Heute mögen auch einzelne Züge aus dem höchst erbaulichen Leben der seligen Dienerin Gottes und Verehrerin der seligsten Jungfrau: Johanna Maria Bonhomi ihren Platz finden, da selbe weniger zur Kenntnis der Menschen gedrungen sein dürften.
Der heiligen Jungfrau hatte es Johanna Maria von Bonhomi zu danken, dass der Leib, in dem sie das Leben erhalten hat, nicht auch ihr Grab geworden ist. Ihre Geburt war derart gefährlich für Mutter und Kind, dass beider Leben lange Zeit auf dem Spiel stand, und das Kind im Mutterleib die Nottaufe empfangen musste. Der Vater, ein vincentinischer Edelmann, der seine Gemahlin sehr liebte, wendete sich in seiner Not an die jungfräuliche Gottesgebärerin Maria. Sein Gebet suchte er durch ein Gelöbnis zu unterstützen, das er in ihrem Haus zu Loretto lösen würde. Gleich nach diesem Gelübde wurde Johanna Maria glücklich zur Welt geboren, eben an dem Tag, an dem Maria, die Mutter des Herrn, glorwürdig in den Himmel aufgenommen worden ist, am 15. August des Jahres 1606. Kaum war sie zu den Jahren der Vernunft gekommen, so fühlte sie sich durch das, was ihr hierüber die Eltern erzählten, dankbar bewegt und zur Liebe und Verehrung Mariens gezogen. Sie liebte schon als kleines Kind besonders die Bilder, die die heilige Mutter Gottes darstellten, und war nur schwer auf längere Zeit an einem Ort zu halten, an dem sie nicht ein Muttergottesbild sehen konnte, Gar oft zog sie sich aus der Gesellschaft der Menschen in einen entfernten Winkel des elterlichen Hauses zurück, um vor einem solchen Bild zu beten, und nicht selten fand man sie unter einer Stiege verborgen, mit einem solchen Bild auf den Knien liegend und betend. Früh reifte ihr Verstand, und in einem Alter, in dem andere kaum recht reden können, konnte sie schon lesen, und was sie las, verstehen. Und so betete sie damals schon die Tagzeiten der allerseligsten Jungfrau, und verehrte sie mit anderen von ihr selbst mit großem Fleiß zusammengeschriebenen Gebetlein. Befand sie sich mit ihren Eltern auf dem Land auf einem ihrer Güter, so versammelte sie die Mädchen ihres Alters um sich, unterwies sie in der Verehrung der heiligen Jungfrau und lehrte sie zu diesem Zweck viele schöne Gebete.
In ihrem achten Jahr verlor sie die Mutter. Ein Jahr danach gab sie ihr Vater zu den Klarissinnen in Trient in Kost und Erziehung. Sie übte sich hier in Gebet und Betrachtung, nahm teil an den frommen Übungen der Nonnen, als wäre sie durch Gelübde dazu verbunden, und als sie zur ersten heiligen Kommunion zugelassen wurde, glaubte sie ihr Glück ganz vervollständigt und sich im Paradies zu befinden. Sie war entschlossen, ihr ganzes Leben im Kloster zuzubringen und sich ganz dem Dienst des Herrn zu weihen. Erst zehn Jahre alt, machte sie nach reifer Überlegung das Gelübde ewiger Keuschheit vor einem Bild und in die Hände der jungfräulichen Gottesmutter Maria.
Als der Vater die Absichten seiner Tochter erriet, nahm er sie aus dem Kloster. Erst nach vielen Kämpfen und Leiden konnte sie vom Vater, der ihren Entschluss unerschütterlich sah und nicht länger mehr sich ihrem unbezweifelbaren Beruf zu widersetzen wagte, die Erlaubnis erhalten, zwar nicht bei den Klarissinnen in Trient, doch bei den Benediktinerinnen zu Bassano den Schleier zu nehmen.
Ihre Verehrung und Liebe zur heiligen Jungfrau wurde jetzt immer inniger und kindlicher. Maria hingegen würdigte ihre liebende Tochter oft ihrer sichtbaren Erscheinung, belehrte, tröstete sie, und auf ihr Gebet erlangten auch andere, oft auf wunderbare Weise, geistige und leibliche Hilfe.
