Heiliger Simon und heiliger Judas Thaddäus, Apostel und Märtyrer, + 1. Jahrhundert – Fest: 28. Oktober

 

Recht ist es, dass ganz in der Nähe des Christkönigsfestes, das bekanntlich am letzten Sonntag im Kirchenjahr gefeiert wird (früher am letzten Sonntag im Oktober), die Kirche zweier Männer gedenkt, die zu der Zahl der Heiligen Zwölf gehören, zu den Getreuesten also, die der Herr in seinem irdischen Leben besaß und die ihm bis zum letzten Blutstropfen und Atemzug gefolgt sind und von denen das Kommunionlied sagt, dass sie im ewigen Reich des Christkönigs auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten werden. Es sind die heiligen Apostel Simon und Judas Thaddäus, deren Fest deswegen am gleichen Tag begangen wird, weil die beiden nach der Überlieferung die letzten dreizehn Jahre des Lebens gemeinsam in Persien das Evangelium verkündeten und dort auch den Martertod erlitten.

 

Von dem heiligen Apostel Simon weiß die Legende wenig zu berichten. Er führte den Zunamen „der Eiferer“, was darauf schließen lässt, dass er nicht zu den Halben gehörte, sondern ein ganzer Mann war, der einstand für das, was er dachte und sagte. Bis in den Tod stand er für Christus ein. Bei lebendigem Leib wurde er zersägt. Deswegen wird er auf Bildern mit einer Säge dargestellt, und die Holzfäller verehren ihn als Schutzpatron. Mit Teilen seiner Überreste ist auch Deutschland gesegnet, denn in Köln und in Goslar befinden sich Reliquien von ihm.

 

Mehr wissen wir von dem zweiten Heiligen des Tages, dem heiligen Apostel Judas, der zur Unterscheidung von dem unrühmlichen Namensvetter aus Karioth den Zunamen „Thaddäus“, das will sagen „der Beherzte“, erhielt.

 

Judas Thaddäus war ein Verwandter des Heilands, und zwar war er gleich doppelt verwandt, denn vom Vater her musste er zum heiligen Joseph Onkel sagen und zu Maria von der Mutter her Tante. Thaddäus war also ein Vetter des Herrn. Nach der Überlieferung soll er dem Heiland in Gestalt und Aussehen auch sehr ähnlich gewesen sein, so dass man die beiden miteinander hätte verwechseln können, wenn nicht Jesus, wie einleuchtend, vielmals schöner als Thaddäus gewesen sein muss, da er doch Gottes Sohn und Gott selbst und der Schönste unter den Menschenkindern ist.

 

Der heilige Judas Thaddäus war also ein Vetter des Herrn und ein Neffe von Maria und Joseph. Welche Achtung müssen wir vor diesem Heiligen haben, der als naher Verwandter der Heiligen Familie im Haus zu Nazareth alle Tage ein- und ausging, mit dem Jesusknaben spielen und zu Maria und Joseph Tante und Onkel sagen durfte! Fast möchte man den Bauernbuben um seine Verwandtschaft beneiden. Um so froher macht uns daher die Tatsache, dass wir durch den Glauben in die Heilige Familie aufgenommen sind, denn wir heißen Kinder Gottes, der liebe Heiland ist unser Bruder, Maria unsere gute Mutter, und der heilige Joseph ist unser väterlicher Schutzpatron. So gehören wir alle zur Heiligen Familie.

 

Soeben wurde beiläufig erwähnt, dass Judas Thaddäus ein Bauernjunge gewesen ist. Dass sich dem so verhält, steht zwar nicht in der Heiligen Schrift, aber es ist bekannt, dass sich später zur Zeit der zweiten römischen Christenverfolgung seine erwachsenen Enkel vor dem finsteren und tückischen Kaiser Domitian, der alle Nachkommen des Königs David umbringen ließ, ausweisen mussten, ob sie politisch einwandfrei seien. Sehr leicht konnten die schlichten Leute den geforderten Beweis erbringen, denn sie zeigten nur ihre Hände vor. Derbe, schwielige Bauernfäuste waren es, die mit Politik nichts zu tun hatten. Da schickte Domitian sie ungeschoren auf den heimatlichen Hof zurück.

 

Neben den Fischern vom See Genesareth berief der Heiland in sein nächstes Gefolge also auch einen Bauern, und dass einer von den Zwölfen ein Bauer war, muss alle mit Stolz erfüllen, die dem Bauernstand angehören. Einer von den Aposteln war ihresgleichen. Überhaupt, wer ein rechter Bauer ist, der ist stolz auf seinen Stand. Der Bauer ist vom ältesten Adel. Sein Stammbaum reicht als einziger von allen Ständen bis ins Paradies zurück. Als Adam grub und Eva spann, wo war denn da der Edelmann? Dazu ist an jedem Bauern etwas Königliches. Der Hof mit den Äckern, Wiesen und Wäldern ist sein Königreich. Dort schaltet und waltet er als freier Mann zum Nutzen und im Dienst des gesamten Volkes. Wenn einer, dann soll der Bauer stolz sein auf seinen Stand, er muss an der Scholle kleben und darf ohne zwingende Not nicht in die Stadt abwandern. Bauer, halte fest, was du hast! Bauer, bleib auf deiner Scholle!

