Ein Zeitgenosse schildert den seligen Hart in einem Brief als „einen jungen Mann voll Unschuld und Bescheidenheit und als einen gelehrten und heiligen Priester, der für die Kirche Christi und das Ansehen seines Stellvertreters glorreich sein Blut vergoss.“
In Somersetshire geboren, erwarb sich Wilhelm Hart mit seinen glänzenden Talenten eine vorzügliche Bildung. Eine glückliche Laufbahn in der Welt tat sich ihm auf. Um des Glaubens willen aber entsagte er allem und begab sich ins englische Seminar von Douay in Nordfrankreich und bald darauf nach Reims. Nachdem er in den Bädern von Spa umsonst Heilung eines heftigen Steinleidens gesucht hatte, unterzog er sich einer schmerzhaften Operation, um sein Leben dem Dienst der Kirche zu erhalten. Im englischen Kolleg zu Rom vollendete Hart seine theologischen Studien, empfing die Priesterweihe und wurde dann 1581 mit 46 Gefährten, von denen nicht weniger als dreizehn die Martyrerkrone erlangten, nach England zurückgeschickt.
Harts Wirksamkeit in und um York war ungemein gesegnet. Er hatte ein seltenes Talent zu predigen und einen überaus gewinnenden Umgang, so dass man ihn einen zweiten Campion (1. Dezember) nannte. Auch hinsichtlich der Gewandtheit seiner Feder gab er jenem trefflichen Streiter nichts nach. Zu diesen natürlichen Gaben gesellte sich eine zarte Frömmigkeit und ein glühender Eifer für die Ausbreitung des Glaubens. Bei der heiligen Messe zerfloss er manchmal in Tränen innigster Andacht. Eine ganz besondere Liebe wendete er den um des Glaubens willen gefangenen Brüdern zu, mit denen die Gefängnisse von York angefüllt waren.
Bei einem dieser Liebeswerke entkam der eifrige Priester nur mit knapper Not den Häschern. Es war am 22. Juli 1582, als der selige Wilhelm Lacey, der mit Hart den Gefangenen einen nächtlichen Gottesdienst hielt, verhaftet wurde. Dem seligen Hart gelang es, über den Wall in den Schlossgraben hinabzuklettern und durch dessen morastiges Wasser, das ihm bis an den Hals reichte, den Verfolgern zu entkommen. Allein nur wenige Monate waren ihm mehr gegönnt. In der Nacht nach dem Weihnachtsfest drangen die königlichen Spürhunde in sein Zimmer und ergriffen ihn, während er schlafend im Bett lag. Aus dem Schlummer auffahrend, rief er ihnen zu: „Hütet euch, Hand an mich zu legen; ich bin Priester und mit dem heiligen Chrisam gesalbt. Tretet zurück, ich will mich selbst ankleiden und euch willig folgen.“ Nach dem Verhör vor dem Präsidenten der Grafschaft wurde der Blutzeuge in einen unterirdischen Kerker des Schlosses von York geworfen, in dem er bis zu seinem Tod verblieb.
Wie gewöhnlich, versuchten auch bei Wilhelm Hart die anglikanischen Geistlichen alles, um den Bekenner zum Abfall vom katholischen Glauben zu bewegen. Schon hofften sie auf Erfolg und erlaubten ihm, sich die Werke des heiligen Augustinus in den Kerker bringen zu lassen. Eifrig forschte der Gefangene nach der Wahrheit. In den Auszügen aber, die er aus Augustin machte, bewies er mit aller Klarheit, dass der scharfsinnige Kirchenlehrer hinsichtlich der wirklichen Gegenwart Jesu Christi im heiligsten Altarsakrament, der sühnenden Kraft des heiligen Messopfers, der Fürbitte der Heiligen, des Verdienstes der guten Werke, , des Fegfeuers, der Wirksamkeit des Gebetes für die Verstorbenen eben den katholischen Glauben vertrat. Diesen Auszug aus Augustin schickte der Selige an den anglikanischen Dekan und den Rat von York. Vor diesen gerufen, zwang er dem Dekan das Geständnis ab, dass Augustin und mit ihm das ganze christliche Altertum, was den Glauben an die Gegenwart Christi in der Eucharistie betrifft, auf Seiten der Katholiken stehe und auch in der Lehre vom Fegfeuer und anderem nicht der protestantischen Ansicht sei. Wegen seiner Reise nach dem Kontinent und seiner priesterlichen Tätigkeit in England, die Hart vor Gericht offen bekannte, wurde er des Hochverrats schuldig erklärt und zu der hierfür festgesetzten furchtbaren Todesstrafe verurteilt. Die Antwort des Seligen war der Lobspruch Hiobs: „Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen; wie es dem Herrn gefallen hat, so ist es geschehen! Der Name des Herrn sein gebenedeit!“