Einmal, da sie krank und mit großen Schmerzen behaftet zu Bett lag, erschien ihr die Gebenedeite in der Gestalt und in dem Alter, in dem sie sich im Tempel zu Jerusalem opferte, setzte sich zu ihr aufs Bett, tröstete sie mit liebreichem Anblick und süßen Worten, und ließ sie bei ihrem Verschwinden in ein Meer von Wonne versenkt. Überhaupt stand Johanna mit der Königin des Himmels bis zum Ende ihres Lebens im vertraulichen Verkehr und erhielt durch sie viele Offenbarungen über ihr und ihres göttlichen Sohnes Leben und über andere Gegenstände. Besonders merkwürdig und hilfreich wurden die lieblichen Muttergottesbildchen, die Johanna auf Befehl und unter dem Beistand der heiligen Jungfrau selbst malte, obwohl sie nie von einem Menschen Unterricht in der Malerkunst erhalten hatte. Sobald die wundervollen Wirkungen dieser Bilder, die sie an vertraute oder an solche Personen verschenkte, denen sie sich besonders verpflichtet fühlte, bekannt wurden, hielt man sie hoch in Ehren und schätzte sich glücklich, in den Besitz eines Bildchens zu gelangen.
Aus den merkwürdigen Vorfällen, die sich durch und mit diesen von Johanna gemalten Bildern ereigneten, und deren ihre Lebensgeschichte mehrere anführt, möge hier nur eines Platz finden.
Pater Paschal Longini, aus dem Orden der minderen Brüder des heiligen Franziskus von der Observanz, wurde (im Jahr 1659) von großen Schmerzen am rechten Arm befallen, so dass er mit ihm weder das Zeichen des heiligen Kreuzes machen, noch bei der Heiligen Messe den Kelch aufheben konnte. Dieses sein Anliegen klagte er einem seiner Beichtkinder, indem er beisetzte, da er kein anderes Mittel gegen dieses Übel finde, so hoffe er doch Befreiung durch das Gebet der ehrwürdigen Mutter Bonhomi, der er sich von ganzem Herzen anbefohlen habe. Das Beichtkind, das glücklicher Weise im Besitz eines von der ehrwürdigen Mutter verfertigten Muttergottesbildchen war, bestärkte ihn in seinem Vertrauen, und bot ihm das Bild an, um es auf den presshaften Arm zu legen. Kaum hatte das Bild den Arm berührt, da verschwand augenblicklich Schmerz und Beschwerde, und der Pater konnte hinfür ohne alle Behinderung die Heilige Messe feiern und andere Geschäfte verrichten.
Ihr Testament, das man nach ihrem, im Jahr 1670 erfolgten Ableben fand, zeigt in rührender Weise jene kindliche Liebe und Verehrung, die sie ihr ganzes Leben hindurch zur gebenedeiten Mutter des Herrn beseelte. Sie hatte es viele Jahre vor ihrem Tod verfasst, am 15. August, dem Fest der Himmelfahrt Mariä, und es zu den Füßen eines Muttergottesbildes niedergelegt. In dem Testament setzt sie die heilige Jungfrau Maria als Erbin aller ihrer bisherigen und zukünftigen Gedanken, Worte, Werke und Leiden, ihres Leibes und ihrer Seele, ein, gibt sich ihr mit allem, was sie ist und hat, ganz zu eigen und bittet sie, dieses armselige Erbteil durch ihre gebenedeiten Hände dem göttlichen Sohn darzubringen. Am Ende spricht sie den Wunsch aus, dass die Größe und Liebenswürdigkeit Mariens immer mehr erkannt, ihre Ehre immer mehr verbreitet werde. „O allersüßeste Frau und Mutter meines Erlösers,“ schreibt sie, „wenn ich doch Millionen neuer Welten mit Millionen mal mehr Kreaturen, als je gewesen sind und je sein werden, erschaffen könnte, die allezeit deine treuen Diener sein und bleiben sollten.“