 

Der heilige Judas Thaddäus war ein Verwandter Jesu und ein Bauer, und ein Apostel wurde er, als der Heiland ihn berief, und Apostel blieb er, tatkräftig und beherzt, bis er sterbend unter den Keulenschlägen der Heiden zusammenbrach, ein aufrechter Mann, wie es viele im Bauernstand gibt. Wieviel aber der heilige Judas Thaddäus im Himmel gilt, ersieht man daraus, dass er heute Noch oft selbst in den verzweifeltsten Anliegen Hilfe zu schaffen weiß.

 

 

Simon, der Eiferer genannt,

Wurde ausgesandt

Bald nach der Himmelfahrt des Herrn;

Zu jenem reichen König fern

Nach Edessa sollte er reisen: 

Abgarus war der König geheißen.

Ihr vernahmet schon die Märe,

Wie er sehr krank gewesen wäre,

Und wie er hörte vom heiligen Mann,

Der so viele Wunder hätte getan

In Judäa; darum schrieb

Er einen Brief in großer Lieb`.

Auch wollte er, sich dran zu erlaben,

Des lieben Heilands Bildnis haben.

Man bewahrte es dort lange Zeit;

So lange wiederfuhr kein Leid

Der Stadt Edessa und dem Land.

Nun also wallte, ausgesandt

Von der Apostel heil`ger Schar,

Simon mit Judas zu Abgar.

 

Judas, der gute, der Thaddäus

Auch noch genannt wird, oder Lebbäus,

War der Sprosse des Alphäus

Und der Maria Kleophas,

Der Schwester Sankt Marias,

Der Gottesmutter. Bruder des Herrn

Nennt ihn die heilige Kunde gern.

Von frühster Jugend war er schon

Treulich befreundet dem Simon.

Als Knaben waren alle beide

Zur Weihnachtszeit dort auf der Weide

Vor Bethlehem, als der Engel erschien

Und sie weiste zur Krippe hin. 

Als sie Männer waren geworden,

Trat Judas in der Ehe Orden.

Gar gern verließ er Weib und Kind

Und folgte Jesu holdgesinnt.

Nach dessen Tode hielt er sich

Zu Simon treu und freundschaftlich.

Mit ihm fuhr er zu Abgar hin.

Als er dort vor Edessa erschien,

Erkannte der König den Jünger rein

An seines Antlitzes hellem Schein.

Wie froh ward er ob seinem Kommen!

Wie ward es leid dem Frommen,

Dass die Juden den Heiland hatten durchstochen!

Er hätte es gerne an ihnen gerochen

Mit einem großen Kriegerheer.

Der gute Judas heilte nunmehr

Den König, dass er von dieser Stund`

Ward wieder frisch und wohl gesund.

 

Als Judas vom Tode Jacobs vernahm,

Seines lieben Bruders, kam

Er nach Jerusalem zurück

Und erlebte dort das große Glück,

Seinen andern Bruder Simeon

Als dessen Nachfolger zum Lohn

Seiner Gerechtigkeit zu seh`n,

Würdig dem Bistum vorzustehn.

Ein vierter Bruder lebte im Land,

Joseph Barnabas genannt.

 

Simon und Judas waren

Getrennt in diesen Jahren.

Judas der gute ging allein

Nach Mesopotamien hinein

Und nach Pontus wieder;

So zog Simon hernieder

Nach dem alten Ägypterland.

Darauf vereinigt Hand in Hand

Gingen sie ins Britenland;

Dann kamen sie nach Persien her.

 

Nun waren die beiden Zauberer,

Zares und Arphaxad,

Die ob ihrer üblen Tat

Matthäus aus dem Mohrenland

Vertrieben hatte, allzuhand

Auch nach Persien gekommen

Und hatten sich dort vorgenommen,

Zu äffen des Volkes Mut.

Den lieben zwei`n Aposteln gut

Erhub sich da ein neuer Streit

Durch der beiden Zauberer Neid.

 

Der König von Babylonia

War des Landes Herr allda;

Sein Herzog saß in diesem Land,

Der war Baradach genannt.