Diese hochgemute Stimmung des Dankes und der Glückseligkeit durchweht auch ein Brief, den Hart wenige Tage vor seinem Tod an seine Mutter richtete. „Es ist mir unmöglich“, so schreibt er unter vielem anderen, „für meine Liebe, Hochachtung, Anhänglichkeit und Dankbarkeit genügende Worte zu finden, da ich leider nichts anderes tun kann, als meine Dankesschuld einzugestehen. . . Ach, liebe Mutter, warum weinst du, warum wehklagst du? Warum nimmst du dir meinen Ehrentod so sehr zu Herzen? . . . Bedenkst du nicht, wie eitel, wie unbeständig, wie nichtig, wie elend das menschliche Leben ist? Bedenkst du nicht meinen Beruf, meinen Priesterstand, meinen Glauben? Denkst du nicht daran, dass ich an einen Ort voll Freude, voll Glückseligkeit hingehe? Warum also weinen? Warum trauern? Du wirst entgegnen: „Ich weine nicht so sehr wegen deines Todes, als weil du geschleift, gehängt, gevierteilt werden sollst.“ Meine liebe Mutter, das ist mir der angenehmste, der ehrenvollste und glücklichste Tod. Ich sterbe nicht als Verbrecher, sondern für die Wahrheit; nicht wegen Verrates, sondern wegen meiner Religion; nicht wegen eines schlechten Lebens, sondern einzig und allein für meinen Glauben, für mein Gewissen, für meinen Priesterberuf, für meinen gebenedeiten Heiland Jesus Christus. In Wahrheit, hätte ich zehntausend Leben, ich müsste sie eher alle hinopfern, als meinen Glauben verleugnen, meine Seele verlieren, meinen Gott beleidigen. . . Ich stehe auch nicht allein da. Haben doch in jüngster Zeit zwanzig bis zweiundzwanzig Priester, gerechte, tugendhafte und gelehrte Männer, für dieselbe Sache den Tod erduldet.“ So tröstete der glückliche Märtyrer noch weiter seine Mutter und beschwor sie zuletzt, doch nach der alten katholischen Weise Gott zu dienen und als ein Glied des Leibes Christi zu sterben, dann würden sie im Himmel miteinander vereint werden.
Als man Hart, auf der Schleife liegend, die Augen zum Himmel erhoben und betend, zum Richtplatz schleppte, grüßten ihn viele Leute freundlich, darunter auch zwei Brüder aus dem adeligen Geschlecht der Ingleby. Sofort wurden sie für diesen Liebesbeweis verhaftet. Freudig bestieg der Selige die Leiter zum Galgen und betete. Als man ihn fragte, ob er für die Königin bete, antwortete er, das habe er stets getan. Er anerkenne sie als Fürstin und wolle ihr in allem gehorchen, was seinen Pflichten als Katholik nicht widerstreite. Anglikanische Prediger überschütteten ihn mit Vorwürfen und Beleidigungen, worauf er mehrmals in Güte bat, ihn die letzten Augenblicke des Lebens in Frieden zu lassen. Die Katholiken aber forderte er auf mit ihm zu beten und ihm Zeugen zu sein, dass er für den katholischen Glauben sterbe. Hierauf wurde er von der Leiter gestoßen und dann dem Urteil gemäß noch lebend losgeschnitten und gevierteilt.
So eifrig drängten sich die Katholiken heran, Reliquien des seligen Blutzeugen von der Richtstätte mitzunehmen, dass die Beamten umsonst sich Mühe gaben, es zu verhindern. Tücher wurden in sein Blut getaucht, Teilchen von seinen Gebeinen, Stücke seiner Kleider wurden als große Schätze geachtet. Denn alle hielten ihn für einen Heiligen.
Ernstes Streben nach persönlicher Heiligkeit ist zugleich die beste Verherrlichung Gottes. Der selige Wilhelm Hart drückt dies in dem Gebet aus: „Gib, o Jesus, deinem armseligen Diener die Gnade, dass er zur Ehre deines Namens und zu seinem ewigen Seelenheil seinen Lauf vollende. Lenke seine Worte, Gedanken und Werke, dass alle seinem priesterlichen Beruf und seinem göttlichen Amt entsprechen. Gib ihm Geduld im Leiden, Leutseligkeit im Umgang, Weisheit, Klugheit und Standhaftigkeit in allen Verhältnissen, damit auf diese Art dein glorreicher Name verherrlicht werde und unser Glaube erhoben werde. Das gib, mein Jesus, durch dein bitteres Leiden.“