Der ehrwürdige Johannes Nider wurde in der württembergischen Stadt Isny an der bayerischen Grenze um das Jahr 1380 geboren. Die erste wissenschaftliche Bildung erhielt er bei den Benediktinern zu Isny. Im Jahr 1400 nahm er das Ordenskleid des heiligen Dominikus zu Nürnberg. Vom Tag seiner Einkleidung an glühte Johannes von Liebe zum Orden und von Eifer für seine Reform. Pater Bonaventura Elers schreibt über den ehrwürdigen Johannes in der „Ehrenkrone des Predigerordens“: „In seinem Noviziat war er ein exemplarischer Spiegel der geistlichen Zucht. Er hat sich in der Gelehrtheit dergestalt ausgezeichnet, dass er auf der Universität zu Wien die Bücher der Sentenzen und die Heilige Schrift öffentlich als Professor ausgelegt hat. Desgleichen ist auch auf der hohen Schule zu Köln geschehen. So sinnreich er im Lehren gewesen ist, so gewaltig war er auch im Predigen. Er hat vor Kaisern, Königen, Kur- und anderen Fürsten gepredigt. Ein großes Lob verdient er, dass er mit anderen in der deutschen Provinz die strenge klösterliche Observanz eingeführt und selbige sowohl durch die ihr erteilte Autorität als mit seinem eifrigen Exempel befördert hat. Er ist darum von seiner Obrigkeit den damaligen vornehmsten Klöstern zu Nürnberg und Basel zum ersten reformierten Prior vorgesetzt worden.“
Nider war ein in ganz Deutschland und über dessen Grenzen hinaus gefeierter Kanzelredner und ein sehr gesuchter Beichtvater und Seelenführer, an den man sich aus der Nähe und Ferne mit Vertrauen wandte. Von seinen Obern wurde der hochangesehene Mann nach Konstanz zum großen Konzil gesandt, 1415, damit er sich genaue Kenntnisse der Verhältnisse verschaffte und die hervorragendsten Mitglieder des Ordens kennen lernte. Von hier trat er eine Reise nach Italien an. In den reformierten Klöstern dieses Landes sah und übte er die dort eingeführte strenge Observanz, die genaue Beobachtung der ursprünglichen Ordensregel, um darnach auch die Klöster in Deutschland zur alten Zucht und Ordnung zurückzuführen. Was Nider dort sah und erfuhr, war ganz geeignet, ihn in seinem Vorhaben zu bestärken. Nach seiner Rückkehr wurde er von den Ordensobern bestimmt, ehe er an die Verbesserung des Ordens Hand anlegte, sich dem Lehramt zu widmen. Nider gehorchte und trat zu Wien an der Hochschule als Lehrer auf. Er galt als der bedeutendste Professor der Wiener Hochschule und sein Ruf zog viele Schüler an. Vor andern damaligen Gottesgelehrten zeichnete ihn aus, dass er ganz auf die Anschauungen des großen heiligen Thomas, des Engels der Schule, zurückging.
Endlich konnte Johann Nider den ihm von der Vorsehung zugefallenen Beruf erfüllen. Im Jahr 1427 wurde er vom Konvent zu Nürnberg, der einer der bedeutendsten der deutschen Ordensprovinz war, zum Prior gewählt. Hier führte er nicht nur die strenge Ordenszucht ein, sondern er reformierte von da aus auch andere Konvente. Im Jahr 1428 begleitete er den für die Verbesserung der Zucht begeisterten General des Ordens durch Deutschland. Derselbe schätzte Niders Eifer und Umsicht in diesem Werk so hoch, dass er ihn über alle Klöster Deutschlands setzte. Von nun an beschäftigte sich der ehrwürdige Mann in Wort und Schrift bis an sein Lebensende mit der Reform des Ordens. Seinem Eifer gelang es, selbst andere Klöster zu einer strengen Lebensweise zurückzuführen. „Denn bei aller Anhänglichkeit an den eigenen Orden verachtete er die anderen Orden und ihre Mitglieder nicht, sondern ließ ihnen vollkommene Gerechtigkeit widerfahren.“
