Bayern verehrt als einen seiner verdientesten Apostel und als ersten Bischof von München-Freising den heiligen Korbinian. Chartres im Bistum Paris ist seine Vaterstadt. Sein Vater starb schon vor seiner Geburt (um 680), seine fromme Mutter leitete das empfängliche Gemüt ihres Sohnes zur Gottesliebe. Als seine Mutter gestorben war, verkaufte er sein Erbe, gab den Erlös den Armen und baute sich neben der Kapelle des heiligen German eine Hütte, und übte sich vierzehn Jahre in Bußwerken, Gebet, Betrachtungen. Mehrere fromme Männer gesellten sich ihm zu und empfingen seinen Unterricht, durften aber nicht in seine Zelle kommen. Bald kamen zahllose Hohe und Niedrige, um bei ihm Rat einzuholen oder geistige Hilfe von ihm zu erlangen. Selbst Pipin von Heristal bat ihn um sein Gebet. Um in seinen Andachtsübungen nicht gestört zu werden, verließ er seine Zelle und reiste über die Alpen nach Rom, um daselbst bei der Kirche des heiligen Petrus in einer einsamen Zelle Gott zu dienen. Der Papst Konstantin durchschaute seinen Geist und sein Herz und sprach: „Das Licht darf nicht unter den Scheffel gestellt werden, sondern auf den Leuchter. Ich werde dich zum Priester und zum Bischof weihen für solche Gegenden, die noch keinen Bischof haben.“ Der demütige Korbinian unterwarf sich dem Willen des Papstes und kehrte als Bischof und mit dem Pallium beehrt in seine Zelle bei Chartres zurück. Mit dem Flammenschwert des Wortes Gottes traf er die herrschenden Laster aufs Haupt und gewann herrliche Siege unter Adel und Volk. Selbst der Großhofmeister des Königs von Frankreich lud ihn ein, nach Paris zu kommen.
Auf der Reise dahin kam er an einem Galgen vorbei, wo eben ein berüchtigter Dieb, namens Adalbert, aufgeknüpft werden sollte. Voll Mitleid mahnte Korbinian den Verbrecher zur Reue, hörte des Zerknirschten Beichte und bat die Gerichtsdiener, mit der Hinrichtung zu zögern, weil er Begnadigung für ihn erbitten wollte. Während er zu Pipin eilte und wirklich Begnadigung für den Missetäter erhielt, hatte man ihn bereits aufgeknüpft. Der rückfahrende Bischof war sehr betrübt, ließ den Leichnam vom Galgen nehmen, betete über ihn, und siehe, der Unglückliche kehrte zum Leben zurück, führte fortan ein gottseliges Leben und starb eines heiligen Todes.
Die Wunder und Predigten Korbinians verschafften ihm immer größere Verehrung, gegen die sich seine Demut und Weltverachtung sträubte. Deshalb reiste er nach sieben Jahren zum zweiten Mal nach Rom, um den Papst zu bitten, dass er ihm gestatte, seine Würde niederzulegen und den Verkehr mit der Welt abzubrechen. Um nicht unterwegs aufgehalten zu werden, nahm er seinen Weg durch Schwaben und Bayern, predigte das Evangelium mit dem besten Erfolg und fand liebevolle Aufnahme beim Herzog Theodo II., der vor kurzem den heiligen Rupert nach Bayern berufen hatte und nun auch Korbinian in Regensburg zu behalten wünschte. Aber weder die Bitten des Herzogs Theodo, noch die seines Sohnes Grimoald, der in Freisingen residierte, konnten den demütigen Bischof zum Bleiben bewegen.
Auf seiner Reise durch Tirol übernachtete er am Fuß des Brenners. Ein Bär zerriss ihm sein Maultier. Korbinian peitschte den Bären tüchtig, lud ihm dann sein Gepäck auf und befahl ihm im Namen Gottes, es bis nach Rom zu tragen.Der Bär gehorchte willig. Zur Erinnerung an diese Begebenheit trägt Freisingen noch heute einen Bären im Stadtwappen. Papst Gregor II. nahm Korbinian sehr gütig auf, schlug ihm aber entschieden die Bitte ab, als Einsiedler dort zu bleiben, befahl ihm vielmehr nach Bayern zurückzukehren und dort den Glauben zu verbreiten.
Korbinian gehorchte demütig. Auf seiner Rückreise hielten ihn die Bewohner von Mais bei Meran in Südtirol fest, weil sie vom Herzog Grimoald den Befehl erhalten hatten, ihn nicht anderswohin ziehen zu lassen. Während ein Bote vom Herzog weitere Maßregeln einholte, besuchte Korbinian die Umgegend und erkor sich bei der Kirche des heiligen Valentin ein Plätzchen, um dort seine Tage zu beschließen.
