(Symbolbild Allerheiligen)
Mit dankbarer Gesinnung feiert die Kirche heute das Andenken an den heiligen Apostel Thomas, der in treuer Liebe zum Evangelium sein Leben zum Opfer brachte und darum auch als Märtyrer geehrt wird.
Unter den vielen, die seinen Fußstapfen nachgefolgt und unerschütterliche Anhänger der Lehre Jesu geblieben sind, zeichnete sich der gallische Priester und Abt, vornehmlich durch seine Marienverehrung aus. Schauen wir auf einen kurzen Abriss seines Lebens.
Der Priester Thomas war aus Gallien, seinem Geburtsland, nach Rom und von dort aus ins Heilige Land gepilgert, um dem Drang seiner Andacht zu genügen und an den jedem Christen so teuren Stätten seinem Glauben und seiner Liebe neuen Zuwachs zu verschaffen. Sowohl in der Heimat als auch in Italien hatten sich ihm einige gleichgesinnte Gefährten angeschlossen. All die Orte, an denen ein besonders merkwürdiges Geheimnis aus dem Leben und Leiden unseres Erlösers sich begeben hat, besuchten die frommen Wallfahrer. Die meiste Zeit aber verweilte Thomas in Jerusalem am heiligen Grab.
In den drei Jahren, die er daselbst zubrachte, betete er Tag und Nacht unter Tränen und Seufzern zum Herrn, dass er in Milde und Güte die Wege des Heils ihn leiten und in den Port der ewigen Seligkeit einführen möge. Da aber nach der Verheißung des Herrn, wer bittet empfängt und wer sucht findet und dem Anklopfenden aufgetan wird, so würdigte er sich, auch diesen Bittenden zur rechten Zeit zu erhören. Als er nämlich wieder eine Nacht am heiligen Grab zubrachte, und ermüdet durch langes Bitten und Wachen vom Schlummer überwältigt wurde, zeigte sich ihm während des Schlafes in einem Traumgesicht die jungfräuliche Gottesmutter Maria, und sprach ihn folgendermaßen an: „Warum Bruder weinst und trauerst du so sehr? Sei standhaft und handele männlich, und der Herr wird dein Verlangen erfüllen.“ Und weiter bedeutete ihm die glorreiche Frau, der Ort, wo er das Ziel seiner Wünsche, das Heil seiner Seele, erlangen sollte, sei in seiner Seele, erlangen sollte, sei in Italien im Sabinergebiet, wo eine ihr geweihte Kirche stehe. Drei nebeneinander stehende hohe Zypressenbäume sollen ihm als Kennzeichen des Ortes dienen, wo sie besonders geehrt werden wolle. Und nachdem sie ihn ihres Schutzes versichert hatte, verschwand die Erscheinung. Thomas machte sich nun mit allen seinen Begleitern auf die Reise, und kam, nachdem er noch länger in Ephesus beim Grab des heiligen Evangelisten Johannes verweilt hatte, wieder nach Italien. Da durchzog er nun das Sabinergebiet, den Ort suchend, der ihm in der Erscheinung bezeichnet worden war. Als er aber das angegebene Zeichen nicht entdecken konnte, fing er an, die Offenbarung für Täuschung zu halten, und dachte darauf, sich in einer anderen Provinz niederzulassen.
Als er schon auf den Weg nach Rom sich aufmachen wollte, hatte er ein zweites Traumgesicht, das ihm die Wahrheit des ersten bestätigte, und bald nach seinem Erwachen entdeckte er in nicht weiter Ferne die drei Zypressen, und – nachdem er sich mit seinen Gefährten durch das Dickicht, das sie von ihnen trennte, einen Weg gebahnt hatte, - die bezeichnete Kirche. Freudig betraten sie den Tempel und verharrten einige Tage, Gott und seiner gebenedeiten Mutter dankend, an der Stelle. Nachdem aber der geringe Mundvorrat, den sie mit sich geführt hatten, aufgezehrt war, wurden die übrigen ganz traurig und verzagt. „Vater,“ sprachen sie, „was sollen wir länger hier an diesem Ort, der nur wilden Tieren und Räubern zugänglich zu sein scheint? Unsere Lebensmittel sind aufgezehrt, und wenn wir länger hier verweilen, so müssen wir Hungers oder von der Hand der Räuber sterben!“ Thomas suchte sie liebreich zu trösten, und mit dem Vertrauen auf Gottes Güte und Mariens Schutz, von dem er ganz durchdrungen war, zu erfüllen. Aber bald wurde dieses in seinen Gefährten wieder erschüttert. Man vernahm nämlich bald nachher Geräusche, und erschreckt flüchteten sich alle in die Kirche, zu Thomas, ihm klagend, dass nun wirklich die Räuber sich zu nahen scheinen, und ihr Leben in Gefahr sei. Eilig verrammelten sie die Tür der Kirche, voll Bangigkeit erwartend, was da kommen solle. Bald näherte sich das Getöse und aus dem, was sie aus ihren Schlupfwinkeln vernehmen konnten, erkannten sie, dass sich mehrere Menschen und Lasttiere vor der Kirche befänden. Nachdem es ruhiger geworden war und kein Versuch, die Tür zu erbrechen, gemacht wurde, wagten es endlich die Eingeschlossenen, die Tür zu öffnen, und – was sahen und erfuhren sie? – Eine große Menge von Wein und Lebensmitteln war auf dem Platz abgelagert. Die Männer, die dies gebracht hatten, warfen sich auf die Knie und empfahlen sich dem Gebet der Diener Gottes, und derjenige, der der Vornehmste von ihnen zu sein schien, sprach: „Farovaldus, der erlauchte Herzog von Spoleto, sendet euch auf Weisung der glorreichen Gottesmutter Maria dies zu eurer Notdurft und bittet, dass ihr in euren Gebeten seiner vor dem Herrn eingedenk sein möget.“ Und nachdem sie den Segen von den Dienern Gottes erhalten hatten, kehrten sie zu ihrem Gebieter zurück, der von Zeit zu Zeit ähnliche Zusendungen wiederholte und durch urkundliche Schenkung dem heiligen Thomas jenen Ort als Eigentum übergab.
Die Weisung der seligsten Jungfrau an den Herzog war in folgender Art geschehen: Farovaldus war Willens, um jene Zeit nach Rom zu reisen, und bereits waren zu dem Zweck alle Vorkehrungen getroffen, und mit Wein und Lebensmitteln die Dienerschaft bereits aufgebrochen, der des anderen Tages der Herzog mit Begleitschaft folgen sollte. Aber in selber Nacht erschien ihm Maria sprechend: „Stehe ab von der vorhabenden Reise, sie würde für dich diesmal nicht zum Guten ausschlagen, befolge vielmehr meinen Rat, der dir mehr Nutzen bringen wird. Es ist nämlich im Sabinischen Gebiet eine meinem Namen gewidmete Kirche. Daselbst befinden sich gegenwärtig fremde Mönche, die Tag und Nacht dem Herrn in Gebet und frommen Gesängen dienen. All das Gepäck, das du vorausgehen ließest, lass nun dorthin bringen, und du wirst durch das Gebet jener Männer den besonderen Schutz des Herrn erfahren.“
Bald vermehrte sich durch Zuwachs von nah und fern die fromme Gemeinde von Carfa (so hieß nämlich jener Ort), der Thomas noch fünfunddreißig Jahre bis zu seinem seligen Tod vorstand.