Dieser Heilige stammte aus hohem Geblüt in Flandern und bekam eine seiner Herkunft angemessene Erziehung, indem er nicht nur in den weltlichen Wissenschaften unterrichtet, sondern auch zur Tugendübung mit aller Sorgfalt angeleitet wurde. Wegen seiner Kenntnisse und Frömmigkeit wurde er nacheinander in Utrecht Kanoniker, Scholastiker und Dompropst. In diesen Ämtern diente er den Jüngeren wie auch den Älteren als schönes Beispiel. Selbst Kaiser Heinrich kannte seine hohen Verdienste und berief ihn häufig zu sich, um in schwierigen Angelegenheiten seinen Rat zu hören.
Nach dem Ableben Baldrichs, des Bischofs von Lüttich, wurde der heilige Wolbodo zu dessen Nachfolger gewählt, und im November 1018 vom heiligen Erzbischof Heribert von Köln feierlich konsekriert. Nach der Mahnung des Apostels (1. Tim. 4) wurde der neue Oberhirte für die Gläubigen ein Vorbild im Wort, im Leben, in der Liebe, im Glauben und in der Keuschheit. Er war beständig im Lesen, im Ermahnen und im Lehren. Seine Liebe zu den Armen war so groß, dass, wenn zuweilen alle seine Hilfsquellen erschöpft waren, er die Vorhänge und andere Gerätschaften seines Zimmers hergab. Seine Almosenspenden flossen meistens zur Nachtzeit, um sie dem Auge der Menschen zu entziehen und gegen die sengenden Strahlen des Lobes und der Eitelkeit in Sicherheit zu stellen. Er pflegte die besten Speisen seiner Tafel entweder den gegenwärtigen oder abwesenden Armen zu geben oder bestimmte sie für dürftige Kranke. Daher konnte er mit allem Recht die schönen Worte des Buches Hiob (Kap. 3) auf sich anwenden: „Habe ich je den Armen, was sie begehrten versagt? Habe ich die Augen der Witwen warten lassen? Habe ich allein gegessen meinen Bissen, und hat nicht der Waise auch davon bekommen?“
Obgleich der eifrige Oberhirte allen alles geworden ist, fanden dennoch verleumderische Zungen Mittel, ihn beim heiligen Kaiser Heinrich anzuschwärzen. Als er dies vernahm, fasste er den Entschluss, mit einem aus Gold und Silber bestehenden Neujahrsgeschenk nach Köln zu reisen zum Kaiser. Alles war schon hierzu bereit. Da er aber bedachte, es sei wohl besser und der christlichen Liebe angemessener, dieses Geschenk unter die Armen zu verteilen, folgte er dem Drang seines väterlichen Herzens und schüttete diese Spende in den Schoß der Freunde Jesu. Indessen wurde dem Kaiser hinterbracht, Wolbodo würde mit einem ansehnlichen Geschenk zu ihm kommen. Da er dies als einen Zug seiner ihm bewussten Gutmütigkeit erkannte, nahm er diese Nachricht nicht ungünstig auf. Wie hoch erfreut war er aber, als er bei der Ankunft des Bischofs und beim Ausbleiben des Geschenkes im Scherz dahin anspielend, die Ursache vernahm aus dem eigenen Mund des Oberhirten, der ihm freimütig erklärte, er hätte sich eines Besseren besonnen und den Schatz den Armen anvertraut, bei denen er reichere Früchte tragen würde. Dies allein war schon genug, um ihm die Liebe und das Wohlwollen des frommen Kaisers wieder zu erwerben und alle gegen ihn erhobene Verleumdungen zu widerlegen.
Nach seiner Rückkehr in seine bischöfliche Stadt befiel ihn eine schwere Krankheit, die ihn das Herankommen seiner letzten Stunde ahnen ließ. Um noch den letzten Beweis seiner Demut und Bußstrenge abzulegen, ließ er sich auf den Boden auf ein härenes Cilicium legen und erwartete so die Ankunft seines Erlösers. Er war unausgesetzt in Betrachtung der göttlichen Dinge versunken, betete mit seinen Geistlichen die Psalmen und befahl, die Türen seiner Behausung stets offen zu lassen, auf dass jedermann, der es verlangte, seinem Tod beiwohnen konnte. Nach Empfang der heiligen Sterbesakramente verschied er selig im Herrn am 21. April 1021 und wurde in die Klosterkirche des heiligen Laurentius begraben. Im Jahr 1656 wurden seine Reliquien feierlich erhoben.