Als der heilige Julian, der Bischof von Cuenca in Spanien, nach einem Leben, das nur Gott und Maria und dem Heil der Seelen gewidmet war, seine letzte Sunde herannahen fühlte, ließ er sich nach dem Empfang der heiligen Sakramente und angetan mit einem Bußkleid auf den mit Asche bestreuten Boden legen, und erwartete so den Augenblick seiner Auflösung. Da erblickte er auf einmal im Zimmer eine Matrone von überirdischer Schönheit, umflossen von einem milden Glanz, das Angesicht leuchtend, das Haupt mit einem Kranz von wohlduftenden, frischen Rosen geschmückt. Sie war umgeben von Engeln und einer Schar von Jungfrauen, die mit lieblicher Stimme die Antiphon anstimmten: „Sieh! Ein hoher Priester, der in seinen Tagen wohlgefällig war vor Gott.“ Da richtete sich der Sterbende mit letzter Kraft auf und warf sich auf die Knie nieder, um der majestätischen Frau seine Ehrfurcht zu bezeigen. Hierauf trat die Matrone, die keine andere war, als die erhabene Königin des Himmels, die der heilige Bischof im Leben stets mit besonderer Andacht verehrt hatte, näher zu ihm, und sprach: „Nimm hin, du Diener Gottes, diese Palme, das Zeichen der jungfräulichen Reinheit, die du immer unversehrt bewahrt hast.“
Hierauf verschwand die Erscheinung und das ganze Zimmer war von einem himmlischen Wohlgeruch erfüllt. Julians Herz war aber mit wunderbarem Trost erfüllt, und Gott und seiner heiligen Mutter dankend gab er den Geist auf.