Nicht lange nach dem Bischof Anithymus, also im Jahr 303 oder 304 wurde durch den Martertod vollendet der heilige Pantaleon. Er war geboren zu Nikomedien in Bithynien. Sein Vater Eustorgius frönte dem Götzendienst, und seine Mutter Eubula bekannte sich zur Religion der Christen. Beide waren von sehr großem Religionseifer beseelt, er für die heidnische Götterverehrung, und sie für die heilige Lehre vom Kreuz. Sehr früh leitete die fromme Mutter ihr Kind zur Erkenntnis des einzig wahren Gottes an, wurde aber vom Tod eher hingerafft, als sie eine vollständige Kenntnis der christlichen Lehre bei dem zarten Knaben hätte begründen können. Nur wenige kleine Samenkörner konnte sie noch in das junge Gemüt legen, die nach ihrem Tod bald erstickt zu sein schienen, später dann aber doch zur herrlichen Pflanze hervorwuchsen. Sobald Pantaleon das erforderliche Alter erreicht hatte, wurde er von seinem Vater zur Erlernung der weltlichen Wissenschaften bestimmt, in denen er einen glänzenden Fortschritt machte. Später widmete er sich der Arzneiwissenschaft mit einem Erfolg, der die leidende Menschheit zu den schönsten Hoffnungen berechtigte. Seine vortrefflichen Geistesgaben, seine ausgezeichnete Geschicklichkeit, verbunden mit einer einnehmenden Körpergestalt, und einem anständigen und liebenswürdigen äußerlichen Erscheinen, erwarben ihm die Zuneigung des Maximian Gaterius, der ihn an seinen Hof zog.
Hermolaus, ein würdiger christlicher Priester, und schon betagter Greis, wurde aufmerksam auf den jungen, hoffnungsvollen Mann, und ihm in seinem Herzen sehr gewogen, nicht der äußeren Vorzüge, sondern des edlen Gemütes wegen, das Pantaleon besaß. Vielleicht hatte die sterbende Eubula dem frommen Diener Gottes ihren Sohn empfohlen. Hermolaus suchte eine Gelegenheit, den Pantaleon zu sprechen. Er fand sie und legte ihm mit rührendem Nachdruck an das Herz: eine gesegnete Ausübung der Heilkunde dürfe nicht, nach dem heidnischen Aberglauben, von dem erdichteten Gott Aesculap, sondern müsse von dem einzig wahren Gott, dem Schöpfer aller Dinge, erwartet werden; Jesus Christus, den die Gläubigen verehren, habe nicht nur die unheilbarsten Leibesgebrechen geheilt, sondern auch Tote ins Leben erweckt: wer an Ihn glaube, werde in seinem Namen, nach seiner eigenen Verheißung, ebenfalls große Dinge tun, das höchste Glück seiner Seele befördern, und ein ewiges Leben erlangen. Diese Rede fand Eingang in das Herz des jungen Mannes und weckte in ihm auch eine dunkle Erinnerung an das, was er von seiner Mutter gehört und bei ihr gesehen hatte. Durch das Andenken an die geliebte Mutter war er sehr gerührt und gestand es dem gottesfürchtigen Priester, dass auch sie den Gott der Christen verehrt und dass er sie so oft zu Ihm beten gesehen habe. Er kam jetzt täglich zu Hermolaus, um sich von den Lehren des Christentums eine vollständige Erkenntnis zu verschaffen. Noch war er von ihnen nicht vollkommen überzeugt und daher noch unentschlossen, ob er das Heidentum verlassen und dem christlichen Bekenntnis sich hingeben soll. Eine besondere göttliche Fügung bekräftigte die Überzeugung und beschleunigte den Entschluss. Als er eines Tages nach Hause ging, traf er ein Kind an, das auf der Erde lag und kein Zeichen des Lebens von sich gab. Neben ihm war eine giftige Schlange, die dem Kind den tödlichen Biss beigebracht hatte. Beim ersten Anblick geriet er in Schrecken, trat einige Schritte zurück und überlegte, was er tun soll. Auf einmal fiel ihm ein: „Hier kann und will ich mich überzeugen, ob es wahr ist, was der alte Hermolaus mir so oft schon gesagt hat. Wird das Kind, wenn ich den Gott der Christen darum bitte, wieder ins Leben kommen und die tötende Schlange zu Grunde gehen, so glaube ich.“ Er trat nun zu dem Kind hin, betete zu Gott, und war hoch erstaunt, als er auf der Stelle das Kind lebend und gesund, die Schlange aber tot zu seinen Füßen liegen sah. Jetzt wurde es hell in seinem Gemüt. Eine selige Freude durchströmte sein Herz. Er erhob seine Augen zum Himmel und dankte Gott für das Licht, das er in seinem Innern eben so plötzlich als wundervoll angezündet hatte. Frohlockend eilte er zu Hermolaus, erzählte, was mit ihm vorgegangen war, bekannte sich zum Christentum und bat um die Taufe, die ihm der Priester, nachdem er sich von der Aufrichtigkeit des Bekenntnisses überzeugt hatte, erteilte. Sieben Tage lang verweilte er bei dem gottseligen Greis, in dessen Umgang ihn Gott die Tröstungen des gesunden Heils mächtig empfinden ließ.
