Seliger Thomas Percy, Graf von Northumberland, Märtyrer, + 22.8.1572 – Gedenktag: 22. August

 

Elisabeth, die im Ehebruch mit Anna Boleyn erzeugte Tochter Heinrichs VIII., hatte nach dem Tod ihrer Schwester Maria der Katholischen den Thron Englands errungen. Obwohl von Jugend auf ohne jede tiefere religiöse Überzeugung, hatte sie es doch verstanden, bei den Katholiken wie bei den Neuerern Hoffnungen zu erwecken. Alsbald aber offenbarte sie ihr geheimes Vorhaben, eine neue Staatsreligion zu schaffen und durch fein ausgedachte Gesetze den alten katholischen Glauben planmäßig zu unterbinden und schließlich gänzlich auszurotten. Dabei ging sie noch grausamer zu werke als ihr schon als grausam genug berüchtigter Vater. Der schwere Druck rief im Norden des Reiches im Jahr 1569 eine Erhebung hervor, die „dem Verderbnis Einhalt tun und alle alten Gebräuche und Freiheiten Gott und dem Reich zurückgeben wollte“, ohne dem Staat und der Königin die Treue zu brechen. An der Spitze der Bewegung standen die Grafen von Westmoreland und Northumberland. Da aber viele Edelleute dem Unternehmen nicht die erwartete Unterstützung liehen, nahm es einen unglücklichen Verlauf. Der Grimm der Königin war nicht zu stillen. Mehr als neunhundert Menschen aus dem armen Volk wurden hingerichtet. Die Führer flohen nach Schottland, von wo Westmoreland nach Flandern entschlüpfen konnte, während Northumberland an Elisabeth verkauft wurde und als Blutzeuge für den heiligen Glauben starb.

 

Der selige Thomas, Graf von Northumberland, war ein Spross der alten katholischen Familie der Percy. Schon sein Vater hatte zum Schutz der katholischen Religion das Schwert gezogen und endete deswegen auf dem Schafott. Als Thomas Percy nach dem Scheitern der Erhebung des nordischen Adels, der er sich nur zögernd und erst unter dem Zwang der Notwendigkeit angeschlossen hatte, als Flüchtling Schottland betrat, geriet er durch Verrat in die Hände der Feinde der unglücklichen schottischen Königin Maria Stuart, die gegenüber Elisabeth Anspruch auf die Krone Englands erhob. In demselben Schloss von Loch Leven, das auch Maria als Kerker gedient hatte, wurde der Graf zweieinhalb Jahre gefangen gehalten. Da hat er in festem Glauben, in Geduld, in Keuschheit, in Sanftmut, Wachen, Fasten und heiligen Betrachtungen um die Krone jener Glorie rechtmäßig gekämpft, die ihm jetzt der gerechte Richter verliehen hat, wie ein zuverlässiger Bericht eines Zeitgenossen sagt. Der Kerkermeister gehörte der Irrlehre Calvins an und lud oft andere Kalvinisten zu Tisch, die sich sehr bemühten, den Grafen zu ihren Irrtümern herüberzuziehen. Aber weder durch ihre Trugschlüsse noch durch freundliches Zureden, weder durch Drohungen noch durch Versprechungen ließ er sich bewegen, auch nur um Haares Breite von der katholischen Lehre abzuweichen. Man bot ihm nicht nur Freilassung aus dem Kerker, sondern auch Wiedereinsetzung in alle Ehren und Würden an. „Auf den Felsen gegründet“, ließ er sich durch nichts von diesem festen Fundament abdrängen. Wenn ihm an Fasttagen Fleischspeisen vorgesetzt wurden, was oft geschah, begnügte er sich mit trockenem Brot. Auf den Knien betete er oft bis tief in die Nacht hinein. Auch in seinem früheren Leben hatte er an dieser heiligen Beschäftigung große Freude.

 

