Virgilius wurde, unter der Regierung Clotars I., in Aquitanien geboren. Kaum hatte er das Alter erreicht, wo er sich frei entschließen durfte, als er sich in das Kloster von Lerins zurückzog. In der Folge machte man ihn zum Obern eines geistlichen Hauses zu Autun, in Burgund (Der Verfasser seines Lebens, der im 8. Jahrhundert schrieb, macht ihn zum Abt von Lerins. Allein Gregor von Tours, der älter ist und besser unterrichtet war, sagt nur, dass er Vorsteher zu Autun war.). Er verwaltete dieses Amt so heilig, dass er verdiente, auf den bischöflichen Stuhl von Arles erhoben zu werden, im Jahr 588. Einige Zeit später, im Jahr 595, schickte ihm der heilige Gregor der Große das Pallium, und schrieb ihm zugleich einen Brief, in dem er den Hirtentugenden des heiligen Virgilius und besonders seiner Nächstenliebe, große Lobsprüche erteilt. Er ermahnt ihn auch darin, die Simonie gänzlich auszurotten, die Verkäuflichkeit der kirchlichen Würden zu unterdrücken, die Neubekehrten von den heiligen Weihen entfernt zu halten, und alle Missbräuche zu beheben, die Galliens Kirche verunstalteten. Er machte ihn zugleich zum apostolischen Vikar (In dieser Eigenschaft konnte er in größeren Rechtshändeln erster Instanz entscheidende Konzilien halten usw.); allein dieses apostolische Vikariat erstreckte sich nur auf die Kirchen der Königreiche Burgund und Austrasien, die Childebert II., seit seines Oheims Guntrams Tod, in Besitz hatte. Die Briefe, die der heilige Gregor bei dieser Gelegenheit an die Bischöfe der beiden Königreiche, und an Childebert selbst, der für unseren Heiligen das Pallium und das Vikariat begehrt hatte, schrieb, zeigen, welchen großen Begriff man überall von der Tugend und dem Talent des heiligen Virgilius hatte. Sie geben ferner noch zu erkennen, in welchem Ansehen damals der bischöfliche Sitz von Arles stand.
Auf Befehl des heiligen Gregors empfing der heilige Augustin, Englands Apostel, die bischöfliche Weihe aus den Händen des heiligen Bischofs von Arles. Die Predigten dieses heiligen Mannes und seiner Gefährten waren so wirksam, dass der heilige Gregor 614 genötigt war, neue Missionare als Helfer zu der reichlichen Ernte zu schicken. Der Priester Laurentius und der Abt Mellitus standen an der Spitze dieser neuen Missionare. Der heilige Gregor empfahl denselben auch den heiligen Virgilius, den er allzeit sehr in Ehren hielt. Mabillon setzt den Tod des Heiligen ungefähr in das Jahr 614 und Baillet 624. Allein beide haben sich wahrscheinlich geirrt, denn der heilige Virgilius scheint am 10. Oktober 610 gestorben zu sein. (Man hat diese Zeitangabe nach zwei Briefen des Papstes Bonifatius IV. bestimmt, deren einer an Florian, den Bischof von Arles, und der andere an den König Theodorich gerichtet ist. Sie befinden sich in einer Handschrift aus dem 10. Jahrhundert, die in der ambrosianischen Bibliothek zu Mailand aufbewahrt wird.) Er wurde in der, in einiger Entfernung von der Stadt gelegenen, Kirche von St. Genetius, auch von St. Honorat, oder von Unserer Lieben Frau der Gnade genannt, beigesetzt. Man begeht sein Fest zu Lerins am 5. März und am 10. Oktober im Bistum Arles.