Petrus, der Sohn des Johann Manuel und der Maria Padilla, wurde in Vegel bei Cadix im Jahr 1568 geboren und kam mit drei Jahren zur Erziehung nach Xeres. Als Knabe schon fühlte er sich sehr hingezogen zu dem überaus liebenswürdigen Vorsteher des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder, dem heiligen Johannes Grande. Hatte er ja immer so viel Wunderbares von ihm erzählen hören, da ihn alle als einen Heiligen verehrten. Der kleine Petrus suchte jede Gelegenheit auf, dem heiligen Johannes zu begegnen, ihm die Hände zu küssen und seinem Unterricht mit anderen Kindern beizuwohnen.
Petrus vollendete sein neunzehntes Jahr, als er mit Genehmigung seines Beichtvaters und dem Segen seiner Eltern sich dem heiligen Johannes zu Füßen warf und ihn um das Ordenskleid und um Aufnahme in seine Genossenschaft gebeten hatte. Groß war darüber die Freude des heiligen Johannes. Er versammelte alle Ordensbrüder, um ihre Zustimmung zur Aufnahme des Jünglings einzuholen. Diese setzten aber Zweifel in die Tauglichkeit des neuen Postulanten und wollten ihm die Aufnahme nicht gewähren. Allein der Heilige, von Gott erleuchtet, sagte zu ihnen: „Ach, Brüder, dieser muss aufgenommen werden, denn ihr wisst nicht, welch ein großer Diener Gottes aus ihm werden wird.“ Die Brüder respektierten nun den Ausspruch ihres Vaters und Petrus wurde aufgenommen. Bald rechtfertigte der neue Bruder die Weissagung des heiligen Johannes. Denn so pünktlich vollzog er jeden seiner Dienste, dass auch seine Gegner ihn lieb gewannen. Ja diese bewunderten ihn geradezu wegen seines außerordentlichen Gebetsgeistes und wegen der inneren Sammlung, die er mit all seinen Verrichtungen zu vereinigen wusste, so dass sich die Küche für ihn in ein Oratorium verwandelte und er in den Kranken und Brüdern nur seinen Jesus verehrte.
Ungeachtet der Versuche und Einflüsterungen einiger seiner früheren Freunde in der Welt, die den jungen Novizen von dem erwählten Beruf wieder abwendig machen wollten, blieb Petrus seinem Vorhaben treu und bat den heiligen Johannes Grande mit heiliger Beharrlichkeit um die Gnade der Zulassung zur Ablegung der Ordensgelübde. Sehr gerne gaben ihm jetzt alle Brüder ihre Stimme, ja sie verwendeten sich noch überdies für ihn, dass sein Wunsch Erhörung finde. Mit größter Freude nahm ihm Johannes selbst am Fest Mariä Himmelfahrt 1588 die vier Ordensgelübde ab und gab ihm, weil er ein so großer Verehrer und Nachahmer des strengen Lebens und der inneren Sammlung der heiligen Büßerin Maria von Ägypten war, den Beinamen „der Ägypter“. Voll Jubel und Dank gegen Gottes liebevolle Vorsehung, die ihm in Petrus dem Ägypter einen so ausgezeichneten Mitarbeiter zu seinen Kranken sendete, betreute Johannes den neuen Religiosen mit seiner besonderen Vorliebe und schenkte ihm sein volles Vertrauen. Die Freundschaft, die in der Folge die beiden heiligen Männer verband, dauerte über das Grab hinaus.
Als Bruder Petrus mit dem Kardinal Melino zu Schiff nach Rom reiste, erhob sich im Golf von Lyon ein so furchtbarer Sturm, dass alle Reisenden sich verloren glaubten. Da empfahl der Ägypter sich, den Kardinal und alle Mitreisenden der Fürbitte des noch nicht lange verstorbenen heiligen Johannes Grande. Kaum hatte Bruder Petrus aufgehört zu beten, als man vom Gipfel des Mastbaumes her ein großes Licht wahrnahm, in dessen Mitte von allen Reisenden, besonders aber vom Kardinal und dem Ägypter selber der heilige Johannes Grande bemerkt wurde. Im gleichen Augenblick wurde das Meer ruhig und der Himmel heiter. Niemand kann dies nachempfinden, der sich nicht in gleicher Gefahr befand. Es ist überflüssig zu beschreiben, welche innigen Danksagungen alle geretteten, den beiden durch heilige Freundschaft verbundenen Seelen dem heiligen Johannes im Himmel und seinem treuen Verehrer, dem Bruder Petrus, darbrachten. Denn seinem Verdienst schrieben alle die wunderbare Rettung zu, wie Kardinal Melino wiederholt bezeugte.