Nun hatten eben in dieser Zeit

Die Indier ihm Krieg und Streit

Angesagt. In seiner Not

Befragte der Herzog seinen Gott

Und seine Priester, wie der Krieg

Ausgehen werde und wem der Sieg

Zuviele. Da kam des Teufels Wort

Aus dem Götzenbilde dort:

"Groß wird der Streit in kurzen Zeiten;

Viel werden fallen auf beiden Seiten."

Die heil`gen Apostel aber sprachen:

"Sieh, wie die Götzen Lügen machen!

Nicht wird gekriegt und nicht gestritten.

Morgen werden, um Frieden zu bitten,

Die Boten aus India herkommen."

Als die Heiden dies vernommen,

Beschuldigten sie verrät`rischer Listen

Die bei den heiligen Christen.

Der Herzog aber ließ beide Teile

Zum Kerker führen ohne Weile

Und schwur, die Lügner zu zerstören,

Die rechten Propheten aber zu ehren.

 

Die Nacht ging hin, der Morgen kam,

Da man mit Freuden die Wahrheit vernahm.

Die Boten des Feindes kamen

Und gaben in ihres Königs Namen

Sich ganz und gar in des Herzogs Hände.

So hatte aller Krieg ein Ende.

 

Nun wollte den lügnerischen Pfaffen

Der Herzog alle Marter schaffen.

Doch die Apostel sprachen, die frommen:

"Nicht zu töten sind wir gekommen,

Sondern Leben den Toten zu geben;

Drum sollen auch unsere Feinde leben!"

 

Der Herzog ehrte ihre Güte

Und ihr friedenreich Gemüte

Und fuhr mit den Aposteln da

Zum König von Babylonia.

Nun hatten in der Stadt ihr Wesen

Die beiden Zauberer, die bösen:

Zares und Arphaxad.

Als der Herzog vor sie trat

Und alles dem König erklärte,

Was er sah und hörte,

Da wurden die bösen Zauberer beide

Sehr betrübt und voll von Leide.

Mit ihren Gaukelkünsten suchten

Sich noch zu wehren die Verruchten.

Sie ließen viele Schlangen groß

Auf die heiligen Zwölfboten los.

Doch die Apostel nahmen sie kühn

Und warfen sie auf die Zauberer hin,

Dass sie fast wurden totgebissen

Und jämmerlich zerrissen. 

Am vierten Tag erst auf ihr Fleh`n

Vermochten sie wieder aufzusteh`n.

Sie flohen darauf, bedeckt mit Schande,

Nach einer andern Stadt im Lande,

Die Swamir war genannt,

Wo des Sonnengottes Bildnis stand

Mit andern Götzen; dieser pflagen

Mit Opfern und Weissagen

Siebzig Heidenpriester dort.

Allda begannen nun sofort

Mit diesen Heidenpfaffen

Die Zauberer also zu schaffen:

Wenn die Zwölfboten kämen,

Dass sie sie festnähmen

Und ließen nicht zu Worte kommen;

Sonst würde alle Macht benommen

Ihnen und den Göttern auch.

 

Als nun die Apostel nach ihrem Brauch

In der Stadt Swamir gingen

Und dort zu predigen anfingen,

Da kamen sie denn auch gegangen

Zum Heidentempel hin und zwangen

Die Teufel zu schweigen

Und sich vor Gott zu neigen,

Die Bilder zu zerschlagen

Und in die Wüste wieder zu jagen.

 

Als an den Götzen dies geschah,

Nicht ertrugen es allda

Die Heidenpfaffen; sie liefen an

Die beiden Apostel in grimmigem Wahn,

Um sie mit Schwertern zu durchstechen

Und ihre Götter so zu rächen.

Sie ganz zu töten, ward Simon

Entzwei gesägt mit Schimpf und Hohn,

Thaddäus erschlagen mit einer Keule,

Einer Hellebarde und dem Beile.

 

Der Tag, an dem der Mord gescheh`n

War rein und klar; da ließ Gott seh`n

Seinen Zorn, denn plötzlich sausten

Die Winde einher, die Stürme brausten,

Und aus der schwarzen Wolken Nacht

Blitzt die Flamme, der Donner kracht.

Der Tempel ward in Stücke gespalten

Und vernichtet von Feuersgewalten,

Daraus die Zauberer, die verfluchten,

Vergebens Hilfe und Rettung suchten.

Sie wurden alle verbrannt zu Kohlen.

 

Des Landes König ließ nun holen

Die beiden Heiligen und begraben.

Ein schönes Münster, hoch erhaben,

Ward über ihrem Grab erbaut.

Nun mögen uns die Boten traut.

Wenn Gott uns zürnt und Schrecken droht,

Hilfe bringen durch ihren Tod!

 

(siehe Abgar von Edessa - 20. Juni)

 

(Aus. „Goldene Legende der Heiligen“

von Joachim und Anna bis auf Constantin den Großen

neu erzählt, geordnet und gedichtet von

Richard von Kralik, 1902)