Stuhlfeier des heiligen Petrus

 

Bevor der heilige Apostelfürst Petrus Bischof von Rom und somit zum ersten Papst wurde, war er sieben Jahre lang Bischof von Antiochien, und weil alle Umstände im Leben des ersten Papstes von Wichtigkeit sind, deshalb erinnert die Kirche heute durch ein eigenes Fest an jenen Tag, an dem der heilige Petrus den bischöflichen Stuhl zu Antiochien bestieg. Es war sicher sehr richtig, dass die Hauptstadt des Orients, wo die Gläubigen zuerst den Namen Christen angenommen haben, den Fürsten der Apostel zum ersten Bischof hatte.

 

Die Stuhlfeier des heiligen Petrus ist sehr alt. Das Fest kommt schon in einem Kalender vor, den man um das Jahr 354 unter dem Papst Liberius verwendete. „In der ersten Kirche nämlich feierten die Christen, besonders aber jene im Orient, den Jahrestag ihrer Taufe. Sie erneuerten an diesem Tag auch die Gelübde, welche sie Gott gemacht haben, und dankten ihm, dass er sie aus Barmherzigkeit in die Zahl seiner Kirche aufgenommen hat. Auch die Bischöfe hatten den frommen Gebrauch, den Jahrestag ihrer Weihe zu feiern. So haben wir noch drei Reden, welche der hl. Leo am Jahrestag seiner Erhebung auf den päpstlichen Stuhl gehalten hat. Das Volk fuhr oft fort, selbst nach dem Tod der Bischöfe den Tag zu feiern, an dem sie geweiht worden sind. Dies ist der Ursprung der Stuhlfeier des hl. Petrus. Wir müssen“, sagt der hl. Leo, „dieses Fest mit ebenso großer Freude feiern, als wir den Martertod des Fürsten der Apostel feiern. Wir erinnern uns an demselben sowohl an seinen herrlichen Eintritt in den Himmel, als auch an seine Erhöhung zur Würde des ersten Hirten der streitenden Kirche.“

 

Danken wir Gott für die Gründung seiner Kirche und bitten wir ihn gleichzeitig um ihre Verbreitung. Sie ist jenes geistliche Reich, welches zu stiften Jesus Christus auf die Erde gekommen ist, und das er noch immer durch die sichtbaren Häupter der Kirche regiert. Wenn wir Jesus Christus wahrhaft lieben, wenn wir wünschen, dass er stets mehr verherrlicht wird, wenn uns das Heil unserer Schwestern und Brüder am Herzen liegt, so beten wir um die Bekehrung derer, die nicht glauben, so viel wir können. Gehen wir aber in unserer Liebe noch weiter. Wie viele Glieder der Kirche gibt es, die es mit dem Glauben und der Nachfolge Christi nicht ernst nehmen! Bitten wir Jesus, dass er sie durch seine Gnade belebe und das Reich seiner heiligen Liebe in allen Herzen fest begründe. Bitten wir auch darum, dass wir nie durch die Sünde von ihm getrennt werden, sondern in Gottes Liebe immer mehr befestigt werden.

 

Aus einem alten Kalender von 1823:

 

Nachdem der heilige Petrus den Geist der Finsternis im Morgenland besiegt hatte, eilte er auch nach Rom, ihn in der Person des Zauberers Simon zu bekämpfen. Gewiss ein großer Mut wurde zu einem solchen Unternehmen erfordert, weil es darum ging, die Abgötterei sogar auf ihrem Thron anzugreifen. Diesen Mut flößte der Heilige Geist dem Jünger ein, der einst vor der Stimme einer Magd gezittert hat. Dem Fürsten der Apostel war es vorbehalten, den Glauben in einer Stadt auszusäen und zu pflanzen, deren Macht durch Fügung des Allerhöchsten zur leichteren Verbreitung des Christentums sich beinahe über die ganze Welt erstreckte, und die, nachdem sie lange Zeit der Mittelpunkt alles heidnischen Aberglaubens gewesen war, in den Ratschlüssen des Ewigen zum Mittelpunkt der katholischen Einheit bestimmt wurde. Kaum war der heilige Petrus in dieser ewigen Stadt angekommen, als er anfing Jesus Christus zu predigen und seinen bischöflichen Sitz aufschlug.

 

Es unterliegt keinem Zweifel, dass der Apostelfürst das Evangelium zu Rom gepredigt und die römische Kirche gestiftet hat. Alle Schriftsteller, die dieser Zeit am nächsten gelebt haben, stimmen in Bezeugung dieser Tatsache miteinander überein. Und sollte man wohl ihr Zeugnis über Tatsachen, die ihnen nicht unbekannt sein konnten, weil sie zu wichtig für sie waren, und die sie nicht entstellen konnten, weil sie zu offenkundig waren, verwerfen? Hierauf gründen sich die Vorzüge und Rechte, deren die römische Kirche, seit den ersten Jahrhunderten des Christentums, sich erfreut. Nein, nie wären ihr diese Auszeichnungen zugestanden worden, ohne die feste Überzeugung, dass der heilige Petrus zu Rom seinen Stuhl errichtet hat. Das Andenken an dieses wichtige Ereignis wird heute gefeiert. Dies ist auch ein Überbleibsel der alten Sitte, jedes Jahr den Gedächtnistag der Weihe eines jeglichen Bischofs zu begehen. Dieses Fest findet man auch in den ältesten Martyrologien aufgezeichnet.