Nach dem Tod des heiligen Johannes Grande am 3. Juni 1600 wurde Bruder Ferdinand der „Unwürdige“, ein durchaus würdiger und heiligmäßiger Religiose, der auch im Ruf der Heiligkeit starb, zum Prior gewählt. Dieser ernannte den Bruder Petrus zum obersten Krankenwärter des Spitales. Mit solchem Eifer oblag nun Bruder Petrus diesem Amt, dass er sich bei Tag und Nacht nicht von seinen Kranken trennen konnte. Seine Liebe zu den Kranken belohnte ihm Gott mit der Gabe wunderbarer Krankenheilung. Mit dem Öl der Lampe, die vor dem allerheiligsten Sakrament brannte, heilte er alle Kranken, die in seine Behandlung kamen. Die Ärzte selbst legten davon Zeugnis ab, als Bruder Petrus einmal aus Gehorsam von Xeres abwesend war, daselbst aber eine Seuche wütete, die so viele Kranke dem Spital zuführte, dass man sich wegen der großen Sterblichkeit nicht mehr zu raten wusste. Einstimmig baten die Ärzte den Prior, er möge doch alsbald den Ägypter zurückkommen lassen, weil sonst jedes weitere Vorgehen vergeblich sei. Bruder Petrus kam und heilte in sehr wenigen Tagen siebzig Kranke von den hundert, die er vorfand. Auf dies Ereignis hin entstand in Xeres und in der Comarca eine ungewöhnliche Bewegung. Alles war voll Bewunderung für Bruder Petrus den Ägypter. Von da an nahm alles zu ihm seine Zuflucht und suchte durch den Prior und andere angesehene Personen einen Besuch von ihm zu erlangen. Zunächst wurde er nur nach Granada geschickt, um zwei zum Tod verurteilte junge Leute vom Galgen zu befreien. Dann sendete man ihn zu der schon mit dem Tod ringenden Herzogin von Sessa, die er durch Auflegung eines kleinen Kreuzleins augenblicklich gesund machte. Um der im Spital zu Granada seinetwegen zusammengelaufenen Volksmenge zu entgehen, kehrte er heimlich nach Xeres zurück. Allein auf Drängen des Alkalden (Gemeindevorstehers) von Granada musste er wieder dorthin und heilte ihm einen Verwandten wie gewöhnlich mit dem genannten Öl.
Der Ruf des Bruders Petrus drang auch zum königlichen Hof. Auf Befehl seines Prior gezwungen, nach dem Wunsch der Königin am Hof zu erscheinen, erfreute er die Regentin gleich bei seinem Eintritt mit der Vorhersage des so sehr erwünschten Leibes- und Thronerben. Er wurde ihr am 8. April 1605 geboren und regierte später als Philipp IV.
Nach dem inzwischen eingetretenen Tod des Bruders Ferdinand, seines Obern, wurde Petrus einstimmig zum Prior gewählt. Seine Ankunft in Xeres war ein allgemeines öffentliches Fest. Man glaubte, ein Engel sei in seiner Person erschienen. Kurz nur sollte die Freude sein! Die Königin wollte den Ägypter wieder am Hof haben. Dies sollte dem Orden in Spanien zum größten Nutzen gereichen.
