Am 6. Juni 1920 feierte die Hauptstadt der Christenheit ein glänzendes Fest, eine Seligsprechungsfeier, die aber diesmal ein besonderes Merkmal trug. Tausende von Gläubigen füllte die gewaltigen goldschimmernden Hallen des herrlichen Petersdomes. Unter den Kardinälen, Bischöfen und Missionaren zogen zwei ehrwürdige schwarze Gestalten in silberverzierten Talaren aus schwarzem Damast, der Amtstracht der hohen Beamten Ugandas, die Blicke aller auf sich. Es waren die Überlebenden aus der Schar der heldenmütigen Bekenner von Uganda: Dionys Kamyuka und Josef Nsingisira, die gekommen waren, dem Ehrentag ihrer Brüder beizuwohnen, der Seligsprechung der zweiundzwanzig Märtyrer von Uganda. Mit seinen 21 katholischen Gefährten wurde Karl Lwanga 1920 von Papst Benedikt XV. seliggesprochen, ihre Heiligsprechung erfolgte am 18. Oktober 1964 durch Papst Paul VI. Karl Lwanga wurde 1934 zum Patron der katholischen Aktion und der Jugend Afrikas erklärt.
In Uganda, dem in Mittelafrika am Nordostufer des Viktoriasees gelegenen Missionsneuland der Weißen Väter, brachte der Stamm der Baganda seit 1879 der christlichen Religion einen offenen Sinn und ein williges Herz entgegen. Infolge der Umtriebe der mohammedanischen Händler aber sahen sich 1882 die Missionare genötigt, das Land einstweilen wieder zu verlassen. Schon zwei Jahre darauf rief sie der neu zur Herrschaft gelangte, jugendliche König Muanga wieder zurück. Er zeigte sich der christlichen Religion gewogen und das Volk schien zur Bekehrung bereit. Doch bald trat eine merkwürdige Sinnesänderung ein. Der erste Minister des Königs war ein fanatischer Heide. Er wusste das Herz seines Herrschers mit Argwohn gegen das Christentum zu erfüllen. Noch dazu ergab sich Muanga dem Laster niedrigster Sinnenlust.
Das erste Opfer des feindseligen Ministers wurde der Palastvorsteher Josef Mkasa, ein früherer Vertrauter des Königs. Er wagte es, diesem in einer kleinen Sache zu widersprechen. Das musste der treffliche Mann, das Vorbild und Haupt der erst zweihundert Getaufte zählenden Kirche Ugandas, mit dem Tod der Enthauptung büßen (16. November 1885). „Ein Christ, der für Gott stirbt, fürchtet sich nicht vor dem Tod,“ sprach er, als ihn die Henker binden wollten.
Unter der Dienerschaft Muangas befanden sich viele Christen. Karl Luanga, der Aufseher der Pagen, ein junger Mann von zwanzig Jahren, verwendete seinen großen Einfluss auf die Kameraden dazu, ihre Herzen für die christliche Lehre zu begeistern. Das erzürnte den launischen Herrscher. Sein Grimm gegen die christlichen Pagen wuchs, als sie energisch sich weigerten seinen Lüsten sich preiszugeben. Da traf der von der Jagd heimkehrende König eines Abends den siebzehnjährigen Dionysius Febuggmao, wie er gerade einem Kameraden den Katechismus erklärte. In Wut gebracht, schrie Muanga: „Warte, ich will dir deine Unverschämtheit austreiben“ und durchbohrte den kleinen Katecheten mit der Lanze (26. Mai 1886). Das war das Zeichen einer allgemeinen Verfolgung der Christen, die Muanga mit seinem Minister noch in der Nacht im Kriegsrat beschloss. Die „Beter“ müssen sterben, ergeht der Befehl. In der Empfangshalle eingeschlossen, bereiten sich die christlichen Pagen auf den Kampf am kommenden Morgen vor. Karl Luanga, ihr Führer, erteilt noch rasch vieren von ihnen, die noch Katechumene waren, die heilige Taufe, nämlich den sechzehnjährigen Mbaga Tuzinde, Gyavira und Mgagga und dem erst dreizehnjährigen Kizito. Am Morgen wurden sie vor den König geführt. Unter wildem Geschrei befahl er: „Wer betet, trete auf diese Seite!“ Karl sprang vor und sogleich folgte ihm sein kleiner Täufling Kizito, der Sohn des zweithöchsten Beamten, und ergriff seine Hand. „Fürchte nichts,“ hatte ja der sorgliche Führer und Freund ihm gesagt, „ich bin bei dir. Wenn der Augenblick kommt, den Glauben zu bekennen, dann nimmst du mich bei der Hand, und wir sterben zusammen.“ Weitere Bekenner folgten. „Seid ihr Christen,“ herrschte sie Muanga an. „Ja!“ – „Und ihr wollt Christen bleiben?“ – „Ja, bis in den Tod.“ Der Befehl zum Tod war die Antwort.