 

Es war nicht mehr als billig, dass die Christen alle Jahre das Andenken der Gründung dieser Kirche, welche die allgemeine Mutter aller Gläubigen ist, feierten. Um aber dem Geist dieses Festes zu entsprechen, müssen wir Gott danken für die besonderen Erbarmungen und Gnaden, die er dieser Kirche erwiesen hat, und ihn bitten, er möge ihr stets diesen seinen Schutz angedeihen lassen. Vergessen wir dann aber auch nicht, ihm unsere Dankbarkeit zu bezeigen für die unschätzbare Gnade, die er uns zuteil werden lässt, dass wir in der Gemeinschaft dieser Kirche, die der Mittelpunkt der katholischen Einheit ist, leben. Beschwören wir ihn, dass die Anzahl der Kinder dieser heiligen Mutter durch Ausrottung der Spaltungen, Vernichtung der Irrlehren, und Bekehrung der Ungläubigen sich vermehrt. Flehen wir zu ihm, dass er Hirten nach seinem Herzen, das heißt, apostolische Männer erweckt, die in unseren Tagen mehr als je Not tun, um den Glauben anzufachen, der allenthalben erlischt, und das Antlitz der Erde, die von einer Sündflut der Laster überschwemmt ist, zu erneuern. Vor allem aber denken wir in unseren Gebeten unseres Heiligen Vaters, des Papstes, der so viele Kämpfe für die Sache Gottes und der Menschen, für die auf den Felsen gegründete Religion Jesu, bestehen muss, und gegen den, als den Statthalter Gottes, der verderbliche Geist des Stolzes und der Sinnlichkeit, der unsere Zeit mehr, als irgendeine der verflossenen beherrscht, sich wutvoll empört. Flehen wir für ihn diesen Geist des Eifers, der Stärke und Weisheit herab, der das unterscheidende Merkmal jedes Nachfolgers des Apostelfürsten sein soll.

 

Petri Stuhlfeier

 

Gen Antiochia aber kehrte

Petrus zuerst und lehrte.

Jedoch der Vogt in diesem Land,

Theophilus, zornentbrannt,

Mit seiner Lehre unzufrieden,

Ließ in den Kerker schmieden

Den guten Mann, und er verbot,

Dass weder Wasser noch Brot

Man ihm sollte Tragen.

Petrus wollte schon verzagen,

Da rief ihm eine Engelstimme zu:

"O Petrus, Petrus, wähnest du,

Dass dein vergesse Gottes Gemüte?

Verzweifle nicht an seiner Güte;

Er hilft dir noch zu rechter Zeit,

Er ist in höchster Not bereit!"

 

Die Hilfe kam denn auch zur Stund`.

Es wurde Sankt Paulo kund,

Dass Petrus gefangen lag;

Darob er sehr erschrak,

Denn er war zu dieser Frist

Kein Christenfeind mehr, nein, ein Christ.

Er fuhr nach Antiochien geschwind

Und ward Theophilus` Ingesind.

Er fand Petrus beinahe tot.

Da hub sich Jammer und Not

In seinem getreuen Herzen

Um seines Freundes Schmerzen,

Der nah` schon war dem Lebensziel.

Um seinen Hals er ihm fiel:

"O Petrus, lieber Bruder mein,

Du der Welt wonniglicher Schein,

Du Wahrer reiner Lehre,

Du meine Freude, meine Ehre,

Mein Vater du zu aller Frist,

Meine halbe Seele du bist;

O sprich zu mir ein einzig Wort!"

 

Als Petrus dies vernahm, sofort

Schlug er die Augen auf zum Munde,

Der ihm brachte so freundliche Kunde.

Er erkannte, dass es Paulus wär`;

Doch war sein Herz zu schwer;

Er konnte nicht sprechen, konnte nur weinen; 

Daran ließ er wohl erscheinen

Seinen freundlichen Sinn.

 

Da Paulus dies sah, ging er hin

Und holte Wasser zur Stund`,

Goss es in seinen heiligen Mund,

Davon er wieder Stärke nahm.

Kaum dass Petrus zu sich kam,

Da drückte er Paulum an sich.

Sie halsten sich gar minniglich

Und weinten noch sehr.

 

Doch Paulus dachte nunmehr,

Wie er ihn lösete gar Klug.

Er suchte rechten Fug,

Zum Fürsten hinzukommen,

Und sprach so, ihm zum Frommen:

"O Theophilus, Herre gut,

Verdenke es nicht meinem Mut,

Dass ich mit dir will reden,

Nicht um dich zu befehden!

Warum willst du deine Ehre schwächen

Und dich an Unschuldigen rächen,

Wie Petrus ist, der gute Mann,

Der schon so vielen wohlgetan?"

Da sprach Theophilus: "Wohlan,

Hat er so vielen Hilfe getan,

So schenke er mir auch meinen Sohn,

Der gestern starb; im Grabe schon

Liegt er. Gibt er ihm das Leben,

Will ich ihm auch die Freiheit geben."

 

Was dieser wünschte, das geschah.

So ward Theophilus allda

Mit Antiochien dem Land

Dem Christenglauben zugewandt.

Ein Münster bauete man Gott

Und sprach den alten Göttern Spott.

Man stellte einen Stuhl hinein,

Drin Petrus sitzend klar und rein

Die Lehre lehrte sieben Jahr.

Darum beging man auch fürwahr

Das Fest in Antiochia,

Das heißet "Petri Kathedra".

Es ist in jedem Christenland

Als "Petri Stuhlfeier" bekannt.

Ein Heidenfest war es vorher,

Nun dient der Tag zu Petrus` Ehr`.

 

(Aus: "Goldene Legende der Heiligen"

von Richard von Kralik

München 1902)