Am 20. Dezember des Jahres 1540 verschied die fromme Dienerin der seligsten Jungfrau die selige Maria Laurentia Longa, die mit Recht gleich einer Heiligen verehrt wird. Entsprossen aus einer adeligen Familie in Katalonien hatte sie sich, kaum zur Jungfrau herangewachsen, mit einem edlen Italiener vermählt. Wie sie selbst von ihren Eltern in der Furcht des Herrn erzogen worden war, so erzog auch Maria Laurentia jetzt ihre Kinder, mit denen Gott ihre Ehe segnete, aufs Beste, und sah auch auf einen rechtschaffenen Wandel ihrer Hausgenossen. Dieser Eifer für die Ehre Gottes und das Wohl der Mitmenschen war es nun auch einmal, der Maria einige Worte des Tadels gegen eine ihrer Hausmägde aussprechen ließ. Aus teuflischer Rache mischte sie nun Gift unter die Speise. Zwar hatte der Genuss dieses Giftes nicht den Tod der frommen Dienerin Gottes zur Folge, allein ihr Körper wurde dadurch gänzlich geschwächt und siechte elend dahin trotz aller angewandten Mittel, so dass sie ihrem sicheren Tod entgegenging. Da ließ sie sich nach Loretto bringen und suchte Hilfe bei ihr, die sie von Jugend auf so kindlich verehrt, so innig geliebt hatte. Maria half ihr auch und befreite sie von ihrem Leiden. Da der Priester, den sie um Darbringung des heiligen Messopfers am Liebfrauen-Altar gebeten hatte, zur bestimmten Stunde nicht erschien, kam ein anderer unbekannter und las die erbetene Messe für die Kranke mit dem Evangelium von der Heilung des Gichtbrüchigen. Nach Beendigung des mit glühender Andacht angehörten Messopfers ruft Maria plötzlich: „Lobet Gott, denn ich bin vollkommen geheilt.“ Aus Dankbarkeit nun für diese wunderbare Rettung lebte sie von nun an den Werken der Barmherzigkeit und der Nächstenliebe. Sie ließ besonders viele heilige Messen für die armen Seelen im Fegfeuer lesen, machte viele Stiftungen für arme und Kranke und brachte eine Menge verirrter Mädchen und Frauen auf den Weg der Buße.
Ihre schönste Stiftung war das berühmte Spital der Unheilbaren in Neapel. Hier pflegte sie selbst die Kranken, wenn sie auch von den ekelhaftesten Krankheiten behaftet waren und tat alles, was nur Liebe zu tun im Stande ist. Für diese Liebe und Aufopferung belohnte sie Gott mit der Gabe der Wunder. Ging eine bereits dreimal geheilte weibliche Person wieder dem Laster nach, so erflehte Maria von Gott die Gnade, dass sie wieder von der Krankheit überfallen und nie mehr davon befreit wurde, damit sie Gott nicht mehr beleidigen konnte.
Als ein wahrer Engel erschien sie den Unglücklichen während der Zeit der Pest. Sie ging von Haus zu Haus, brachte geistliche und leibliche Hilfe den Pestkranken und erwarb sich dadurch unaussprechliches Verdienst.
Als im Jahr 1530 die Kapuziner nach Neapel kamen, unterstützte sie die frommen Väter auf alle mögliche Weise. Um diese Zeit war Maria schon so weit vorgeschritten, dass sie eine Wallfahrt nach Jerusalem nicht mehr machen konnte. Dafür stiftete sie das Kloster Unserer Lieben Frau von Jerusalem. Neunzehn Schwestern bezogen mit ihr das Kloster und legten das Gelübde auf die dritte Regel des heiligen Franziskus von Assisi ab. Wegen des bußfertigen Lebens, das die frommen Schwestern unter der Oberleitung der Kapuziner führten, gab ihnen das Volk den Namen Schwestern vom Leiden. Andere dagegen nannten sie die braunen Kapuzinerinnen.