Marcella war aus einem edlen römischen Geschlecht entsprossen und hatte von Jugend auf eine solche Liebe zur Gottseligkeit, dass sie sich nach dem Tod ihres Gemahls, mit dem sie sieben Monate im Ehestand lebte, entschloss, ein einsames, gottgeweihtes Leben zu führen. Deswegen wies sie auch alle Anträge der angesehensten Männer in Rom, besonders des berühmten Bürgermeisters Cerealis, zurück, kleidete sich wie eine Büßerin und las Tag und Nacht in den heiligen Schriften, um ihr Leben nach der Lehre Jesu zu ordnen. Um ihre Sinnlichkeit dem Geist zu unterwerfen, genoss sie keine Fleischspeise und keinen Wein, sondern begnügte sich mit Brot und Wasser, mied jeden Besuch, die Kirche der heiligen Apostel ausgenommen, wo sie täglich dem Gottesdienst beiwohnte. Damals waren in Rom noch keine Klöster. Als aber der heilige Athanasius samt seinen Priestern von den Arianern aus Alexandria verbannt wurde und nach Rom kam und der frommen Marcella von der abgetöteten und rauen Lebensweise des heiligen Antonius und seiner Einsiedler erzählte, veränderte sie sogleich ihre Wohnung in ein Kloster und ihr gebührt der Ruhm, dass sie die erste Nonne in der Stadt Rom war. Große Verdienste sammelte sich auch diese Heilige dadurch, dass sie mutig gegen die Irrlehren des Origenes kämpfte, den Anhängern derselben ihren Irrtum zeigte und sich schließlich an den heiligen Papst Anastasius wendete, dass er diese Ketzerei öffentlich verdammte. So bewirkte und verbreitete Marcella Frömmigkeit und Tugend unter ihren Zeitgenossen, so kämpfte sie für die Reinheit und Wahrheit der Lehre Jesu, bis sie am Ende ihres Lebens auch noch durch harte Verfolgungen geprüft wurde. Nachdem Alarich, der König der Goten, Rom erobert hatte und seine Soldaten die ganze Stadt verheerten, fielen sie auch im Kloster der eiligen Marcella ein und da sie dort keine Reichtümer, sondern die größte Armut fanden, misshandelten sie die Heilige bis auf das Blut und schleppten sie schließlich in die Kirche des heiligen Apostels Paulus, wo sie Hunger und Elend aller Art erduldete und schließlich am Ende des Jahres 410 selig verschied.