Markus und Marcellianus waren Brüder, und stammten aus einer der ersten Familien Roms. Beide waren schon in ihrer Jugend zum Christentum bekehrt worden, traten nachher in den Ehestand, und lebten in hohen Ehren.
Als Diokletian im Jahr 284 auf den Kaiserthron gelangt war, erhoben sich kurz nachher verschiedene Stürme gegen die Christen, zwar nicht als hätte dieser Fürst schon damals Befehle gegen die Kirche ergehen lassen, sondern weil er sich der Wut der Götzendiener nicht widersetzte. In einer dieser Verfolgungen wurden nun auch Markus und Marcellian verhaftet, in das Gefängnis geworfen, und dann von Chromatius, dem Stellvertreter des Präfekten der Stadt Rom, zur Enthauptung verdammt.
Ihre Verwandten gaben indessen die Hoffnung nicht auf, eine Widerrufung des gefällten Urteils zu bewirken. Sie erlangten einen Verschub von dreißig Tagen, weil sie sich schmeichelten, die Bekenner dahin zu stimmen, dass sie sich dem Verlangen des Richters fügten. Man brachte sie daher in das Haus des Nikostrat, ersten Schreibers der Präfektur. Tranquillin, ihr Vater, Marcia, ihre Mutter, samt ihren Frauen mit den noch kleinen Kindern, besuchten sie in diesem Verhaft, und bemühten sich durch Bitten und Tränen ihre Standhaftigkeit zu besiegen, und sie zum Abfall zu bewegen. Allein der heilige Sebastian, ein Hofbedienter des Kaisers, der sein kurzem nach Rom gekommen war, besuchte sie alle Tage, um sie zur unerschütterlichen Beharrlichkeit zu ermahnen. Diese Unterredungen hatten zudem noch den schönen Erfolg, dass Tranquillin, Marcia und die Gattinnen der zwei Heiligen sich auch bekehrten. Auch Nikostrat entsagte dem Heidentum, worin ihm sogar bald Chromatius nachfolgte, der die Bekenner dann in Freiheit setzte, und sich, nachdem er sein Amt niedergelegt hatte, auf ein Landgut zurückzog.
Ein christlicher Hauptmann, namens Castulus, verbarg Markus und Marcellian in dem Gemach, das er im kaiserlichen Palast hatte. Allein sie wurden durch Torquatus verraten, der feigherzig vom Glauben abgefallen war; worauf man sie von neuem gefänglich einzog. Fabianus, der Chromatius in dem Amt nachgefolgt war, verurteilte sie, mit den Füßen an einen Pfahl genagelt zu werden, in welchem schmerzhaften Zustand sie einen Tag und eine Nacht blieben, bis sie des folgenden Tages mit Lanzen durchbohrt wurden. Man beerdigte sie zwei Meilen von Rom, in dem Arenarium, welches nachher in einen Kirchhof ihres Namens umgewandelt wurde, der zwischen der appischen und ardeatischen Straße lag. Ihr Fest ist in allen alten Martyrologien auf diesen Tag angezeigt.
Oft legte man einer Handlung den Namen Tugend bei, die doch nur den Schein hat. Die Verfolgung ist gleichsam der Prüfstein, durch den man die wahre Tugend unterscheidet. Nur die Prüfungen können beweisen, was wir in der Wirklichkeit sind. Es kostet uns wenig zu sagen, dass wir Gott über alles lieben; es kostet uns ebenfalls nicht mehr uns einzubilden, dass wir den Mut der Märtyrer haben würden, solange die Gefahr entfernt ist. Wo sind aber die Beweise, die die Aufrichtigkeit unserer Liebe zu Gott zeigen? „Die Verfolgung“, sagt der heilige Bernhard, „lehrt den Unterschied zwischen einem guten Hirten und einem Mietling.“ Dieser Grundsatz lässt sich nach Verhältnis auf die Christen aller Stände anwenden.