Die heutige Feier ist einem Namensvetter des gestrigen Tagesheiligen geweiht. Es ist der heilige Papst Martin I., der die Kirche Gottes in den Jahren 649 bis 655 leitete, ein Martyrer und ein Schmerzensmann, der nach den Worten der Heiligen Schrift teilnehmen durfte an den Leiden Christi.
In jener Zeit, da der heilige Papst Martin lebte, gab es zwar keine blutigen Christenverfolgungen mehr, aber Irrlehrer waren am Werk, welche die wahre Lehre vom Gottessohn verfälschten, indem sie entweder seine Gottheit oder seine Menschheit leugneten, obwohl er doch Gott und Mensch zugleich ist, wie es im Credo der Heiligen Messe ganz klar ausgedrückt ist.
Da war es weiter nichts als die Pflicht des obersten Hirten in Rom, die Irrlehre zu verurteilen und die hartnäckigen Ketzer zu bannen. Das tat Martin, aber da mischte sich der Kaiser, der damals weit weg von Rom in Konstantinopel wohnte, in den Streit, der ihn doch gar nichts anging, und hielt es mit den Irrlehrern. Alles Weitere kann man sich denken, und wieder einmal musste ein hochgemuter Christusheld in der Nachfolge des göttlichen Meisters den glorreichen Weg des Kreuzes beschreiten.
Von Konstantinopel kam ein Geheimbefehl des Kaisers, man solle den Papst während der Heiligen Messe am Altar erdolchen. Man wollte also kurzen Prozess machen, aber Gott vereitelte den verbrecherischen Anschlag dadurch, dass der Meuchelmörder gerade in dem Augenblick, als er sich auf den Papst stürzen wollte, erblindete und wie tot zu Boden fiel. Daraufhin ließ man Martin für einige Zeit in Ruhe.
Eines Tages kam jedoch ein neuer kaiserlicher Befehl. Papst Martin sei zu verhaften und nach Konstantinopel zu überführen, aber nicht eilig, sondern auf einem langsamen Schub, und unterwegs sollte der päpstliche Häftling auf dem Schiff in jeder erdenklichen Weise gequält werden, man solle ihn hungern und dürsten lassen und schlagen und einsperren, damit seine Körper- und Willenskraft gebrochen, seine Geduld erschöpft und sein Gemüt zur Nachgiebigkeit gebracht werde.
Achtzehn Monate dauerte die weit in die Länge gezogene Seereise Martins von Rom nach Konstantinopel. Dort war man bei seiner Ankunft enttäuscht, dass er noch lebte. Man warf den Entkräfteten ins Gefängnis, wo der Glaubensheld, mit Ketten gefesselt, frierend und hungernd drei harte Wintermonate verbrachte. Immer hoffte man, der oberste Wächter des Glaubens werde mürbe werden, aber er wurde nicht mürbe, und je mehr der Körper verfiel, desto stärker entwickelte sich der Mut des Bekenners. Schließlich wurde ein Schauprozess aufgezogen. Die Anklage lautete auf Hochverrat gegen den Staat und das Urteil selbstredend auf Tod. Bevor das Lügenurteil vollstreckt wurde, tat man dem Papst Martin eine letzte hohe Ehre an, indem man ihm auf öffentlichem Platz vor allem Volk die Zeichen der hohenpriesterlichen Würde vom Leib riss, wie man auch den Heiland auf Golgatha seiner Kleider beraubte.
Doch da hatten sich die Gewaltmenschen zu viel herausgenommen, das Volk, dem langsam die Augen aufgingen, begann zu murren, und der Kaiser wagte es nicht, die Hinrichtung zu vollstrecken, sondern ließ den Glaubenshelden in eine entlegene Verbrecherkolonie verbringen, wo Papst Martin ein halbes Jahr später starb und für immer mit einer Krone geschmückt wurde, im Vergleich zu der die Krone seines kaiserlichen Gegners eitel Staub war.