Noch größere Dienste als seinem eigenen Orden leistete der hervorragende Gottesmann der heiligen Kirche, für deren Wohl und Weh er ein empfindendes und großmütiges Herz hatte. Papst Martin V. hatte ein allgemeines Konzil 1431 nach Basel zur Bekämpfung der Hussiten zusammenberufen. Da Niders Kenntnisse und Geschäftsgewandtheit allgemein geschätzt wurden, wurde er dabei zu den hervorragendsten Aufgaben verwendet. Er hielt, wie so viele in damaliger Zeit, eine Kirchenversammlung für unumgänglich notwendig und hoffte von ihr, da sie in Deutschland gehalten wurde, einen großen Segen, besonders für dieses Land. Deshalb war er bemüht, lebendige Teilnahme für das Konzil zu wecken. Zu allen vorbereitenden Beratungen wurde er zugezogen, hielt auch die Predigt bei der feierlichen Eröffnung am 27. Juli im Dom zu Basel und räumte sein Kloster dem Konzil zu einer Beratung ein. Im Auftrag des päpstlichen Legaten predigte Nider das Kreuz gegen die Hussiten, reiste mit dem Zisterzienser Johannes von Gelnhausen zu einigen den Irrlehrern und Anführern benachbarten Fürsten, um sie zur Liebe und Ergebenheit gegenüber der katholischen Kirche zu bestimmen. Am 28. November des erwähnten Jahres trat er diese Gesandtschaft an. Sie war überall vom besten Erfolg begleitet. Auch gelang es seiner Umsicht und Tatkraft, die Böhmen zur Teilnahme am Konzil zu bewegen, ein Erfolg, der allgemein wie ein Sieg gefeiert wurde. Nider nahm an den Beratungen und Unterhandlungen des Konzils mit den Böhmen regen Anteil. Als Gesandter des Konzils war er im Jahr 1434 auch auf dem Reichstag zu Regensburg in Sachen der Wiedervereinigung tätig. So hatte er alle seine Kräfte und Kenntnisse für das Wohl der Kirche aufgewendet. Sein guter und frommer Sinn zeigte sich erst im rechten Licht, als später das Konzil, das seine eigenen Bahnen zu gehen angefangen hatte, vom Papst Eugen IV. aufgelöst wurde. Nider hielt treu zum Papst, nahm nicht mehr Teil an den Beratungen, ließ sogar zuletzt den Mitgliedern des Konzils die Tore des Klosters schließen. Dadurch zog er sich harte Verfolgungen zu, die er standhaft ertrug. Der Nimmermüde begab sich nach Wien, um sein Lehramt wieder zu übernehmen. Die Hochschule wählte zweimal den verdienstvollen Mann zu ihrem Dekan, um ihrer Freude Ausdruck zu geben, „die Zierde“ der Universität wieder in ihrer Mitte zu haben. Nicht lange sollte der verdienstreiche Mann der Universität angehören. Die fortwährenden Arbeiten, die aufreibenden Anstrengungen der letzten Jahre, die traurigen Erfahrungen und die bitteren Verfolgungen beschleunigten seinen Tod. Nieder verließ Wien, um in Kolmar die reguläre Observanz einzuführen. Hier ereilte ihn der Tod am 13. August 1438. In der Klosterkirche vor dem Hochaltar fanden seine Gebeine einen Ehrenplatz und eine Ruhestätte. Niders hellleuchtende Tugenden, seine Verdienste und seine Wissenschaft wurden von der Mitwelt und Nachwelt anerkannt. Trotz seiner großen Gelehrsamkeit war Nider ein demütiger Ordensmann, der seine heilige Regel treu beobachtete. Ehren und Würden strebte er von sich abzuwenden, dagegen sich schwere und undankbare Arbeiten auszubitten. „Niemals suchte er seine Ehre, sondern beständig mit allen Kräften der heiligen Kirche zu nützen und das Seelenheil des Nächsten zu befördern.“
Obgleich Nider während seines nicht sehr langen Lebens mit den verschiedensten und schwierigsten Geschäften, zum Teil sehr wichtiger Natur, betraut war, so hat er dennoch eine stattliche Reihe Schriften hinterlassen – man zählt dreiundzwanzig – unter diesen einige von bedeutendem Umfang. Denn der Diener Gottes benützte treu sein Pfund, alle Talente, die Gottes Güte ihm anvertraut hatte, und geizte mit der Zeit. Sein Ansehen und sein Andenken ist im Orden des heiligen Dominikus, dessen glänzende Zierde er gewesen ist, noch immer groß.
Glaubenseinheit in der Kirche, Sittenreinheit und strenge Berufstreue ihrer Glieder sind Güter, die des Lebenskampfes der Edelsten wert sind. Arbeit, Blut und Leben für die Kirche! Wir wissen, was wir an ihrem Credo haben. Nicht Ansichten, nicht Meinungen – nein, Fundamente, Tatsachen, Wahrheiten. Die katholische Kirche allein hat die ganze volle souveräne Wahrheit, aus der alle anderen Wahrheiten sich ergeben, die wir brauchen. Dieser einen Wahrheit der katholischen Kirche gilt auch der große Kampf unserer Tage.