Die Opfer wurden mit Stricken gebunden und mit roher Gewalt fortgeschleppt nach dem weitentfernten Richtplatz, dem Hügel Namugonga, gegenüber der Missionsstation Rubaga. Von dort war ein Missionar herbeigeeilt, seine Kinder zu retten. Umsonst! Er sieht nur wie man die jugendlichen Opfer vorüberführt, eng zusammengeschnürt, so dass sie schwer gehen konnten. Er sieht auch den kindlichen Kizito lachen über das ständige Stolpern – beim Gang zum Tod. Im letzten Augenblick hatte man ihnen noch den Katechumenen Mukasa beigesellt. Weil er im Streit seinen Mitpagen Myavira vor zwei Wochen leicht verwundet hatte, war er ins Gefängnis geworfen worden. Nun war aller Groll vergessen. Sie freuten sich beide miteinander sterben zu können.
Mehrere Stunden schon waren die Martyrer im glühenden Sonnenbrand marschiert. Sie kommen an eine Bananenpflanzung. Da erwartet sie der Bruder des mitgefangenen Soldaten Bruno Seron Kuma. In treuer Brüderlichkeit will er ihm einen Becher Bananenwein anbieten, damit er seinen brennenden Durst löschen könne. „Bossa,“ so redet der Martyrer des Herrn seinen treuen Bruder an, „du siehst, man führt uns zum Tod. Wir gehen zum Tod, eure Stellen zu bereiten.“ Da schaut er dem Bruder lange sinnend ins Auge und spricht, bereits ein vollkommener Jünger geworden in Christi Schule: „Jesus Christus hat am Kreuz nicht getrunken, so will auch ich nicht.“ Solche Heldenseelen vermag die Liebe Gottes überall zu schaffen.
In Kampala ist Nachtlager. Infolge der grausamen Fesselung während der Nacht versagen zweien die Kräfte zum Weitermarsch. Sie wurden mit Lanze und Beil kurzerhand niedergemacht. Dafür stieß jetzt ein neuer Bekenner zur kleinen Heldenschar: Lukas von Mityana, der am Vorabend gefangen worden war. Mit ihm wurde auch der heiligmäßige Häuptling von Kirumba: Matthias Murumba um seines Glaubens willen ergriffen. Rasch wird das Urteil gesprochen und sogleich in gottloser Wut an ihm vollzogen. Man hackte dem fünfzigjährigen Mann Arme und Beine ab, schnitt ihm Fleischstücke aus Brust und Rücken und röstete sie vor seinen Augen. Zur Verlängerung der Qual unterband man ihm die Adern, so dass er drei Tage lang mit dem Tod zu ringen hatte (Todestag 29. Mai 1886), ohne eine andere Klage hören zu lassen als die des sterbenden Heilandes am Kreuz: Mich dürstet!
In Namugonga angekommen, mussten die Streiter Christi noch eine Woche im Kerker schmachten, um sie zum Abfall mürbe zu machen. Aber standhaft harren sie aus. Es ist der 3. Juni. Bleich und matt von Fasten und Leiden, aber mit aufrechtem Haupt und freudigem Blick treten die jungen Bekenner den Weg zum Richtplatz an. Dort banden sie die Henker in Bündel von dürrem Schilf, um sie einem langsamen Feuertod zu überantworten. Drei kaum vierzehnjährige Knaben will man verschonen, obwohl sie unerschüttert bekennen: „Solange wir leben, wollen wir beten.“ Dionysius Kamjuka ist unter ihnen. „Leb wohl, Dionys, ich gehe zum Himmel,“ ruft ihm sein Freund Mbaga zum Abschied zu. Dionysius kann vor Schluchzen nicht antworten. Allzu gerne möchte er mit den Freunden sterben. Heute kann er, in seligem Erinnern an jene großen Tage mutvollen Bekennertums, sie schauen im Glorienschein der Seligen auf den Altären der katholischen Kirche.
