Am Fest des heiligen Nikolaus ist es bis Weihnachten nicht mehr lang. Nikolaus verdient wie kein zweiter die Ehre, der Vorbote des Christkinds zu sein, denn er ist wirklich ein guter Mann.
Nikolaus war noch jung, als im Jahr 300 seine Eltern am gleichen Tag durch die Pest zu Tode kamen. Es war bitter für den Jungen, denn Waisenkinder haben es im Leben meistens weit schwerer als andere Kinder, deren Eltern so lange Leben, bis sie groß sind.
Weil also Nikolaus früh an sich selbst erfuhr, wie tief Not und Unglück die Menschen quälen können, verstand er auch die Armen und Bedrückten. Und weil er dazu ein gutes Herz hatte, war es ihm sehr wichtig, anderen, die in Sorgen lebten, zu helfen, wo er nur konnte, und wo er nicht helfen konnte, da stand ihm sogar Gott durch offensichtliche Wunder bei.
Da war einmal zu Myra in Kleinasien, wo Nikolaus lebte, ein entsetzliches Verbrechen geschehen. Drei kleine Kinder waren getötet worden, und die Leichen hatte der Mörder in einem Fass versteckt. Als diese Tat bekannt wurde, waren die Leute entsetzt und voller Angst. Auch Nikolaus hörte von dem Mord. Sofort ging er hin und erweckte durch das heilige Kreuzzeichen die Kinder wieder zum Leben. Zur Erinnerung an dieses Wunder sieht man auf den Bildern, die den heiligen Nikolaus darstellen, ein Fass mit drei kleinen Kindern.
Auf anderen Bildern hat der Heilige ein Buch in den Händen, und auf dem Buch liegen drei goldene Äpfel. Damit hat es folgende Bewandtnis. Es lebte damals in Myra ein Familienvater, der drei Töchter hatte und so arm war, dass er nicht wusste, wie er die Kinder ernähren sollte. Als die Not immer größer wurde, kam dem verzweifelten Vater der schreckliche Einfall, die Mädchen zu verkaufen. Die Leute, die von dem Vorhaben hörten, schüttelten den Kopf und bekreuzigten sich. Nikolaus hörte auch von der Sache, schüttelte aber nicht den Kopf, sondern er beschloss, sogleich zu Hilfe zu kommen. Als es dunkel geworden war, ging er an dem Haus, in dem die unglückliche Familie wohnte, vorüber und warf durch das Fenster, das gerade geöffnet war, einen Beutel mit so viel Geld hinein, wie er im Augenblick besaß. Dann lief er fort, weil er nicht wollte, dass seine helfende Tat bekannt werde. Das gleiche tat Nikolaus, sobald er wieder zu Geld gekommen war, noch zweimal, bis die Familie von aller Not befreit war. Er tat dies ganz verborgen und still. Und so ist es auch zu verstehen, dass Sankt Nikolaus, der noch heute jedes Jahr an seinem Festtag die Kinder beschenkt, das schöne gute Werk immer in der Nacht tut, wenn die Kinder schlafen. Der heilige Mann will in seiner Bescheidenheit das Gute, das er verrichtet, nach echter Christenart heimlich tun. So soll es ja auch sein, denn, so sagt es die Bibel, beim Gutestun darf die linke Hand nicht wissen, was die rechte tut.
Auf den Bildern des heiligen Nikolaus ist neben dem Fass mit den drei Kindern, die er zum Leben erweckte, und neben den goldenen Äpfeln, die seine dreimalige Gabe an die arme Familie darstellen, auch noch ein Schiff im Sturm abgebildet. Als sich nämlich einmal ein Schiff in Seenot befand und fast unterging, erschien plötzlich auf dem Deck der heilige Nikolaus, nahm das Steuer in die Hand und führte das Schiff durch die Wellen in den sicheren Hafen. Deshalb ist Sankt Nikolaus nicht nur der Liebling der Kinder, sondern auch der Patron der Seefahrer und Reisenden auf den Meeren und auf den Flüssen.
Zuletzt ist der heilige Nikolaus Bischof in seiner Vaterstadt Myra geworden. Dort ist er auch am 6. Dezember 345 gestorben.
Aus dem "Marianischen Festkalender:
Man muss den heiligen Nikolaus mit vollem Recht unter die frömmsten Diener Mariens und die eifrigsten Verteidiger ihrer Vorzüge zählen. Von Kindheit an fastete er jeden Samstag bei Wasser und Brot zu ihrer Ehre, und täglich richtete er die glühendsten Gebete an sie. Die Mutter Gottes ließ ihm dafür den köstlichsten Segen und sogar viele höchst erfreuliche Gesichte zuteilwerden.