Je glücklicher sich Pantaleon im Licht der wahren Erkenntnis schätzte, desto mehr schmerzte es ihn, seinen Vater, den er herzlich liebte, in der Finsternis zu sehen. Was nur der wärmste Eifer, was nur die innigste kindliche Liebe ihm eingeben konnte, wendete er an, ihn von der großen Torheit des heidnischen Götzendienstes zu überzeugen. Mit sanfter Rührung sprach er von dem beseligenden Glauben der Christen. Bei seinem großen Eifer für das Heil des Vaters vergaß er indessen doch der zarten Schonung nicht, die die kindliche Ehrerbietung gegenüber den Eltern beobachten soll. Einmal wurde er im Übermaß seines Eifers angetrieben, die Hausgötzen seines Vaters mit Gewalt zu zerstören, besann aber bald des Besseren und bekräftigte in sich den Entschluss, nur auf dem Weg der sanften Liebe die so sehnlich gewünschte Bekehrung des Vaters zu bewirken. Dieser Liebe kam Gottes wundervolle Fügung zu Hilfe. Pantaleon war eben in einem Gespräch mit seinem Vater über die anbetungswürdige Allmacht des Stifters der christlichen Religion begriffen, als einige Menschen einen Blinden zum Haus herführten, der den Pantaleon kläglich bat, dass er seine Heilkunde, wegen der er in so großem Ruf steht, an ihm versuchen und das Augenlicht ihm verschaffen soll. Der Unglückliche erzählte, dass er die Hilfe der geschicktesten Ärzte vergebens angewendet und bereits sein ganzes Vermögen darangegeben habe. „Was wirst du denn mir geben, wenn ich dir das Gesicht verschaffe?“ fragte Pantaleon, worauf der Blinde antwortete: „Den letzten Heller, der mir noch übrig ist.“ Pantaleon sagte zu ihm: „Du wirst das Augenlicht von dem Vater alles Lichtes erhalten. Gehe aber dann nur hin und gib was du mir versprichst den Armen.“ Der Vater riet dem Pantaleon davon ab, einen Handel mit dem Blinden zu versuchen. „Ich bin in Sorge,“ sprach er, „dass dein Bemühen fruchtlos abläuft und dich dann die Leute verspotten werden.“ Darauf erwiderte Pantaleon: „Ich hatte einen ganz anderen Lehrmeister, als die, die diesen Menschen zu heilen fruchtlos versucht haben.“ Jetzt trat er zu dem Blinden hinzu, berührte seine Augen, betete zu Gott unter Anrufung des Namens Jesu, und auf der Stelle wurde er sehend. Und sehend am Geist war jetzt auch der Vater Pantaleons, der sich nun freudig zum Christentum bekannte. Der Blinde war ebenfalls zum heiligen Glauben von Pantaleon bekehrt.
