Heiliger Johannes von Gorze, Benediktinerabt, + 7.3.974 - Fest: 7. März

       

Der Anfang des 10. Jahrhunderts bezeichnet eine trübe Zeit in der Geschichte des Reiches Gottes. Aber je schwärzer die Nacht, umso heller und hoffnungsreicher leuchten die Sterne. Die Klöster lagen in Asche und Trümmern, die Klostergüter waren im Besitz adeliger Herren, die die wenigen Mönche, die vielleicht noch ihr Dasein fristeten, in Elend und Hunger verkommen ließen. Da erweckte Gott starke Männer, die mit äußerster Zähigkeit gegen diese Zustände ankämpften und in Kraft ihrer Heiligkeit unüberwindliche Hindernisse besiegten. Eine solche Gestalt war der heilige Johannes von Gorze.

 

Johannes war der Sohn ziemlich wohlhabender Pächtersleute in der Gegend von Metz. Im Kloster St. Mihiel wurde er zum Kleriker herangebildet. Er hatte aber seine Studien noch nicht abgeschlossen, als sein Vater starb und er die Verwaltung des Familienerbes übernehmen musste. Hier eignete er sich jene Geschäftsgewandtheit an, die ihm später von großem Nutzen war. Zum Mann herangereift, wurde er zum Pfarrer an der Kirche des heiligen Laurentius in Fontenay bestellt. Mit erneutem Eifer warf er sich jetzt auf das Studium der heiligen Wissenschaften und suchte engeren Kontakt mit heiligen Personen, um selbst in der Heiligkeit voranzuschreiten. Eines Tages merkte er zufällig an einer zarten Klosterjungfrau, namens Geisa, ein härenes Bußhemd. Ganz erschüttert von diesem Anblick rief er aus: „Weh mir elendem Feigling, soviel Zeit habe ich schon vertan in unfruchtbarem, ja verworfenem Leben!“ Mit dem ganzen Feuer seines Naturells erfasste er nun ebenfalls die Übung der Abtötung, besonders pflegte er das strengste Fasten, mit dem Schlaf führte er einen beständigen Krieg. Nachdem er eine Wallfahrt zu den Heiligtümern Italiens gemacht hatte, ließ er sich als Einsiedler im Argonnenwald nieder. Gleichgesinnte Männer gesellten sich ihm bei. Da aber der Ort für eine Klostergemeinschaft zu unwirtlich und unfruchtbar war, beschlossen sie nach dem Süden zu ziehen und unter dem heiteren Himmel Italiens eine Stätte des Gebetes und der Kulturarbeit zu gründen. Als aber Bischof Adalbero von Metz davon hörte, ließ er so heilige und reformeifrige Männer nicht aus dem Land. Auf ihren Wunsch hin gab er ihnen die gänzlich verfallene und heruntergewirtschaftete Abtei Gorze zur Wiederherstellung. 933 zogen die Brüder ein. Abt Einold übertrug Johannes die Sorge für die gesamte Klosterwirtschaft und da konnte sich nun die Klugheit und Umsicht des Heiligen bewähren. Unglaublich waren die Schwierigkeiten, die er hatte, um wenigstens einiges Klostergut von den adeligen Herren herauszubekommen. So schickte ihn einst der Abt und der Konvent zum burgundischen Grafen Boso, um ungerecht angeeigneten Gorzeschen Besitz von ihm zurückzufordern. „Packt Euch auf der Stelle fort!“ war die Antwort, die er von ihm erhielt. Aber unerschrocken erwiderte der Heilige: „Ich kann das besorgen. Aber immer andere, mehr an Zahl und stärker an Macht, werden an Stelle der Vorausgehenden treten und vor ihrem Gebell werdet ihr, solange ihr lebt, keine Ruhe mehr haben.“ Schließlich drohte ihm der Rasende in heller Wut: „Mit deinen Gliedern sollst du mir büßen!“ Und Johannes antwortete mit seiner sich gleichbleibenden Ruhe: „Das könntet Ihr ja leicht tun: mir bereitet Ihr dadurch keinen allzu großen Schmerz. Wenn Ihr mich zum Beispiel der Augen beraubt, dann befreit Ihr mich von großer Sorge und Arbeit. Ich kann mich ruhig hinsetzen und mich ganz in die Psalmen und die Betrachtung versenken.“ Schon wollte ihn der Wüterich wirklich ergreifen lassen, da rettete ihn das Dazwischentreten der Gräfin vor grausamer Verstümmelung und dem Tod. Sie ließ ihn wieder nach Gorze zurückgeleiten. Dass der Graf aber schließlich doch dem Verlangen der Mönche nachkommen musste, dafür sorgte Gott. Kaum hatte der Heilige das Schloss verlassen, befiel Boso eine schwere Krankheit, so dass er schon glaubte, er müsse sterben. In seiner Not schickte er einen Boten an Johannes. Und als er kam, rief er ihm gleich entgegen: „Du sollst die Besitzungen haben, die du gefordert hast, und wenn etwas verschleudert ist, will ich es mit echtem Gold bezahlen.“ Vom selben Augenblick an fühlte sich der Graf wieder besser.

