Unter der Regierung des römischen Kaisers Severus brach in Ägypten, und besonders in der Stadt Alexandrien, eine Verfolgung gegen die Christen aus, in der zahllose Zeugen der Wahrheit die herrliche Krone der Martyrer erlangten. Diese grausame Verfolgung dauerte mit kurzen Unterbrechungen mehrere Jahre, weshalb hier mehrere Martyrer, die zwar nicht zur gleichen Zeit, aber an diesem Ort und in dieser Verfolgung den Martertod erlitten haben, zusammengestellt sind.
Leonidas war der Vater von sieben Söhnen und ein sehr eifriger Christ. Er wurde des christlichen Bekenntnisses wegen ergriffen und ins Gefängnis geworfen. Sehr merkwürdig ist, was die Geschichte zu diesem Anlass von seinem ältesten Sohn, der siebzehn Jahre alt war, und Origenes hieß, erzählt. Mit viel Sorgfalt wurde er, wie seine Geschwister, in seiner Jugend schon im Christentum unterrichtet und durch das ausgezeichnete Beispiel der Eltern im Glauben gefestigt. Als man seinen Vater in den Kerker geführt hatte, wurde der feurige junge Mann von so heftigem Verlangen ergriffen, in Fesseln und durch Marter und durch den Tod Zeugnis für Jesus Christus zu geben, der durch Leiden und Tod die Freiheit der Kinder Gottes und uns ewiges Leben erworben hat, dass er sich freiwillig den Feinden des Christentums ins Gefängnis und in den Martertod ausliefern wollte. Das dringende Zureden und die Bitten seiner Mutter hielten ihn einige Zeit von der Ausführung dieses Entschlusses zurück. Bald aber wurde sein Verlangen nach dem Martertod so heftig, dass weder Bitten noch Tränen imstande waren ihn zu bremsen. Die bekümmerte Mutter kam endlich auf den Gedanken, seine Kleider zu verstecken, und so nötigte sie ihn zu Hause zu bleiben. Während er gezwungen war das Haus zu hüten, beschäftigte er sich immerfort mit den Vorstellungen vom Glück der Märtyrer. Er schrieb die rührendsten Briefe an seinen Vater in das Gefängnis, in denen er ihn aufmunterte, im christlichen Bekenntnis standhaft zu verharren, und ihn dringend bat, dass er sich durch die Sorge um seine Kinder ja nicht wankend machen lassen solle.
Wenn der Vater dieser Ermunterung auch nicht bedurfte, so mussten doch solche Gedanken des geliebten Sohnes ihm größte Freude verschaffen und seine Bereitschaft und das Verlangen nach der Marterkrone noch mehr entflammen. Leonidas wurde als christlicher Martyrer enthauptet. Nach seinem Tod sah sich Origenes mit seiner Mutter und sechs jüngeren Brüdern in größte Armut versetzt, da das väterliche Vermögen von der heidnischen Obrigkeit eingezogen worden war. Eine reiche Frau nahm ihn in ihr Haus auf. Mit den großen Geistesgaben, mit denen er von der gütigen Vorsehung beschenkt wurde, und mit seinem rastlosen Fleiß machte er so große Fortschritte in den Wissenschaften, dass er allgemein bewundert wurde und bald öffentlichen Unterricht erteilte. Mit dem Unterricht in den weltlichen Wissenschaften verband er immer auch die Lehre des Heils durch das Christentum, weshalb ihm vom Bischof Demetrius die öffentliche Schule anvertraut wurde, in der diejenigen in der christlichen Lehre unterrichtet wurden, die sich zur Annahme des Christentums entschlossen oder es wirklich schon angenommen hatten. Jetzt entsagte er ganz dem Lehramt in den weltlichen Wissenschaften und widmete sich einzig dem heiligen Unterricht, mit einem Eifer, der auch heut zu Tage noch die höchste Bewunderung verdient. Er lebte so streng, dass er mit der täglichen Ausgabe von zwölf Kreuzern seine Bedürfnisse bestritt, übte sich in Fasten und strengen Abtötungen, widmete den Tag dem Unterricht und den Diensten der Liebe und den heiligen Schriften den größten Teil der Nacht. Die kurze, dem Schlaf bestimmte Zeit ruhte er nicht in einem Bett, sondern auf dem harten Fußboden. Der Statthalter Aquila quälte die Christen in harter Verfolgung. Währenddessen widmete sich Origenes in heiliger Liebe dem Dienst der gesamten alexandrinischen Christengemeinde. Er bekräftigte die Christen und Christinnen im Glauben, verkündete mit apostolischer Freimütigkeit den Heiden das Evangelium, besuchte die Bekenner Jesu Christi in ihren Fesseln, begleitete sie zum Verhör und zur Richtstätte und stand ihnen bei bis in den Tod. Dadurch erregte er gegen sich den bittersten Hass der Gegner der Christen. Sie rotteten sich zusammen, warfen Steine nach ihm, besetzten seine Wohnung mit Soldaten und misshandelten ihn sehr grausam auf verschiedene Weise mit der Absicht, ihn aus dem Weg zu räumen. Allein Gottes Hand schützte ihn und bewahrte sein für die Christen so kostbares Leben. Nicht nur durch seine Lehre, sondern durch seine gute Lebensweise gewann er unzählige Seelen für Jesus Christus. „Wie seine Lehre, so war auch sein Leben; und wie sein Leben, so auch seine Lehre“, sagt der Geschichtsschreiber Eusebius. Darum zog er unter dem mächtigen Einfluss der göttlichen Gnade so viele mit sich auf den Weg des ewigen Lebens.
