Das Leben der großen heiligen Frau und Königin Mathilde lässt sich passend in die drei Worte Palmsonntag, Karfreitag und Ostern zusammenfassen.
Es war da also einmal vor vielen hundert Jahren ein Edelfräulein aus dem Geschlecht des Sachsenherzogs Widukind mit Namen Mathilde. Zu Herford in Westfalen wurde das Mädchen von Klosterfrauen in den Wissenschaften und zu allen fraulichen Tugenden erzogen, und als sich mit den Jahren bei Mathilde zu der Schönheit der Seele auch eine hohe körperliche Anmut gesellte, geschah es, dass sich der Ruf von ihr weitum im Land verbreitete. Da erschien der junge Herzog Heinrich von Sachsen und begehrte Mathilde zur Frau, und bald feierten die beiden Hochzeit.
Einige Jahre später wurde Herzog Heinrich von Sachsen von den Fürsten des Landes zum deutschen König gewählt, und damals wurde dann auch aus seiner Gattin, der Herzogin, die Königin Mathilde.
Es war eine herrliche Königin. Wenn sich Mathilde, die ohnehin von hoher Frauenschönheit war, bei den großen Feierlichkeiten des Reiches, in Prunkgewänder gekleidet und mit einer goldenen Krone auf dem Haupt, dem Volk zeigte, so brach ein Beifall aus, der lebhaft an den Sturm der Begeisterung für den Heiland am Palmsonntag erinnerte. Dabei war Mathilde auch als Hausfrau ein Spiegel für alle Frauen, tüchtig und arbeitsam. Als Landesmutter nahm sie sich sorglich und mit vieler Liebe der Armen und Bedrängten an. Die eigenen Kinder, drei Jungen und zwei Mädchen, erzog sie zu christlichen Menschen, und ihrem königlichen Gemahl diente sie so hingebend, dass das Glück ihrer Ehe nie getrübt wurde. Diese Tatsache hat König Heinrich selbst noch auf dem Sterbebett anerkannt, als er von seiner guten Lebensgefährtin Abschied nahm und sagte: „Ich danke Gott, dass er dich, meine liebe Frau, noch länger zum Wohl unserer Kinder am Leben lässt, und das haben deine Treue und Tugend gar sehr verdient.“
Dreiundzwanzig Jahre lang hatte Mathildes Eheglück wie ein strahlender Palmsonntag gedauert. Dann brach nach dem Tod des Gatten der Karfreitag über sie herein, der die edle Frau umso schmerzlicher traf, weil ihr das Leid, das sie heimsuchte, von den eigenen Kindern zugefügt wurde. Die beiden Töchter, gut verheiratet, haben der Mutter nie Sorge bereitet, und Bruno, der jüngste Sohn, war zeitlebens Mathildes Freude und Sonnenschein, und gerade er wird ihr ewiger Ruhm bleiben; denn die Kirche verehrt auch ihn, den einstigen Erzbischof von Köln, als Heiligen. Die zwei anderen Söhne aber, Otto und Heinrich, haben der Mutter aufs Herz getreten.
Zunächst kämpften die beiden Brüder jahrelang in erbitterten Bürgerkriegen, die viel unnötiges Leid über das Volk brachten, um die Thronfolge. Machtlos stand Mathilde den Kampfhähnen gegenüber. Sie konnte nur beten und mahnen, und als sich die beiden schließlich versöhnten, geschah es in einer gemeinsamen Empörung gegen die Mutter, die sie wegen ihrer Wohltätigkeit gegen die Armen und Notleidenden der Verschwendung bezichtigten. Es kam so weit, dass die ungeratenen Söhne der Mutter alles Eigentum wegnahmen und sie in ein Kloster verbannten. Klaglos hat Mathilde das Leid jahrelang getragen, hat geweint und gebetet, bis die Kinder endlich zur Einsicht kamen und reumütig die verstoßene Mutter zurückriefen. Da kam über die alternde Königin ein letztes Glück wie strahlender Sonnenuntergang nach einem regenschweren Tag. Als Mathilde schließlich am 14. März 968 starb, starb mit ihr, durch Leid geläutert, eine Frau, die eine Heilige war und deren Todestag ihr die Auferstehung zum ewigen Leben brachte.