 

Nun könnte man glauben, dass der heilige Johannes bloß im Verkehr mit der Außenwelt solche Schwierigkeiten gehabt und dass seine Mitbrüder ihn wegen seiner erfolgreichen Verwaltung hochgeehrt hätten. Aber das geschah erst nach Jahren. Auch mit den Minderbrüdern musste Johannes oft größte Geduld üben, besonders wenn ihn sein Prior recht hart anließ oder die Mönche ihn unverständig als einen Geizhals und Heuchler tadelten. Schweigen und mit noch größerer Liebe für seine Mitbrüder sorgen, das war die Vergeltung und die Waffe des Heiligen. Wunderbar ist auch, dass Johannes trotz seiner Unmenge von äußerer Arbeit in nichts nachließ von seiner früheren Strenge und seinem Gebetseifer. Da er bei Tag nicht seinen Andachtsübungen nachgehen konnte, weilte er oft ganze Nächte in der Kirche. Seine Nahrung war gewöhnlich ein Stücklein Brot und ein Trunk Wasser. Erst später, als sein geschwächter Körper die Last der Verwaltung nicht mehr tragen konnte, milderte er auf Befehl des Abtes seine Strenge.

 

Mit der Zeit fand das Wirken des Heiligen auch seine Anerkennung. 953 vertraute ihm der deutsche König Otto der Große eine Gesandtschaft an den Hof des Kalifen Abderrahman nach Cordoba an. Johannes hatte sich selbst dazu gemeldet in der geheimen Hoffnung, er könnte auf diesem Weg der Marterkrone teilhaftig werden. Der Kalif begegnete ihm mit stärkstem Misstrauen und suchte ihn durch mancherlei Drohungen zu bewegen unverrichteter Dinge heimzukehren. Aber die Zähigkeit des heiligen Johannes bewährte sich auch hier. Drei Jahre lang wich er nicht, bis der Kalif seinerseits einen Gesandten nach Deutschland geschickt und dieser wieder zurückgekehrt war. Eine solche Ausdauer erregte die Bewunderung des Kalifen. Er ließ den Mönch vor seinem Angesicht erscheinen. In seinem Ordenskleid trat er vor den Muselman, der ihn sehr gnädig aufnahm und ihn vor allen auszeichnete. In der Folge gewährte der Araberfürst dem bescheidenen Mönch noch mehrmals Audienz, um mit ihm als Freund sich zu unterhalten. Schließlich sandte er ihn mit vielen Ehren wieder in seine Heimat.

 

In Gorze starb einige Jahre darauf Abt Einold und wen anderen hätten die Brüder an seine Stelle setzen sollen als den eigentlichen Neubegründer des Klosters, den heiligen Johannes? Über seine Tätigkeit als Abt ist uns kein Bericht mehr erhalten. Am 7. März 974 schied er nach kurzer Krankheit von hinnen. An seinem Sterbelager standen die Äbte der Klöster von Metz und Umgebung und boten ihm den Trost, dass der Geist seiner Reform auch nach seinem Tod weiterleben werde.

 

„Geduld überwindet alles“ hat einst der heilige Petrus geschrieben. Für diese Ausdauer und Konsequenz ist uns der heilige Johannes ein Vorbild. Vor allem muss sich diese Ausdauer gegen uns selbst richten. Wir dürfen nicht nachlassen im Kampf gegen uns selbst, in der Unterjochung unseres Leibes und unseres Willens. Willensmenschen haben immer eine gewisse Herbheit an sich, die muss gemildert werden durch Liebe. Eiserner Wille vermählt mit Liebe ist aber dann unüberwindlich.