Als er eines Nachts im Gebet begriffen war, sah er den Heiland der Welt in großer Herrlichkeit zu sich kommen, und erhielt von dem göttlichen Meister, ein mit Gold und Edelsteinen verziertes Evangelienbuch von großem Wert zum Geschenk. Hierauf erblickte er die glorreiche Jungfrau, die sich ihm mit unendlicher Freundlichkeit näherte, und ein Pallium, wie die Erzbischöfe sie zu tragen pflegten, über die Schulter hängte. Auf diese Weise verkündigten ihm Jesus und Maria selbst, dass sie ihn für die bischöfliche Würde bestimmt hatten, zu der er bald darauf, zum Ruhm der Kirche und zum Heil der Seelen erhoben werden sollte.
Beim Konzil von Nizäa war er einer der gefürchtetsten Gegner des Arianismus, und er zeigte sich hauptsächlich voller Eifer, die Mutter Gottes wegen der sträflichen Angriffe der Neuerer zu rächen. In einer der Sitzungen hatte ein unverschämter Ketzer die Keckheit, mit einer Menge gotteslästerlicher Irrtümer über Maria hervorzutreten, und ihre schönsten Vorzüge zu leugnen. Nikolaus, der ganz außer sich geriet, warf sich auf ihn, und versetzte ihm einen derben Schlag auf seinen gottlosen Mund, indem er sich glücklich pries, auf solche Weise die seiner guten Mutter zugefügte Schmach öffentlich zu rächen. Die Väter des Konzils missbilligten jedoch dieses Benehmen, und glaubten den Bischof von Myra wegen seiner Ungeduld und Übereilung zur Strafe ziehen zu müssen. Sie erklärten daher, er solle für einige Zeit des Palliums und sogar der Mitra verlustig sein. Der Heilige unterwarf sich. Es war für ihn aber äußerst schmerzlich, die Zeichen seiner Würde nicht tragen zu dürfen. Allein Maria beeilte sich, ihm zu Hilfe zu kommen, und ihn auf eine auffallende Weise zu rechtfertigen.
Da er eines Tages eine feierliche Messe zur Ehre der allerseligsten Jungfrau zelebrierte, zeigten sich angesichts des ganzen Volkes zwei Engel, von denen der eine ihm die Mitra aufs Haupt setzte, während der andere ihm das Pallium um die Schultern hängte. Es erschien ihm ferner in der folgenden Nacht die Mutter Gottes, und sagte ihm, sie habe ihm, zum Dank für die Züchtigung, die er dem Ketzer auferlegt habe, das Pallium und die Mitra zurückgeben lassen.
So gut, so erkenntlich, so zuvorkommend sogar ist Maria zu ihren Dienern. Niemals lässt sie sich an Großmut übertreffen. Nikolaus starb am 6. Dezember 327.
Über den hl. Nikolaus
(Aus: „Katholischer Digest“, Nr. 12, Dezember 1957)
Für jedes Kind kommt einmal die Zeit, in der es erfährt, der hl. Nikolaus und sein Helfer Knecht Ruprecht seien nichts weiter als verkleidete Erwachsene, die den Kindern Angst einjagen, sie zum Bekennen ihrer Verfehlungen während des Jahres veranlassen und mit der Rute bestrafen sollen. Freilich, wer brav und artig gewesen sei, der habe nichts zu fürchten, sondern werde im Gegenteil noch belohnt.
Darin zeigt sich schon, dass es mit dem Schreckhaften dieser Gestalt – selbst der des Ruprecht – nicht gar so weit her gewesen sein kann. Und in der Tat, was wir über den Heiligen lesen, lässt uns auf einen gütigen alten Mann schließen, der niemand etwas zuleide tut, sondern vielmehr allen nur Gutes erweist – wie es von einem Bischof, und gar noch einem heiligen Bischof, mit Fug und Recht erwartet werden darf.