Er sah bald einige seiner Jünger, die er dem Heidentum entrissen hatte, als Märtyrer sterben. Plutarchus war der erste, den er zum Glauben an den Sohn Gottes geführt hatte, und unter seinen Jüngern auch der erste Märtyrer. Origenes besuchte ihn im Gefängnis und verließ ihn bis zum Tod nicht. Bis zum letzten Atemzug stand er ihm bei und würde deswegen vom Volk, das ihm den Tod dieses jungen Mannes anrechnete, getötet worden sein, wenn nicht eine besondere göttliche Fügung ihn auch diesmal beschützt hätte. Der zweite Märtyrer von den Schülern des Origenes war Serenus, dessen Glaube im Feuer geprüft und bewährt befunden wurde. Der dritte war Herazides und der vierte Heron. Alle wurden durch das Schwert hingerichtet. Einer war erst getauft worden, einer war aber noch Katechumen, also durch die Bluttaufe Jesu Christi geheiligt. Ein anderer Schüler von Origenes, der auch Serenus hieß, duldete viele Marter und wurde schließlich enthauptet.
Auch Frauen aus der Schule des Origenes erkämpften sich in dieser Verfolgung die Marterkrone. Herais erhielt die Taufe durch das Feuer, das heißt, sie war noch Katechumen und wurde lebendig verbrannt.
Potamiäna war die Magd eines heidnischen Herrn, der von dem wilden Feuer der Wollust ganz beherrscht wurde. Er ließ sich von ihrer einzigartigen Schönheit betören und machte ihr die schändlichsten Anträge, die er durch Bitten und Versprechungen durchzusetzen versuchte. Die heilige Jungfrau widersetzte sich ihm mit fester Standhaftigkeit. Sie ließ sich durch keine Bitten bewegen, durch keine Versprechung blenden und durch keine Drohung erschrecken, sondern war entschlossen, eher das Leben, als den köstlichen Schatz der Unschuld zu verlieren. Darüber geriet der wollüstige Mann in Wut, überlieferte sie dem Statthalter mit einer Summe Geldes und mit der Bitte, sie durch Schrecken zu bewegen, dass sie sich seiner Lust ergebe, sie aber, wenn sie sich nicht dazu entschließen wollte, töten zu lassen. Der unmenschliche Statthalter ließ sie verschiedene grauenvolle Marter erdulden und drohte ihr schließlich, dass er sie den wilden Lüsten der Schergen preisgeben werde, wenn sie nicht Christus verleugnen und ihrem Herrn gehorsam sein wolle. Sie gab darauf eine Antwort, die für die Heiden wie eine Lästerung war. Sogleich erhielt ein Soldat, Basilides mit Namen, den Befehl, sie zur Hinrichtung abzuführen. Sie sollte entkleidet und in einen Kessel voll siedenden Peches verbrannt werden; dies war die schreckliche Todesstrafe, die der grausame Richter aussprach. Die schamhafte Jungfrau fürchtete sich mehr vor der schamlosen Entkleidung, als vor der schmerzlichen Todesstrafe. Sie bewog deshalb den Richter durch ihre dringenden Bitten, dass ihr die Kleider am Leib gelassen wurden. Sie wurde nun wirklich in das siedende Pech eingetaucht, zuerst mit den Füßen und nach und nach tiefer, bis es das Haupt erreichte und sie ihren Geist aufgab. Auch Marzella wurde durch den Martertod vollendet.
Als Potamiäna zum Marterplatz geführt wurde, drängte sich das Volk mit großem Ungestüm hinzu und stieß Schmähungen und unzüchtige Worte gegen sie aus. Der Soldat Basilides schreckte das Volk zurück und erwies sich gegen sie mitleidig und freundlich. Die heilige Martyrin wurde gerührt durch dieses Betragen des Kriegers und sprach zu ihm, er solle guten Mutes sein, sie werde nach ihrem Tod Gott für ihn bitten, der ihm seine an ihr erwiesene Menschenfreundlichkeit gewiss vergelten würde.
Bald nach ihrem Tod geschah es, dass die Mitsoldaten den Basilides zu einem Eid veranlassen wollten. Er erklärte, dass er nicht schwören dürfe, weil er ein Christ sei. Die Soldaten glaubten, dass er scherze. Als er aber auf dem Bekenntnis, ein Christ zu sein, verharrte, wurde er vor den Richterstuhl geführt, und weil er auch da den heiligen Glauben bekannte, in Fesseln gelegt und ins Gefängnis geworfen. Mehrere Gläubige besuchten ihn im Gefängnis und fragten ihn nach der Ursache seiner plötzlichen Bekehrung. Diesen erzählte er, Potamiäna sei ihm 3 Tage nach ihrem Martertod bei Nacht erschienen, habe ihm einen Kranz auf das Haupt gesetzt und erzählt, dass sie für ihn beim Herrn gebetet habe, dass sie erhört worden sei und dass er in Kürze bei ihr sein werde. Basilides wurde hierauf von den Gläubigen im Gefängnis getauft, legte am folgenden Tag vor dem Statthalter ein herrliches Bekenntnis von Jesus Christus ab und wurde enthauptet.