Inzwischen suchte der schottische Herr, in dessen Gewalt sich Percy befand, den Gefangenen um möglichst hohen Preis zu verkaufen und unterhandelte gewissenlos mit beiden Parteien. Unter unsäglichen Mühen hatte die edle und mannhafte Gattin Percys, der ja alle Güter genommen worden waren, die enorme Summe von 2000 Pfund Sterling (etwa 400.000 Mark) aufgebracht und schon glaubte man den standhaften Bekenner gerettet. Aber auch der Königin von England war dieser Preis nicht zu hoch, ihre Rache zu befriedigen, und so wurde der Graf an sie verschachert. Am 29. Mai als Staatsgefangener nach Berwick verbracht, erkrankte er hier an einem heftigen Fieber. Da hatte er nur die eine Sorge, es möchte ihm nicht vergönnt sein, um des Glaubens willen sein Blut vergießen zu dürfen. Die liebenswürdige Geradheit und Charaktergüte des Gefangenen machte auf seinen Wächter, den Lord Hunsdon, der sonst wahrlich kein Freund der Katholiken war, einen solchen Eindruck, dass sich dieser an die Königin um Begnadigung für den Grafen wandte. Indessen war Northumberland schon zum Tod verurteilt. Es bedurfte keines neuen Gerichtsverfahrens mehr. Seine Hinrichtung sollte in York stattfinden. Unterwegs durfte er in seinem eigenen Schloss Topcliffe, von wo er vor drei Jahren zum Kampf aufgebrochen war, Halt machen. Man hatte, um die Bevölkerung von Befreiungsversuchen abzuhalten, das Gerücht verbreitet, er wäre begnadigt. Von allen Seiten kamen Edelleute, ihn zu beglückwünschen. Vollkommen ruhig erklärte der Selige, er möchte freilich um der Gattin und Kinder willen gerne noch länger leben, aber nur so weit dies mit gutem Gewissen geschehen könne. Ehe er sein Gewissen verletze, wolle er lieber sterben. Man hatte ihm nämlich bedeutet, wenn er nur seine Religion ändern wollte, würde er begnadigt werden und ein Leben mit Freuden führen können. Doch er blieb standhaft, und so war es wirklich die Treue im Glauben, um derentwillen ihm am Abend des 21. August eröffnet wurde, dass er am folgenden Tag den Tod erleiden würde. Mit großer Freude nahm er diese Nachricht auf; man könne ihm, sagte er, keine größere Ehre erweisen, als die Ehre des Martyriums. Darauf wollte er sich durch inniges Gebet vorbereiten. Allein zwei kalvinische Prediger belästigten ihn mit Bekehrungsversuchen. Ihnen wusste er so geschickt zu erwidern, dass sein Wächter die Schlagfertigkeit und Bescheidenheit nicht genug bewundern konnte. Eine Trostschrift des heiligen Thomas Morus, die er sich vom Diener vorlesen ließ, mehrte seine Ruhe und Seelenfreude.

 

So trat der selige Martyrer am 22. August 1572 zu York frohen Antlitzes den Gang zur Richtstätte an. Sich und die Leiter, die zum Schafott führte, mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes bezeichnend, stieg er unerschrocken auf das Gerüst. Wieder belästigte ihn der irrgläubige Prediger. Der Graf aber wandte sich an das Volk: „Ich würde gerne schweigend sterben; da es aber Sitte ist, dass die Verurteilten über die Ursache ihres Todes einige Worte an die Versammelten richten, so wisset, dass ich von Kindheit an bis auf diesen Tag im Glauben jener Kirche gelebt habe, die über den ganzen Erdkreis hin verbreitet und in heiliger Eintracht verbunden ist, und dass ich in diesem Glauben mein armseliges Leben schließen will. Von dieser neuen anglikanischen Kirche aber will ich nichts wissen.“ Da unterbrach ihn der Prediger: „Ich sehe, dass du als verstockter Papist sterben willst, als Glied der römischen und nicht der katholischen Kirche.“ „Die Kirche, die du die römische nennst,“ antwortete der Martyrer, „das ist eben die katholische, auf die Lehre der Apostel gegründete, auf den Eckstein Christus Jesus gebaute, durch das Blut der Martyrer gefestigte, durch das Zeugnis der Väter verklärte Kirche, die ewig dieselbe bleibt, und gegen die nach den Worten des Heilandes die Pforten der Hölle nichts vermögen. Lasst mich jetzt in Frieden, denn diese Wahrheit ist meinem Herzen und Gewissen unentreißbar eingepflanzt.“

 

Noch sprach der edle Mann sein großes Herzeleid darüber aus, dass durch seine Veranlassung, aber doch wegen ihrer Liebe zur wahren Religion, so viele aus dem armen Volk hätten den Tod aus Henkershand erdulden müssen. Was ihm vorgeworfen werde, dafür erwarte er kein erbarmen von den irdischen Herren, sondern einzig von dem, den er als die Quelle aller Erbarmung anbete und von dem er auch zuversichtlich hoffe, er werde ihm barmherzig sein. Er wollte alle um Verzeihung bitten, wie auch er allen verzeihe. Auf den Knien betend, küsste er das Kreuz, breitete die Arme in Kreuzesform aus und empfing mit den Worten: „Herr, nimm meine Seele auf!“ den Todesstreich. Das Volk schluchzte und weinte laut, und es fehlte nicht an solchen, die ihre Tücher in das Blut des Hingerichteten als in das eines Martyrers tauchten.

 

So starb Thomas Percy, der 7. Graf von Northumberland, den wir unter der Schar der seligen Blutzeugen verehren dürfen. Durch Dekret der Kongregation der Riten vom 13. Mai 1895 wurde ihm der Titel eines Seligen zugebilligt.

 

Ob unsere heilige Kirche auch von den Kindern unserer Zeit das blutige Zeugnis für den Glauben erwarten dürfte? Wir müssen uns nur durch treuen Eifer und liebende Betätigung im Glauben darauf vorbereiten. Gott gibt dann schon seine Gnade.