Mit großer Langmut hatte der Papst, der heilige Pius V., gezögert, gegen die englische Königin Elisabeth wegen ihrer Glaubensneuerungen und gewaltsamen Eingriffe in die kirchlichen Rechte mit Kirchenstrafen vorzugehen. Als aber die Kunde von der blutigen Metzelei, die Elisabeth unter den armen, unschuldigen Katholiken in Nordengland hatte anrichten lassen nach Rom gelangte, da veröffentlichte der Papst am 25. Februar 1570 die Bulle, die die Exkommunikation und die Absetzung der Königin aussprach. Obwohl ganz England von allem Verkehr mit der katholischen Welt streng abgeschlossen wurde, fand doch die Bulle ihren Weg dorthin. In der Morgenfrühe des 25. Mai 1570 sahen sie Londons Bewohner am Tor des bischöflichen Palastes. Groß war der Ärger des Rates und der Zorn der Königin. Auf die umfassendsten Nachforschungen hin fand man bei einem Studenten der Rechtsschulen, deren Mitglieder sich lange den alten katholischen Geist bewahrten, ein Exemplar der Bulle. Auf der Folter gestand der Arme, dass er es von einem Master John Felton erhalten habe.
Johannes Felton, ein angesehener Edelmann von Southwark, im Süden Londons, war ein glühender Anhänger des Glaubens seiner Väter. Er hatte es für seine Pflicht gehalten, nach dem Willen des Papstes seinen Landsleuten die Bulle zur Kenntnis zu bringen. Die folgende Verhaftung brachte ihn denn auch keinen Augenblick außer Fassung. Eine ganze Streitmacht hatte man gegen den einen aufgeboten. Der Lordmayor (Bürgermeister), der Lordoberrichter und die beiden Sheriffs (Landrichter) von London mit 500 Hellebardieren umstellten Feltons Haus. Sobald er die Häscher durchs Fenster bemerkte, ging er hinab, öffnete die Tür, hieß sie willkommen und gab ihnen zu verstehen, dass er wohl ahne, warum sie kämen. Nicht denselben Starkmut besaß seine Gattin; sie fiel beim Anblick der Bewaffneten in Ohnmacht. Felton gestand sofort unumwunden ein, dass er in der Nacht die päpstliche Bulle am Tor des damals natürlich schon anglikanischen Bischofes bei St. Paul angeschlagen habe. Der Edelmann muss sehr reich gewesen sein. Seine Silbergeräte und Schmuck wurden auf 33.000 Pfund Sterling (etwa 6 ½ Millionen Mark) geschätzt. Das ließ die Königin für sich konfiszieren. Noch hatte er einen kostbaren Diamantring im Wert von 400 Pfund Sterling (80.000 Mark), den er an seiner Hand trug. Der Lordoberrichter hätte ihn gerne gehabt; aber der Gefangene verweigerte ihm das kostbare Juwel. Vor seiner Hinrichtung nahm er den Ring vom Finger und schickte ihn der Königin, zum Zeichen, dass er ohne Groll gegen sie im Herzen sterbe. Das Geschäft der Religionserneuerung war auch für Elisabeth und ihre Kreaturen, wie damals für die reformlustigen deutschen Fürsten, ein höchst einträgliches. Nicht bloß die Güter der Kirche, auch die privaten Güter ihrer treuen Anhänger mussten die Taschen der „ums reine Evangelium“ Besorgten füllen. Bei kirchlichen wie bei politischen Umwälzungen suchen alle niederen Instinkte und Leidenschaften der Menschen ihre Befriedigung.
Das Gerichtsverfahren war bei dem seligen Johann Felton ein sehr einfaches. Es bedurfte nicht der üblichen gewissenlosen Künste, um das Verbrechen des Hochverrates zu ersinnen. Er hatte alle einzelnen Punkte unterschrieben, die die päpstliche Bulle enthielt, und erklärt, „dass Elisabeth der Titel, die Ehre und Krone einer Königin nicht zustehen und dass sie gar nicht Königin von England sein sollte“. Ein offeneres Bekenntnis konnte nicht mehr erwartet werden, wiewohl Felton auf die Frage, ob er sich also des Hochverrates schuldig bekenne, folgerichtig mit „Nicht schuldig“ antwortete; denn er erkannte die durch den Papst ihres Thrones entsetzte Elisabeth nicht mehr als seine Königin an. Auch zur Angabe von Mitschuldigen war er selbst durch mehrmals wiederholte Folterung nicht zu bringen. Das Urteil konnte nicht zweifelhaft sein: Schleifung, der Galgen, die übliche barbarische Verstümmelung und Vierteilung.