Einer der damals Mitbegnadeten, Simeon Sebuta, rief, als er seine Kameraden in die Schilfbündel gebunden sieht: „Wo ist denn mein Bündel? Jeder hat eins, ich will auch eins haben.“ Und der Oberscharfrichter Mukajjanga scheint darauf eingehen zu wollen. Er bindet die drei in eine Garbe, legt sie aber abseits des Haufens, so dass sie nachher vom Feuer verschont blieben. Einen aber möchte er, der grausame Mann, um alles gerne retten, seinen eigenen fünfzehnjährigen Sohn Mbaga Tuzinde. Schon am Tag der Verurteilung hatte er ihm zur Flucht geraten, aber der Knabe blieb. Als dieser dann auf dem Richtplatz ankam, holten ihn seine Verwandten weg, um ihn zum Abfall zu bringen. Wieder kam er als Sieger zurück, zur Freude seiner besorgt für ihn betenden Kameraden. Nun versucht Mukajjanga zum letzten Mal, seinen Liebling dem Feuertod zu entziehen. Mbaga weist alles zurück. „Vater,“ bittet er, „der König hat es befohlen, du bist sein Diener. Ich kenne die Ursache meines Todes. Es ist mein Glaube. Vater, töte mich!“ Verzweifelnd lässt der Scharfrichter, um dem Kind weitere Qualen zu ersparen, es durch einen Keulenschlag auf den Nacken töten und in Schilf gewickelt in die Reihe der Lebenden legen.
Die lebendigen Opfergarben werden angezündet. Die Flammen züngeln auf, fressen langsam weiter, knistern, prasseln und lodern unter dem Siegesgeschrei der hundert federgeschmückten Henker. Aus der Feuersglut ertönt das laute Gebet der gepeinigten Helden, es wird schwächer, bis Stimme um Stimme verstummt.
Als letzter war Karl Luanga gestorben, den man abgesondert hatte. Langsam ließ man ihn, bei den Füßen beginnend, verkohlen. Höhnisch forderte ein Henker ihn auf, seinen Gott zu Hilfe zu rufen. „Du Tor,“ antwortete ihm Karl, „du weißt nicht, was du sagst. Du gießt frisches Wasser auf meine Füße. Hüte dich, dass Gott dich wegen deiner Lästerung nicht eines Tages ins unauslöschliche Feuer wirft.“
Neun Tage nach dem ruhmvollen Tod der Pagen kam Josef Nfingisira von einer Gesandtschaftsreise nach Uganda zurück und erhielt Kunde von dem Geschehenen. Sofort stellte er sich dem König als Christ und wurde verurteilt. Auf die Bemühungen seiner hohen Verwandten hin wurde die Hinrichtung aufgeschoben. Aber 28 Monate lang musste der furchtlose Bekenner, in Pflock und Eisen gefesselt, in grausamer Kerkerhaft zubringen, bis der Sturz Muangas ihn aus den Banden befreite. Wer vermag die Gefühle auszusprechen, die ihn am Tag der Seligsprechung seiner Mitbrüder beseelt haben mögen! Einzigartige Auserwählung, ein solches Ereignis zu erleben!
„Verlangt die Stunde auch nicht Martyrerblut, so verlangt sie doch Martyrermut. Ehret das Martyrerblut, das von dem unerbittlichen Christushass eines heidnischen Tyrannen und der unnatürlichen Genusssucht eines Wüstlings gefordert, von der glühenden Christusliebe jugendlicher Neubekehrter und der opferfreudigen Entsagung keuscher schwarzer Jünglinge hingegeben wurde. Durchdringt euch mit Martyrermut, um den Kampf gegen die beiden Hauptübel der Zeit, die Menschenfurcht und die Genusssucht, siegreich bestehen zu können!“ Mahnung Papst Benedikts XV. bei Bekanntgabe des Dekrets über die Echtheit des Martyriums der 22 afrikanischen Martyrer am 29. Februar 1920.