Bald danach ging Pantaleons Vater durch einen sanften Tod zur seligen Ruhe hinüber. Der einzige Sohn war auch der einzige Erbe des ansehnlichen Vermögens, das durch seine Wohltätigkeit zur segensreichen Quelle für Arme und Kranke wurde. Pantaleon widmete sich nun ganz seinem Beruf, nämlich der Ausübung der Arzneiwissenschaft, den er durch die genaueste Ausübung der christlichen Religionspflichten heiligte. Ganz opferte er sich und sein Vermögen dem Dienst der unter Krankheit und Gebrechen seufzenden Menschen. Mit weiser Sorgfalt wendete er seine Kenntnisse und die von Gott in die Natur gelegten Heilsmittel zu ihrer Erleichterung an, war aber nicht zufrieden, sie vom Druck der körperlichen Leiden zu befreien, sondern mit dem wärmsten Eifer immer auch bemüht, sie von den Gebrechen des Geistes zu heilen, ihnen wahre und dauernde Gesundheit der Seele zu verschaffen. Durch liebevolle Belehrung, durch sanfte Tröstung, durch eindringliche Ermahnung und Warnung bekräftigte er die Gläubigen und bekehrte viele von den Ungläubigen. Er war, was jeder christliche Arzt sein soll, ein dienstbarer Engel am Bett der Kranken und in der Wohnung der Leidenden. Gott segnete reichlich seine eifrige Bemühung und unterstützte sie mehrmals durch wundervolle Hilfe. Der Zulauf zu ihm wurde deswegen so allgemein, dass die anderen Ärzte der Stadt Nikomedia im heftigen Neid gegen ihn entbrannten. Als sie die Heilung des Blinden, von dem die Rede war, erfuhren, bewunderten sie anfangs die Geschicklichkeit des jungen Arztes, gerieten aber bald in die größte Erbitterung gegen ihn, da sie dahinterkamen, dass er ein Christ ist. Mit arger Schadenfreude benützten sie diesen Umstand, ihn bei Maximinian zu verraten. „Wenn,“ sagten sie, „Pantaleon nicht auf die Seite geräumt wird, so werden seine glücklichen Heilungen dem Gott der Christen zugeschrieben und unser großer Aeskulap wird der verdienten Ehre beraubt werden.“ Sie führten dem Cäsar den geheilten Blinden vor. Da aber der auf keine Weise zu überreden war, dem heidnischen Gott seine Heilung zuzuschreiben, sondern standhaft auf dem Bekenntnis Christi beharrte, so ließ ihn der Tyrann, ungeachtet der Verteidigung der Wahrheit durch Zeugen, ohne weitere Umstände enthaupten, um auf dem kürzesten Weg das Aufsehen, das die wundervolle Heilung verursacht hatte, zu ersticken. Pantaleon kaufte die Leiche des Enthaupteten und verschaffte ihr eine anständige Beerdigung. Bald wurde auch er gerufen zu dem Cäsar, der ihn sehr gütig empfing, ihm sagte, welche Klage gegen ihn vorgebracht worden sei, und mit sehr schmeichelhaften Worten erklärte, dass er die Anklage selbst nicht glaube, sondern sie für eine Folge des arglistigen Neids halte. „Opfere,“ sagte er, „den Göttern und beschäme dadurch die Verleumdung, die dich ihrer Verachtung und der Verehrung des Gottes der Christen beschuldigen!“ Pantaleon erwiderte: „Wo Taten vor Augen liegen, müssen Worte und Meinungen weichen. Die Wahrheit geht über alles. Der Gott, den ich verehre, hat Himmel und Erde erschaffen, er hat Tote zum Leben erweckt, Blinde sehend gemacht, Aussätzige gereinigt, Gichtbrüchige geheilt, und zwar durch ein einziges Wort seiner Allmacht. Die Götter, die ihr verehrt, haben nie solche Dinge getan. Sie sind nicht in der Lage, solche Dinge zu tun. Lasse jemanden, der mit einem unheilbaren körperlichen Übel behaftet ist, hierherbringen, lasse auch deine Götzenpriester kommen, damit sie für ihn die Götter anrufen, - ich will anrufen den einzig wahren Gott und du wirst überzeugt werden von der Nichtigkeit deiner Götter und von der Allmacht des Einzigen, den ich verehre.