Der geschichtliche Nikolaus
Allerdings gab es nicht nur einen heiligen Nikolaus. Der „jüngste“ sozusagen ist der hl. Nikolaus von der Flüe aus dem 15. Jahrhundert, der Nationalheilige der Schweiz. Ein weiterer, ein Augustinermönch aus Mittelitalien, Nikolaus von Tolentino, lebte in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts. Dann Nikolaus der Pilger, ein Einsiedler, Narr in Christus und Märtyrer aus dem 11. Jahrhundert. Und schließlich der selige Nikolaus Albergati, Kartäuser, Bischof und Kardinal – wie Klaus von der Flüe - aus dem 15. Jahrhundert. Diese vier haben jedoch mit dem vorweihnachtlichen Nikolaustag nichts zu tun. Unser Nikolaus war vielmehr ein heiliger Bischof – wie Nikolaus Albergati –, weshalb er uns auch im Bischofsornat am vertrautesten ist. Er lebte vom Ausgang des 3. bis zur Mitte des 4. Jahrhunderts. Sein Geburtsort Patara, ehemals eine bedeutende Hafenstadt an der Küste Kleinasiens, ist heute fast vergessen. Meilenweit im Umkreis liegen die Trümmer antiker Baudenkmäler verstreut, überwachsen von Gras, Büschen und Bäumen. Selten kommt noch ein Wanderer in die wüste Gegend. Ähnlich verhält es sich mit Myra, dem Bischofssitz des Heiligen. Auch dies war eine bekannte Hafenstadt, heute liegt es jedoch infolge der Ablagerungen der reißenden kleinasiatischen Gebirgsflüsse einige Kilometer landeinwärts. Der heutige türkische Ort heißt Demre. Eine Erdflut hat das alte Myra nahezu ertränkt. Nur vereinzelt ragt noch hier und dort ein Bauwerk aus der 4-6 m hohen Sandschicht heraus.
Die Kirche des hl. Nikolaus blieb vor der völligen Zerstörung bewahrt. Die kleine Christengemeinde schützte das Innere vor dem Schlamm der Flüsse. Doch steigt man heute (1957) über grasüberwucherte Stufen in das alte Kirchenschiff, eine hohe, eindrucksvolle Halle mit Resten von Malereien, hinab. Bogenfenster unterbrechen die turmhohen wuchtigen Mauern. Nur vom Eingang her und durch zwei Fenster, die noch über die heutige Erdoberfläche hinausragen, dringt etwas Licht in den Raum. Zar Nikolaus II. von Russland wollte die Kirche wiederherstellen. Die russische Revolution verhinderte die Ausführung des Plans.
Die Kirche wurde bereits im 4. Jahrhundert, also kurz nach des Bischofs Tod, errichtet, ein Zeichen für die hohe Verehrung, die er schon damals genoss.
Von der alten Schönheit zeugen nur noch wenige Reste. In einer der beiden Seitenkapellen befindet sich das alte Grabmal des Heiligen. Der mächtige Marmor-Sarkophag ist jedoch übel zugerichtet. Durch ein Loch in seiner Stirnseite haben italienische Kaufleute und Seefahrer (1087) die Gebeine herausgenommen und vor den Türken nach Bari in Sicherheit gebracht.
Historisches ist über Nikolaus wenig überliefert. Wir wissen nur, dass dieser „Bekenner“ in der letzten Christenverfolgung viel erleiden musste, dass er 325 beim Konzil von Nicäa war und um 350 verstarb. Nahezu alles andere ist legendär.
Der hl. Nikolaus in der Legende
Über den hl. Nikolaus in der Legende aber könnte man ganze Bücher schreiben. Ihren Anfang nahm die Nikolausverehrung in Konstantinopel. Dort entstand die Wundererzählung von der Errettung dreier Feldherren, die zum Tode verurteilt waren. Der Heilige soll dem Kaiser erschienen sein und ihn um ihre Begnadigung und Freilassung gebeten haben. Nach Erhörung dieser Bitte wurde er in der griechischen Kirche besonders verehrt.
Der Kult griff dann nach Italien über und breitete sich nach der Überführung (man könnte auch sagen: dem Raub) der Gebeine nach Bari rasch aus. Nikolaus wurde einer der großen Volksheiligen. Sein Grab in der am Meer gelegenen Nikolauskirche der süditalienischen Hafenstadt wurde zum Ziel für Pilger aus allen europäischen Ländern. Legende und Verehrung breiteten sich aus, und überall entstanden Nikolauskirchen.
Eine andere Legende erzählt, dass in einem Hungerjahr drei Getreideschiffe, die nach Rom unterwegs waren, vom Sturm in den Hafen von Myra getrieben worden seien. Nikolaus erbat sich von den Schiffsleuten 300 Scheffel Weizen mit dem Versprechen, Gott werde sie ihnen wieder ersetzen. Und wirklich, als man in Rom den Weizen nachmaß, fehlte nicht ein Körnchen.
Ein Wallfahrtsort in Frankreich besitzt einen Finger des Heiligen. Daran rankt sich die Legende von zwei Schülern, die auf dem Weg zu ihm von habgierigen Wirtsleuten ermordet und beraubt worden waren. Der Heilige erfuhr auf wunderbare Weise davon, machte sich auf den Weg, bat um Obdach, brachte den Wirt zum Geständnis und erweckte die beiden Schüler wieder zum Leben.
