreit habe? Er schwieg anfangs, als er aber beim Gehorsam aufgefordert wurde, gestand er, bevor er starb, dass die Zahl sich auf eine Million und viermalhunderttausend belaufe. Welches Gefolge für einen armen Laienbruder, da er in den Himmel sich hinaufschwang! Welch schöne Krone hatte er in einem unbekannten, verachteten Stillleben sich erworben! Welche Güte endlich von Seite unseres Herrn Jesus Christus, der diese auserwählten Seelen mit Gnaden überhäuft, um gleichsam einen Kanal zu haben, durch den die Wellen seiner Barmherzigkeit auf uns herabströmen! Er wirkt nochmals für die armen Sünder, wenn er seine Heiligen erschafft.
Er hatte die zärtlichste Andacht zu Maria, und die allerseligste Jungfrau hatte dagegen ihre Freude daran, ihn mit ihren Wohltaten zu überhäufen. Folgendes ist neben vielen anderen ein merkwürdiger Beweis davon. Der Diener Gottes hatte die fromme Gewohnheit, einen Teil seiner Nächte in der Rosenkranz-Kapelle zuzubringen, um vor dem Altar der Mutter Gottes zu beten. Öfters traf man ihn über der Erde schwebend in Verzückung. Während er nun eines Nachts betete, wurde die Stadt durch ein furchtbares Erdbeben in Schrecken versetzt. Die entsetzten Mönche flüchteten sich in den Kreuzgang, wo sie sicherer zu sein glaubten. Der Heilige machte es wie die übrigen und war eben im Begriff, die Kapelle zu verlassen, als Maria ihm vom Altar zurief:
„Bruder Johann, Bruder Johann, wohin gehst du?“
„Mutter,“ antwortete der Heilige, „ich fliehe, wie die anderen vor der Strenge deines göttlichen Sohnes.“
„Komm zurück,“ versetzte die Mutter Gottes, „fürchte nichts, ich bin bei dir.“
Der Diener Gottes begab sich wieder ins Gebet, indem er unsere gute Mutter bat, den Zorn unseres Herrn zu besänftigen. Als er die Augen zu ihr aufschlug, sah er ihr Antlitz von einem so blendenden Licht erstrahlen, dass die ganze Kapelle dadurch erleuchtet wurde, und in demselben Augenblick hörte das Erdbeben auf. Von da ab flüchteten sich, wenn diese Geißel Lima bedrohte, die Mönche und andere Personen in diese Kapelle, wo sie immer eine sichere Stätte gegen das Toben und die Wut der in diesem Erdbeben fessellos waltenden Dämonen fanden.
Geboren wurde der Heilige am 2. März 1585 in Spanien. Am 16. September 1645 starb der heilige Johann Massias mit sechzig Jahren in Lima in Peru, gestärkt durch den Besuch unseres Herrn und der allerseligsten Jungfrau. Er wurde im Jahr 1836 von Papst Gregor XVI. selig- und am 28. September 1975 von Papst Paul VI. heiliggesprochen. Die Dominikaner feiern sein Fest am 3. Oktober.