“ Dieser Vorschlag wurde angenommen. Ein Gichtbrüchiger wurde herzugetragen, und auch Götzendiener gerufen, die fruchtlos bald diesen, bald jenen heidnischen Gott um die Heilung des Elenden anriefen. Schließlich trat Pantaleon hinzu, betete voll Inbrunst und mit gläubiger Zuversicht zu Gott, berührte dann die Hand des Gichtbrüchigen und rief laut aus: „Im Namen Jesu Christi werde gesund!“ Sogleich wurde er geheilt und durch den rechten Gebrauch seiner Glieder erfreut. Staunend stand der Cäsar, staunend standen die Götzenpriester da, während Pantaleon in seinem Herzen Gott dankte, dass er sein Gebet gnädig erhört und den christlichen Namen verherrlicht hat.“
Das Staunen der Priester hatte nicht ernsthaftes Nachdenken über das Geschehene, sondern Groll und Erbitterung gegen Pantaleon zur Folge. Sie wendeten ihre ganze Beredsamkeit daran, den Cäsar mit bitterem Hass gegen Pantaleon und gegen alle Christen zu erfüllen und stellten ihm deswegen vor, dass der Götzendienst und die Götzenopfer bald ganz zu Grunde gehen und die Religion der Väter zum Spott wird, wenn dem Glauben der Christen nicht Einhalt geschieht, wenn nicht wenigstens ihre Förderung streng behandelt und auf die Seite geräumt wird.
Noch einmal versuchte es Maximinian, den Pantaleon zuerst durch schmeichelndes Zureden und große Verheißungen, und dann durch Drohungen zum Götzenopfer zu bewegen, wobei er ihm den jammervollen Martertod des Bischofs Anithymus zu Gemüte führte. Als er aber den christlichen Helden unerschütterlich fand, entbrannte er gegen ihn in wilder Wut und ließ ihn auf grausame Weise peinigen. Pantaleon wurde an einen Pfahl gebunden, mit eisernen Krallen zerfleischt und mit Fackeln gebrannt, darauf von dem Pfahl wieder weggenommen und in einen Kessel, in dem geschmolzenes Blei war, hineingestellt. In allen diesen Peinen behielt der starke Kämpfer frohen Mut. Er verbarg es dem Maximinian nicht, dass Hermolaus ihn zum Christentum bekehrt habe. Der ehrwürdige Greis wurde aufgesucht, mit noch zwei anderen Männern herbeigeschleppt, und nach grausamer Marter, nebst diesen, enthauptet. Enthauptet wurde schließlich auch Pantaleon, nachdem er vorher den wilden Tieren vorgeworfen und unverletzt geblieben ist und dann mit einem schweren Stein am Hals ins Meer gestürzt und wundervoll erhalten wurde.
Die Gesundheit ist ein kostbares Gut. Wie großen Dank sind wir daher Gott dafür schuldig, dass er heilende Kräfte in die Natur gelegt hat, durch die wir dieses Gut, wenn es verloren ist, wieder erhalten können, und auch dafür, dass er die Menschen zur Erkenntnis und rechten Anwendung dieser Kräfte leitet. Wie ehrwürdig müssen uns die menschenfreundlichen Frauen und Männer sein, die es sich zum ernsten Beruf machen, die Leiden der Menschen unter Gottes segnender Leitung zu lindern, und in diesem Beruf keine Mühe, ja selbst die Gefahr ihrer eigenen Gesundheit und des Lebens nicht scheuen. – „Schätze den Arzt, weil man ihn braucht; denn auch ihn hat Gott erschaffen. Von Gott hat der Arzt die Weisheit, vom König empfängt er Geschenke. Das Wissen des Arztes erhöht sein Haupt, bei Fürsten hat er Zutritt. Gott bringt aus der Erde Heilmittel hervor, der Einsichtige verschmähe sie nicht.“ (Jesus Sirach 38,1-4)