Ein andermal rettete er ein in Seenot geratenes Schiff vor dem Untergang und führte es dem sicheren Hafen zu.
Nach einer weiteren Legende hat der Heilige in seiner Vaterstadt Patara drei Jungfrauen zur Mitgift verholfen. Ihr Vater, ein in Not geratener Edelmann, konnte sie nicht standesgemäß ausstatten. In drei aufeinanderfolgenden Nächten warf deshalb Nikolaus je einen Goldklumpen durchs Fenster.
Der hl. Nikolaus im Volksbrauch
Die in den vielen Legenden zum Vorschein kommenden Eigenschaften ließen St. Nikolaus zu einem der volkstümlichsten Heiligen des Abendlandes werden. Bedeutende Künstler haben ihn in ihren Bildern verherrlicht. Aus den vielen Legenden entstanden volkstümliche Nikolausspiele, Nikolausmärkte wurden abgehalten und Nikolausritte veranstaltet.
Dargestellt wird der Heilige gewöhnlich als Bischof mit Mitra und Stab, drei goldene Kugeln auf einem Buch tragend; drei Broten oder Steinen, weil er Myra bzw. Bari vor Hungersnot bewahrte; mit zwei Schülern, die einem Bottich entsteigen; sowie mit Anker und Schiff.
Entsprechend ist er auch vielen Ständen zum Patron und in mancherlei Anliegen zum Nothelfer geworden: für die Advokaten, die Apotheker, Bäcker, Bierbrauer, Böttcher, Fährleute, Fischer, Flößer, Gefangenen, Jungfrauen, Kaufleute, Kinder, Lichterfabrikanten, Matrosen, Schreiber, Schüler, Steinbrucharbeiter, Wachszieher, Weber – für eine glückliche Heirat, Wiedererlangung gestohlener Sachen, gegen Diebe, falsches Geld usw. –
Die Reformation, die den Heiligenkult verwarf, versuchte, den heiligen Bischof aus dem Brauchtum zu entfernen, und übertrug seine Rolle des Geschenke Austeilenden auf das Christkind und die den Heiligen ursprünglich nur begleitende, auf heidnische Vorbilder zurückgehende und in den verschiedenen Ländern unter verschiedenen Namen auftretende Schreckgestalt, uns als Knecht Ruprecht oder Weihnachtsmann bekannt.
Den Nikolaus, der allein oder in Begleitung am Vorabend seines Festes durch die Lande zieht, in die Häuser kommt und nachschaut, ob die Kinder während des Jahres auch brav waren, gibt es in vielen europäischen und außereuropäischen Ländern.
Für uns Deutsche kommt er, wie Theodor Storm ihn sagen lässt, „von drauß` vom Walde“ her. Begleitet von seinem treuen Freund und Helfer, Knecht Ruprecht, fährt er mit seinem Schlittengespann durch die Lande. In manchen Gegenden meldet er sich schon am Tag zuvor an, indem er anklopft und Äpfel und Nüsse vor die Tür streut. Er lässt die Kinder beten, fragt den Katechismus ab, erkundigt sich nach ihrem Betragen und teilt dann seine Gaben aus: Äpfel, Nüsse, Lebkuchen, Weckmänner usw.
Andernorts ist es Brauch, dass Nikolaus still und heimlich während der Nacht kommt. Deshalb stellen die Kinder im Rheinland einen kleinen, aus einer Mohrrübe geschnitzten Pantoffel auf den Tisch. In der Lausitz hängen sie ihre Strümpfe ans Fenster, auch in Niederbayern stellt man Teller und Schuhe vors Fenster, in anderen Gegenden auf den Tisch oder unter das Bett. In Nordeuropa, Niederbayern, Tirol und Steiermark werden auch Papierschiffchen für die Gaben aufgestellt. Oder man stellt die Schuhe an den Kamin, weil St. Nikolaus mit Ruprecht angeblich auf einem Schimmel durch die Luft reitet und seine Gaben durch den Kamin wirft. In anderen deutschen Gegenden, ebenso in Holland, füllen die Kinder ihre Schuhe mit Heu und Hafer für das Reittier des Heiligen.
Im 17. Jahrhundert, als Neuyork noch Neu-Amsterdam hieß, kam St Nikolaus über Holland auch nach Amerika. Als Santa Claus bringt er dort alljährlich seine Gaben. Er fährt, wenn er mit seinem achtspännigen Renntierschlitten durch das Land kommt, durch den Rauchfang im Haus und füllt die Strümpfe der Kinder. Und wie überall in der Welt beglückt er auch dort Jahr für Jahr Millionen Kinderherzen.