Am Morgen des 8. August, an dem das Urteil vollstreckt werden sollte, kamen noch drei anglikanische Prediger in das Gefängnis zu Felton, um ihn durch Überredungskünste im Glauben wankend zu machen. Alle Bekehrungsversuche aber wies der Selige entschieden, oder wie der Regierungsbericht sagt, „mit viel Anmaßung“ ab. Auf alle Vorstellungen antwortete er entschlossen, er wisse, was er getan habe, er halte fest an dem alten katholischen Glauben, den der Heilige Vater, der Papst, seit langer Zeit verteidige. „Wer einen anderen Glauben annimmt oder eine andere Lehre hält, der wisse, dass sie böse und irrtümlich sei.“ Als man den Martyrer auf die Schleife, eine Art Matte, geworfen hatte, sagte er zu den Zuschauern, er sterbe um des katholischen Glaubens willen, weil er den Primat des Papstes bekenne und weil er in Abrede stelle, dass die Königin das Oberhaupt der Kirche sei. Unterwegs betete er besonders den Psalm De profundis: „Aus den Tiefen rufe ich zu dir, o Herr!“ An der Stätte der Hinrichtung angelangt, als man ihm den Rock und das Atlaswams auszog, die dem Henker zufielen, schien ihn doch die Todesangst beschleichen zu wollen. Indessen ermahnte sich der selige Blutzeuge selbst: „Was ist das, Felton, fürchtest du den Tod?“ Kniend betete er nach Verlesung der königlichen Proklamation das Miserere. Dann stieg er die Leiter hinauf. Beim Anblick des Tores, an dem er die Bulle Pius` V. angeschlagen hatte – die Richtstätte war St. Pauls Kirchhof -, sagte er: „Ja, da hat das Urteil des Papstes gegen die vorgebliche Königin gehangen; und jetzt bin ich bereit für den katholischen Glauben zu sterben.“ Von den Anwesenden aufgefordert, die Königin um Verzeihung zu bitten, antwortete er: „Ich habe sie nicht beleidigt; wenn ich aber jemand beleidigt habe, so bitte ich ihn und die ganze Welt um Verzeihung.“ Mit zum Himmel erhobenen Augen empfahl er seine Seele in die Hände Gottes, während man ihm die Schlinge um den Hals legte und ihn von der Leiter stieß. Nachdem er sechsmal hin und her geschwungen, befahl man dem Henker, ihn loszuschneiden, damit er lebend die übrigen Qualen empfinde. Der Henker zauderte, um ihm die Pein zu erleichtern; aber der Sheriff drängte ihn zur Vollendung des grausigen Werkes. Es wurde ihm der Kopf abgeschlagen und dem Volk gezeigt. Dann wurde er gevierteilt und nach Neutor zurückgebracht, wo die Viertel gesotten und dann aufgehängt wurden, wie man es mit allen Hochverrätern tut, sagt der Regierungsbericht. Der katholische Gewährsmann aber fügt bei, dass die Standhaftigkeit des Seligen die Zuschauer so ergriffen habe, dass die Hinrichtung dem katholischen Glauben Nutzen, der Sache der Königin Schaden gebracht habe.
Papst Gregor VIII. ließ Felton unter den englischen Martyrern abbilden und Leo XIII. reihte seinen Namen unter die Seligen ein, „die für dieses apostolischen Stuhles Oberhoheit und für die Wahrheit des rechtmäßigen Glaubens Blut und Leben hinzuopfern nicht zauderten“.
Reichtum, Ehre und gutes Leben konnten die Martyrer nicht abhalten, für die Wahrheit Zeugnis zu geben. Franz von Sales sagt: „Jakob nahm die Haare, womit seine Mutter ihm Hals und Hände bedeckt hatte, ohne Schmerz hinweg, weil sie nicht festhielten; hätte man das gleiche bei Esau versuchen wollen, so wäre es ohne Schmerz und Geschrei nicht abgelaufen.“ Der Verlust der Erdengüter bereitet nur dem Schmerz, der sein Herz ungebührlich daran hängt.