Innerhalb des alten Römischen Reiches hatte das Christentum in den ersten vier Jahrhunderten festen Fuß gefasst und war zu einem Segen für Land und Leute geworden. Dann jedoch kam die traurige Zeit der Völkerwanderung, in der von Norden und Osten her Volk auf Volk, Goten, Vandalen, Burgunder und Hunnen, heidnisch, wild und roh, auf der Suche nach neuen Wohnsitzen zum Westen und Süden drängten und Mordend und brennend alles niederrissen, was das Christentum aufgerichtet hatte.
In dieser Zeit wurde der heilige Remigius bereits mit zweiundzwanzig Jahren Bischof von Reims im heutigen Nordfrankreich und blieb es bis zum Tod im dreiundneunzigsten Lebensjahr. Der junge Bischof Remigius sah damals eine Welt, die er die seinige nannte, im Sturm der Völkerwanderung sang- und klanglos, glutig und blutig untergehen; aber der alte Bischof Remigius erlebte noch die Genugtuung, dass nicht ohne ihn eine neue Welt entstanden war, die germanisch-christliche Welt.
Es waren die Franken, die zur Zeit des heiligen Remigius im fünften Jahrhundert aus dem nördlichen Deutschland über das heutige Belgien in Frankreich einfielen. Wie in den heißen Ländern ein Heuschrecken- oder Ameisenschwarm auf seinem Zug alles zerstört, so dass kein Grashalm am Boden und kein Blatt am Baum der Vernichtung entgeht, so ähnlich hausten die brand- und mordlustigen Franken. Kirchen und Klöster gingen in Rauch auf. Städte und Dörfer verschwanden von der Bildfläche. In Blut und Tränen erstickte das Land, und der wildeste unter den Wilden war der Frankenkönig, Klodwig mit Namen.
Nichts nutzte es dem Bischof von Reims, dass er den Eroberer kniefällig um Schutz bat für Land und Volk. Der Barbar lachte ihn aus. Nichts auch nutzte es, dass des Königs heilige Gattin Klothilde den Gemahl um Schonung anging für die Kirchen und die Köster, denn allzu sehr zürnte der Heide dem Gott der Christen, weil ihm seine Götter den erstgeborenen Sohn durch den Tod entrissen hatten, da er auf Klothildes Drängen die Taufe des Stammhalters zuließ. Klodwig war hart und unzugänglich gegen alle Bitten von Bischof und Gattin, und da blieb nur noch das Beten übrig, und es beteten ein Heiliger und eine Heilige, lange und inständig, und wenn das geschieht, so kann es sein, dass sich Wunder ereignen.
Es kam der Tag von Zülpich. Die nachdrängenden Alemannen waren über die Franken hergefallen, und im Jahr 496 reifte bei Zülpich zwischen Bonn und Aachen die Entscheidungsschlacht, in der sich der Sieg nach langem Hin und Her den Angreifern zuneigte. Da rief Klodwig den Gott der Christen an und gelobte, sich mit dem Volk taufen zu lassen, wenn seine Franken vor der Vernichtung verschont blieben. Gleich wandte sich das Glück der Schlacht, die Alemannen flohen, ihr König fiel, und der ganze Stamm ergab sich auf Gnade und Ungnade dem Sieger Klodwig.
Das war am Tag von Zülpich, und Klodwig hielt Wort und ließ sich mit dreihundert Edlen am Weihnachtsfest 496 unter großen Feierlichkeiten vom heiligen Remigius zu Reims die Taufe spenden, und bevor über ihn das heilige Wasser floss, sprach zu ihm der Bischof die denkwürdigen Wort:
„Beuge, du stolzer Franke, dein Haupt und ehre, was du bisher verbrannt hast, und verbrenne, was du bisher verehrt hast.“
Klodwig hatte sich nach dem Wort gerichtet, und wenn er auch immer noch heidnisch dachte und oft noch heidnisch handelte, weil man trotz gutem Willen im Alter nicht mehr leicht umlernen kann, so begünstigte er doch fortan das Christentum, ließ die niedergebrannten Kirchen und Klöster wieder aufrichten und sorgte für die Ausbreitung des Glaubens. Dadurch legte er das Fundament, auf dem später das Heilige Römische Reich Deutscher Nation erstehen konnte. Deshalb aber ist das alles geworden, weil dafür ein heiliger Bischof und eine heilige Königin eifrig beteten. Solche Kraft liegt im Gebet, und an Remigius wurde zur Wahrheit, was die Heiligen Schrift weiß:
„Seht, das ist der Hohepriester, der in seinen Tagen Gott gefiel und gerecht befunden wurde. Zur Zeit des Zornes trat er auf als Mittler der Versöhnung… Den Segen für alle Völker gab er ihm.“
Remigius ist, wie so manche Heiligen zu ihrer Zeit, ein Mann von weltgeschichtlicher Bedeutung gewesen, und auch wir verdanken ihm heute noch zu einem Teil die gewaltigen Segnungen des Christentums, die das Leben erst lebenswert machen.