Das hohe Ansehen, dessen sich Bruder Petrus bei den Majestäten erfreute, nicht minder der Ruf seiner Tugenden und Wunder öffneten ihm bei seiner Sendung nach Rom am päpstlichen Hof alle Türen und Herzen. Als nämlich der erste General des Gesamtordens, der gottselige Bruder Petrus Sorianus, gestorben war, entstand in Spanien bei den Brüdern der Wunsch, für sich einen eigenen Generalobern zu erhalten. Dieser Wunsch fand volle Unterstützung im Staatsrat. Auf Grund der hohen und höchsten Empfehlungen aus Spanien und in Hinsicht auf die besonderen Verdienste und außerordentlichen Gaben, die man in Rom selber an dem Ägypter wahrgenommen hatte, erlangte er dort die Erfüllung aller Wünsche, nämlich ein apostolisches Breve mit dem Recht, ein Ordenskapitel in Spanien einzuberufen und einen eigenen General wählen zu lassen. Dieses Kapitel fand statt am 7. Oktober 1608. Sämtliche Stimmberechtigte wählten den Bruder Petrus den Ägypter zum ersten General der spanischen Kongregation, zu der außer den Klöstern Spaniens auch die von Portugal und Amerika gehörten. Diese Wahl wurde vom königlichen Hof mit Freude begrüßt. Jetzt war Bruder Petrus in Madrid festgehalten. Den von Gott erbetenen Prinzen heilte er in der Folge zweimal in gefährlicher Krankheit, so dass die Königin sagte, dass sie ihren lieben Sohn und Thronfolger zum dritten Mal ihm verdanke. Die Majestäten drangen in den Ägypter, die Würde eines Patriarchen von Indien und die eben erledigte Stelle eines königlichen Almoseniers anzunehmen. Dazu war Petrus nicht zu überreden. Wie groß erscheint in dieser Weigerung der Ägypter! Viel größer in seiner Demut als seine Nachfolger in dem Titel „Grande (= hoher Adeliger) von Spanien“!
In Ausübung seines Amtes fand Petrus auch genug Schwierigkeiten, zu deren restloser Lösung er noch zweimal nach Rom reisen musste. Als Papst Paul V. zum dritten Mal den Orden als solchen bestätigt hatte, legte Bruder Petrus in Rom am 20. August 1611 in Gegenwart des spanischen Gesandten und vieler Kardinäle in die Hände des Heiligen Vaters selbst nochmals die heiligen Ordensgelübde ab und kehrte dann, bereichert mit Gunstbezeigungen, Privilegien, Ablässen und Reliquien in seine Heimat zurück. Hier traf er die Königin nicht mehr am Leben. Als später, 1621, König Philipp III. zum Sterben kam, wollte er den lieben Ägypter in seinen letzten Stunden bei sich haben. Dieser stand ihm mit zärtlicher Liebe bis zum Ende bei.
Im Jahr 1614 vom Heiligen Vater auf weitere sechs Jahre als General bestätigt, ließ Bruder Petrus nach Ablauf derselben im Jahr 1620, trotz aller Bemühungen des Hofes, sich nicht mehr dazu bewegen, dieses höchste Ordensamt aufs Neue auf seine Schultern zu nehmen. Er erbat sich die Gunst, nach seinem lieben Xeres ziehen zu dürfen. Allein es siegten die Bitten der Majestäten, die seiner nicht entbehren zu können glaubten, und so lebte der gottselige Exgeneral noch ein Jahrzehnt in Madrid unter den eifrigsten Übungen der Buße und Nächstenliebe, dem Orden und dem Königshaus die größten Dienste erweisend, bis zum 13. Oktober 1630, an welchem Tag er nach Empfang der heiligen Sterbesakramente selig im Herrn entschlief. Er wurde großartig wie ein Prinz begraben und ruht seit 1693 in einem prachtvollen Mausoleum. Der Hof, die Granden, Klerus und Stadt wendeten sich an den apostolischen Stuhl, damit Bruder Petrus wegen seiner Tugenden und Wundertaten heiliggesprochen werde. Allein die späteren Zeitverhältnisse sowie der Mangel an Mitteln, die kaum hinreichten, die Heiligsprechungsprozesse des heiligen Johannes von Gott und des heiligen Johannes Grande weiterzuführen, machten, dass diese Anträge sowie die für viele andere gottselige Religiosen dieses Ordens gänzlich in Vergessenheit kamen. Mögen diese Zeilen den heiligmäßigen Helden christlicher Liebe der Vergessenheit wieder entreißen, wie es seine so demütige und darum so sehr gesegnete Wirksamkeit verdient. Hauptzeugen seiner gesegneten Liebestätigkeit waren die unter seinem Generalrat auf fünfzig angewachsenen Konventspitäler mit ihren 600 Religiosen.
Mögen die stillen Tugenden des hervorragenden Ordensmannes seine vielen Mühen im Dienst des Ordens und der Kranken, seine Leiden und Verfolgungen, die ihn auch das Gefängnis kosten ließen, uns ein Verlangen einflößen nach einer rechten Gebetsinnigkeit und innerem Wandel vor Gott, wodurch auch wir zu heldenmütigen Entschlüssen und Taten befähigt würden. Denn im inneren Wandel, im „Stillsein und in der Hoffnung liegt unsere Stärke“. (Jes 30,15)
(Der hl. Johannes Grande dient einem Kranken)