Unterdes kehrten die Boten mit dem Auftrag zurück, Korbinian an den herzoglichen Hof zu begleiten. In Freising erklärte er aber mutig, wie ein Johannes der Täufer, dem Herzog: „Es ist dir nicht erlaubt, des Bruders Frau zu haben.“ Grimoald bestand einen harten Kampf zwischen sinnlicher Leidenschaft und heiliger Pflicht, denn Piltrud war sehr schön und liebte ihn sehr. Endlich siegte die Gnade Gottes über das Herz des Fürsten, er fiel dem Heiligen reuig zu Füßen und entließ seine Schwägerin.
Der Herzog Grimoald wünschte, Freising zu einem Bistum zu erheben, und übergab ihm zu diesem Ende die schon vorhandene Marienkirche auf dem Berg zu Freising nebst den umliegenden Wohnungen und Gründen zum Unterhalt der Geistlichen. Korbinian fing an, die Felder urbar zu machen, Getreide zu säen, Reben und Obstbäume anzupflanzen, und wurde so der Wohltäter des ganzen Landes. Mit dem Herzog reiste er nach dem lieb gewonnenen Meran und gewann dessen Freundschaft in dem Maß, dass er bedeutende Güter daselbst als Geschenk erhielt zum Unterhalt seines neuen Bistums. Auf dem Berg Tetmans (heute: Weihenstephaner Berg) erbaute er eine Kirche zu Ehren des heiligen Stephanus mit einem Kloster, das unter dem Namen Weihenstephan zu sehr hohem Ansehen gelangte. Jede Nacht pflegte er dort mit den Mönchen das Chorgebet zu singen und sich für seinen heiligen Beruf neue Kraft zu sammeln.
Während der heilige Bischof für die geistige und leibliche Wohlfahrt seines Volkes segensreich wirkte und die Liebe aller Edeldenkenden gewann, sann die verstoßene Piltrud auf sein Verderben. Mit ihrem gleichgesinnten Geheimschreiber Ninus dang die gottlose Frau Meuchelmörder, die zur Nachtzeit in das Schlafgemach Korbinians drangen, aber der hatte den Mordplan entdeckt und war nach Mais entflohen. Dort war er unter dem Schutz des Longobardenkönigs Luitprand sicher. Als der Herzog von der Flucht erfuhr, ließ er den Bischof dringend um Rückkehr bitten, aber der sah voraus, dass er in Freising nicht mehr nützen könne, denn Grimoald lebte wieder mit Piltrud in Blutschande. Bald traf die Rache Gottes die Unbußfertigen. Die Franken fielen ins Bayernland, erschlugen Grimoald, erdolchten Ninus, beraubten Piltrud aller ihrer Schätze und führten sie gefangen nach Frankreich. Dann wurde sie auf einem Esel nach Italien geführt und starb im größten Elend.
Auf die Einladung des neuen Herzogs Huchert und den Wunsch des ganzen Bayernvolkes kehrte Korbinian in sein Bistum zurück, und arbeitete zum Segen des Landes mit aller Kraft. Da ihm Gott die Stunde seines Todes offenbarte, ließ er den König Luitprand bitten, er möge die Güter in Mais der Kirche in Freising als Eigentum bestätigen und seine Leiche in der St. Valentinskirche begraben lassen, wozu der gern seine Einwilligung gab. Am Sterbetag feierte er morgens die Heilige Messe, kehrte dann in seine Wohnung zurück, legte sich entkräftet nieder, ermahnte die Geistlichen, treu im Glauben auszuharren, bezeichnete sich mit dem heiligen Kreuz und gab schmerzlos seinen Geist auf am 8. September 730.
Seinem Wunsch gemäß wurde Korbinian in der von ihm restaurierten Valentinikirche zu Mais begraben. Nachdem jedoch die Langobarden den Leib des heiligen Valentin nach Trient und später Herzog Tassilo II. nach Passau überführt hatte, ließ Bischof Aribo Korbinians Leiche, die noch völlig unverwest und rotwangig war, nach Freising bringen und in der Domkirche feierlich beisetzen. Als die Leiche eingesetzt wurde, sprudelte zu Weihenstephan die Quelle wieder, die der Heilige bei einem Besuch der dortigen Kirche mit seinem Stab hervorgerufen hatte, und die versiegte, als man seinen Leib nach Mais ausführte.