Es geschieht zwar nicht alle Tage, dass einer vom Hütejungen zum Hirten der Völker aufsteigt, aber bei dem heiligen Pius V. war es der Fall.
Als Kind führte der spätere Papst den Namen Anton. Die Eltern waren arm und nicht in der Lage, den Sohn, der gern Priester werden wollte, studieren zu lassen. Anton musste vielmehr das Vieh hüten, und er tat es gern, denn diese Beschäftigung ließ ihm Zeit und Muße genug zum Beten. Fest und kernig betete er, und aller Gebete letztes Ziel blieb immer wieder der gleiche Flehruf, dass er doch Priester werden dürfe, bis er endlich Erhörung fand. Ein vermögender Nachbar erklärte sich bereit, die Studienkosten zu übernehmen. An dem Tag, da dies geschah, schwamm Anton im Glück.
Anton durfte also studieren, und da stellte es sich heraus, dass er einer war, der spielend lernte. Fleißig war er auch, und so konnte es nicht ausbleiben, dass er schnell vorankam. Unter dem Ordensnamen Michael trat Anton später bei den Dominikanern ein. Nach der Priesterweihe betätigte er sich zunächst erfolgreich als Hochschullehrer und Prediger, und dann stieg er schnell und steil auf der Leiter der kirchlichen Würden empor. Man ernannte ihn zum Ordensoberen. Mit fünfzig Jahren wurde er Bischof, bald darauf Kardinal, und einige Jahre später trug er die dreifache Papstkrone. Aus dem Hütejungen war der Hirt der Völker geworden.
Mit Pius V. bestieg ein tüchtiger Mann den päpstlichen Thron. Nur sechs Jahre regierte er die Kirche Gottes, aber die kurze Zeitspanne genügte ihm, Um zum Wohl der Christenheit Großes zu wagen und zu vollbringen, und von all dem Guten, das er wirkte, hebt das Gebet der Kirche zwei Dinge besonders hervor.
Da heißt es zunächst, dass er die Feinde der Kirche vernichtete. Es herrschten damals für die Katholiken trübe und trostlose Zeiten. Deutschland war zum größten Teil protestantisch geworden. In Holland hausten die Bilderstürmer, Frankreich erbebte bis auf den Grund unter dem Ansturm der Kalvinisten. Die Könige von Schweden, Norwegen und Dänemark zwangen ihren Untertanen mit List und Gewalt den lutherischen Glauben auf. In England durfte sich unter Todesstrafe kein katholischer Priester sehen lassen, und von Osten her rückten die siegreichen Türken immer näher und gefahrvoller gegen das christliche Abendland heran. Wieder einmal schien die Kirche dem sicheren Untergang geweiht.
Damals war Pius V. der Mann der Vorsehung, ein Streiter Christi ohne Furcht und Tadel, der überall, wo es notwendig war, mutig zupackte und mit starker Hand durchgriff, und man darf wohl sagen, dass er allein ganz Europa vor den Türken gerettet hat, die in der Seeschlacht von Lepanto am 7. Oktober 1571 so blutig aufs Haupt geschlagen wurden, dass sie von jener Zeit an für das Abendland keine Gefahr mehr bildeten. Damit hat der ehemalige Hütejunge eine europäische Großtat vollbracht, und es war die Tat nicht nur ein Erfolg der Waffen, sondern mehr noch ein Erfolg des Gebetes. Pius V. ist lebenslang ein großer Beter geblieben, und der türkische Sultan Soliman soll gesagt haben, die Truppen und Waffen der Christen bereiteten ihm wenig Sorge, wohl aber fürchtete er den betenden Papst zu Rom.
Des weiteren erwähnt das Kirchengebet von Pius V., dass er den göttlichen Dienst erneuerte. Wenn man wissen will, was die Worte bedeuten, so muss man sich die Geschichte der heiligen Messe ansehen, wie sie beschrieben ist. Dort wird erzählt, dass Papst Pius V. es war, der dem Messbuch die endgültige und mancherorts heute noch praktizierte Form gegeben hat. Es dürfte sich reichlich lohnen, die großartige Einführung zur heiligen Messe einmal gründlich zu lesen. Man erhält dadurch vielmehr Verstand von den hohen und erhabenen Vorgängen, die sich bei der heiligen Messe abspielen.