Heiliger Willibrord, Bischof und Bekenner von Utrecht, + 7.11.739 - Fest: 7. November

       

Am Westrand der Eifel, hart an der deutschen Grenze, liegt auf luxemburgischen Gebiet das Städtchen Echternach. Am Pfingstdienstag eines jeden Jahres strömen dorthin von nah und fern Pilger zuhauf, Tausende und Tausende, zur Springprozession, die in ihrer Art einzig dasteht auf der Welt.

 

Die Glocken läuten. Die Musik spielt. Ein Lied klingt auf, Bischöfe und Äbte schreiten mit Mitra und Stab einher. Viele Priester im weißen Chorrock gehen vorauf.

 

Es folgt die Prozession, die Jungen, die jungen Männer, die Männer, Mädchen und Frauen, alle zu vier oder zu sechs nebeneinander, und keiner geht, sondern jeder springt, nicht nur vorwärts, auch rückwärts, drei Schritte vor und zwei zurück, im strengen Takt geordnet, ein eindrucksvolles Bild.

 

Bald ringt den Springern der Schweiß von der Stirn, aber unentwegt halten sie aus, stundenlang durch die Straßen der Stadt, in das herrliche Gotteshaus, durch die Kirche, in die Unterkirche an dem goldenen Reliquienschrein vorbei, und wenn der letzte Springer endlich den letzten Sprung getan hat, ist die Feier mit einem letzten Flehruf: „Bitte für uns, heiliger Willibrord!“ zu Ende. So ehren Ösling und Eifel, Luxemburg und Deutschland den großen Helfer gegen Pest und Cholera, so ehren sie seit Jahrhunderten den Glaubensboten Sankt Willibrord.

 

Es war eine besondere Zeit, als Willibrord im Jahr 658 in der englischen Landschaft Northumbrien aus edlem angelsächsischem Stamm geboren wurde, und sonderbar waren die Leute, die damals lebten. Uns Menschen von heute ist es schwer verständlich, dass Willibrords Vater Wilgils den Sohn, sehr jung noch, den Mönchen des Klosters Ripon zur Erziehung übergab, während er selbst als Klausner in die Einöde ging, später ein Kloster gründete und als Heiliger starb. Andere Zeiten, andere Sitten.

 

Da saß der Junge Willibrord neben anderen auf der Schulbank, und vor den Schülern stand der Lehrer, wieder ein Heiliger, denn in jener Zeit blühten die Heiligen so zahlreich wie die Frühlingsblumen auf dem Anger. Wigbert hieß der Lehrer, der heilige Wigbert. Nie hat es Wigbert verschmerzt, dass er zwei Jahre in Friesland weilte, um die Heiden zu bekehren, und unverrichteter Dinge hatte heimkehren müssen. Alle Tage kam er im Unterricht auf das große Leid seines Lebens zu sprechen, und dabei rollten ihm die Tränen über die Wangen, und alle Tränen flossen in Willibrords Herz wie in ein Sammelbecken, und durch die Schulfenster hinausblickend, wanderten des Jungen Gedanken mit den Wolken weit über die Nordsee hinweg an die Mündung des Rheins zu den Friesen, zu deren Bekehrung er einst ausziehen werde, und weil Kinderträume später oft Wirklichkeit werden, landete im Jahr 690 der Priester und Mönch Willibrord an der Küste Hollands und gelangte nach Utrecht, ins Herz des Friesenlandes.

 

Wohlgemut begann der Dreißigjährige die Bekehrungsarbeit unter den Heiden, des Erfolges gewiss. Immer war es so, und es wird immer so bleiben, und es ist gut, wenn es so ist, dass nämlich die Jüngeren meinen, sie könnten es besser als die Älteren, denn solange die Jugend dieser Ansicht ist, strebt sie voran und erreicht nicht selten Ziele, die den Älteren unerreichbar blieben.

 

Nach vier Jahren jedoch war Willibrord geradeso weit wie ehedem Wigbert. Zu kräftig war noch der Urwald des Heidentums, als dass er eine Lichtung hätte schlagen können. Da reiste der Glaubensbote nach Rom, um sich Sendung und Segen vom Vater der Christenheit zu erbitten, und als er ein zweites Mal nach der Ewigen Stadt wanderte, weihte ihn der Papst zum Bischof und ernannte ihn zum ersten Erzbischof zu Utrecht, und weil ihm Weihe und Würde vorerst im Friesenland doch nicht weiterhalfen, gründete Willibrord die Abtei zu Echternach, die er aus bescheidenen Anfängen in wenigen Jahren zu hoher Blüte brachte, so dass von ihr jahrhundertelang Segen und Heil in die Länder ringsum ausgingen.

 

Wieder zog der mutige Gottesstreiter Willibrord gegen Norden, drang sogar bis Dänemark vor, predigte auf der Insel Helgoland, und schließlich fasste er unter den Friesen zwischen Schelde und Rhein und darüber hinaus festen Fuß. Die Zahl der Taufen mehrte sich, Kirchen und Kapellen legten sich wie ein Kranz über das weite Land, von England kamen Priester zu Hilfe, und unter diesen befand sich auch Deutschlands späterer Ruhm, Bonifatius, damals noch Winfried genannt, der unter Willibrords Leitung seine Lehrjahre machte.

 

Darüber verging die Zeit, und als sich Willibrord, von Alter und Arbeit gebeugt, nach Echternach zurückzog, wo er achtzigjährig reich an Ehren starb, waren die Friesen dem wahren Glauben gewonnen, und ein Kindertraum war Wirklichkeit geworden.

 

Schön und voll Segen ist es also, wenn Kinder hochgemut davon träumen, dass sie später etwas Großes leisten wollen.